She Devil

Kapitel 13 - Answers

Es war schon viele Jahre her und Jason konnte sich nur undeutlich an das Geschehnis erinnern. Womöglich hatte er über die Jahre versucht diese Nacht zu verdrängen, aber als ihm Dave die befürchtete Antwort gegeben hatte, kamen die Bilder wieder hoch. Die Scheinwerfer, die sie geblendet hatten, das Quietschen von Reifen, der Laute knall, das starke Ziehen des Sicherheitsgurtes und die Schmerzen. Die unglaublichen Schmerzen, die in der tödlichen Stille folgten. Seine Hilfeschreie, seine Rufe nach seinen Eltern, die sich aber nicht bewegten. Die Hilflosigkeit. Es war alles vernebelt in seiner Erinnerung und er hatte das Gefühl etwas übersehen zu haben. Er konnte sich daran erinnern, sich zuvor ab gegurtet zu haben, weil er sein Spielzeugauto unter einem der Sitze verloren hatte. Seine Eltern hatten immer grossen Wert auf das Anschnallen gelegt und ihn immer wieder daran erinnern müssen, ja beinahe zwingen, da er es ungern hatte, wenn das Stück Band über seinen Brustkorb und Bauch drückte. An diesem Abend kurz bevor sie mit dem entgegenkommenden Wagen kollidiert waren, hatte er sich abgeschnallt und doch hatte er überlebt, während seine angegurteten Eltern gestorben waren. Wie war das möglich gewesen? Wie hatte er dein Schneidenden Schmerz des Gürtels an seiner Brust spüren können, wenn er gar nicht angeschnallt gewesen war? Er hatte sich dies nie überlegt, es mit der Verwirrtheit eines traumatisierten Jungens abgestempelt, aber da war mehr gewesen. Er hatte es verdrängt, weil es keine logische Erklärung dazu gegeben hatte, aber seit er diese neue Welt kennengelernt hatte, war alles möglich.

„Seit dem Autounfall“, murmelte er und Dave zuckte gleichgültig mit den Schultern.

„Das weiss ich nicht, Mensch. Ich müsste in deiner Akte nachschauen, aber wenn du dich daran erinnern kannst, dann wird das wohl auch so sein. Jemand hat schlampige Arbeit geleistet und dich weiter leben lassen, obwohl du längst durch die Tore des Jenseits hättest wandern müssen. Ich frage mich nur wer? Und weshalb?“, murmelte er mehr zu sich selber und sah ihn immer noch nachdenklich an. Jason brauchte einen Moment. Vielleicht auch zwei. All die Jahre… All die Jahre, die er so sorglos gelebt hat, in denen er Freunde gemacht hatte, sich in Faith verliebt hatte, sich seine Existenz mit dem „7 Sins“ erbaut hatte, hätten nicht sein sollen. All das war ein Pfusch, ein kleiner Fehler bei Joy und ihren Untergebenen gewesen. Sie hatten doch den Auftrag die Toten zu sammeln…

Er musste sich setzen. Er musste etwas Trinken oder er würde gleich völlig abdrehen.

„Stören wir?“, hörten sie plötzlich eine Stimme fragen und sahen hinüber zu den drei Männern, die das „7 Sins“ betreten hatten. Jason war so weggetreten gewesen, dass er die Ankunft der Männer gar nicht mitbekommen hatte. Er sah sich den Sprecher an und staunte nicht schlecht, als er den treuen Untergebenen von Joy wieder erkannte. Was wollten die jetzt hier?

„Keineswegs. Wir waren gerade fertig mit unserem Gespräch“, erwiderte Dave ruhig, Jason erkannte aber trotzdem die Feindseligkeit dahinter. Dem Typen, der nun schamlos grinste, musste es ebenfalls aufgefallen sein. Dave drehte sich wieder zu Jason um, welcher sich einen Stuhl geschnappt hatte und sich darauf gesetzt hatte.

„Du hast nun die Antwort, gehe ihr auf die Spur und suche die richtigen Fragen dazu“, meinte Dave und war keinen Augenblick später verschwunden.

Jason sass noch immer völlig von der Spur da und versuchte irgendwie damit klar zu kommen, dass er schon lange Tod sein müsste. Die drei Männer näherten sich ihm und sahen in skeptisch an.

„Was wollte er?“, fragte ihn der junge Typ, der ihm gefährlich scheinheilig vorkam.

„Wo ist Joy?“, fragte er ihn ohne auf seine Frage einzugehen. Er wollte ihnen nun wirklich nicht auf die Nase binden, dass sie ihn während der Arbeit übersehen hatten und damit noch seinen späten Tod bewirken.

„Sie ist dabei dir das Leben zu retten. Und damit das auch gelingt, musst du mit uns kooperieren“, erklärte ihm der Typ während er ihm ein verdammt falsches Lächeln schenkte. Jason schnaubte.