Kapitel 42 ~Mit den Waffen einer Frau

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Ich raste die Straßen entlang und achtete nicht auf Geschwindigkeitsbegrenzungen. Ich musste so schnell es ging zu Jake! Ich durfte nicht zulassen, dass er verletzt würde!

Sobald ich in die Nähe der Bar kam, drückte ich das Gaspedal bis zum Anschlag durch und kam mir trotzdem viel zu langsam vor. Schon von Weitem konnte ich das Leuchtschild mit der Aufschrift 'Tasca' erkennen, das mit einer Spanienflagge hell aufleuchtete.

Ich beschleunigte noch mehr und parkte dann mit quietschenden Reifen auf einem Parkplatz direkt vor dem Eingang. Ich riss die Autotür auf, stieg rasch aus und lief dann mit schnellen Schritten auf die Eingangstür zu. Kurz bevor ich die Bar betrat, schloss ich Damians Mercedes per Knopfdruck zu. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen und ging dann ins Tasca.

Sobald ich die Kneipe betreten hatte, schoss mir der Gestank von Alkohol in die Nase und spanische Musik erklang in meinen Ohren. Die Bar war in rot und schwarz Tönen gehalten und überall konnte man spanische Elemente erkennen. Eigentlich sah es hier relativ gemütlich aus. An einigen Tischen saßen ein paar Leute und unterhielten sich angeregt, während sie sich literweise Alkohol die Kehlen herunterkippten und anfingen wie Bekloppte zu lachen. Doch Jake war nirgends zu sehen...

Ich ging an den Tischen vorbei und steuerte zielstrebig auf die Bar zu. Vielleicht wusste ja der Barkeeper Genaueres. Ich setze mich auf einen der Barhocker und ignorierte die Blicke des alten, Fettsacks neben mir, die mich förmlich auszogen.

Der junge Barkeeper flirtete gerade mit einer Kellnerin und schien gar nicht zu merken, dass ich überhaupt da war. Ich räusperte mich und lehnte mich ein wenig über die Theke, sodass er einen besseren Ausblick auf meinen Auschnitt hatte. Normalerweise hätte ich soetwas nicht gemacht, doch um Jake zu retten, war mir jedes Mittel recht.

Der Blick des Barkeepers schoss zu mir und blieb für ein paar Sekunden in meinem Gesicht, bevor er an meinem Ausschnitt hängen blieb.

Innerlich verdrehte ich die Augen. Manchmal waren Männer einfach zu berechenbar...

"Buenas tardes, meine Schöne. Was kann ich dir anbieten?", fragte er und fuhr sich 'verführerisch', wie er vermutlich dachte,  durch sein schwarzes Haar. Ich lächelte leicht und sagte: "Ich suche Antonio."

Er winkte lässig ab und entgegnete: "Ich bin eine deutlich bessere Gesellschaft als er, glaub mir."

Ich fing an wütend zu werden. Er sollte gefälligst Antonio holen! Ich musste verdammt nochmal zu Jake! Damian hatte gesagt, dass diese Leute gefährlich seien. Deshalb musste ich mich zusammenreißen und es lieber mit den Waffen einer Frau versuchen.

Ich schluckte meine Wut herunter und bat süß: "Hol doch bitte Antonio, es ist wichtig. Danach können wir uns ja noch ein wenig unterhalten..." Bei meinem letzten Satz schmunzelte ich verführerisch und zupfte leicht an seinem Hemdkragen. Er schluckte hörbar und nickte dann schnell. Der Barkeeper verschwand hinter einer Tür und kurze Zeit später kam ein spanischer Mann um die 25 wieder heraus.

Er hatte schwarze dichte Haare, einen Oberlippenbart und trug einen Anzug. Er sah aus wie der typische Mafiaboss, nur weniger schmierig. Das war dann vermutlich Antonio. Er lief um die Bar herum und blieb dann vor mir stehen. Ein leichtes Lächeln zierte sein Gesicht, als er zu mir sagte: "Hola. Mein Name ist Antonio. Und mit wem habe ich das Vergnügen?"

Ich zwang mir ein höfliches Lächeln ab und antwortete: "Ich bin Kylie."

Er musterte mich kurz, nickte dann und setze sich auf den Barhocker neben mich.

"Also Kylie...", fing er an, "Was kann ich für dich tun?"

"Ich suche Jake. Er war vorhin mit einem Freund hier und die Beiden haben eines ihrer 'Angeboten' angenommen... Doch Jake scheint es ein wenig zu übertreiben und ich bin hier um ihn zu stoppen", erklärte ich und sah ihn abwartend an.

Antonio sah mich kurz ernst an, fing dann aber wieder an gefälscht zu Lächeln und log: "Ich weiß wirklich nicht, von welcher Art von 'Angeboten' du sprichst, Guapa. Das hier ist eine normale Kneipe in der nur Alkohol verkauft wird."

Ich war kurz davor die Geduld zu verlieren. Für wie dumm hielt er mich denn bitte?! Er glaubte doch nicht ernsthaft, dass ich mich damit zufrieden geben würde!

"Hören Sie mir mal genau zu! Es interessiert mich einen Scheiß, was sie hier für krumme Dinger drehen! Ich will nur zu Jake!", zischte ich.

Er grinste kurz und antwortete: "Na schön. Ich bringe dich zu ihm."

Antonio stand auf und ich tat es ihm gleich. Er lief voran und verschwand dann durch die Tür, durch die er vorhin gekommen war. Misstrauisch folgte ich ihm und ging ebenfalls durch die Tür. Dahinter befanden sich einige Sofas aus rotem und schwarzen Leder und ein Glastisch auf dem man noch einen Rückstand von weißen Pulver erkennen konnte. Ich bezweifelte stark, dass es sich um Mehl handelte...

Auf dem Tisch befanden sich ebenfalls noch ein paar halbleere Flaschen von Wodka und anderem hochprozentigen Alkohol.

Ich sah mich suchend nach Jake um, doch außer Antonio und mir schienen sich hier keine weiteren Menschen aufzuhalten. Hatte er mich etwa verarscht?! Ich sah Antonio fragend an. Dieser quittiere meinen Blick mit einem Schmunzeln und zeigte hinter eines der Sofas. Schnell lief ich dorthin und sah Jake am Boden liegen. Seine Augen waren geschlossen und er lag regungslos da.

Bei diesem Anblick blieb für eine Sekunde mein Herz stehen und ich zog erschrocken die Luft ein. Ich stürzte mich ängstlich neben ihn und legte 2 Finger an seinen Hals, um seinen Puls zu fühlen.

Zunächst spürte ich nichts, doch sobald ich ein wenig mehr Druck ausübte, konnte ich klar und deutlich das Pochen unter meinen Fingern spüren. Er schlief also nur!

Ich atmete erleichtert aus und fiel ihm um den Hals. Ich hätte es nicht ertragen, wenn er tot gewesen wäre. Nach kurzer Zeit spürte ich wie er murrte und sich leicht bewegte. Schnell ließ ich ihn los und betrachtete sein Gesicht. Er schlug seine Augen auf und sah mich mit seinen, vom Drogenkonsum, geweiteten Pupillen an. Dann fragte Jake irritiert: "Was machst du denn hier, Kylie?"

Er schien ziemlich klar im Kopf zu sein, da er nicht mal nuschelte. Wieso klang Damian so viel fertiger, obwohl Jake auch noch Drogen genommen hatte?

"Und wieso hast du ein Feenkostüm an?", fuhr Jake belustigt fort und setzte sich auf.

Okay. Vielleicht war er doch nicht so klar im Kopf...

Ich griff ihm unter die Arme und zog ihn hoch. Sobald er stand, wankte er 10× so schlimm wie Damian und fiel beinahe wieder rückwärts um.

Ich stützte ihn und flüsterte sauer: "Sobald wir heil hier raus sind, bring ich dich persönlich um!"

Er kicherte wie ein kleines Kind und begann nach vorne zu laufen. Ich lief neben ihm her und stützte ihn weiterhin. Kurz bevor wir die Bar verlassen konnten, wurde ich plötzlich am Arm zurückgerissen und knallte mit dem Rücken gegen Antonios Brust. "Ihr dürft jetzt gehen. Solltest du allerdings irgendjemandem von meinen 'Angeboten' erzählen, hast du die längste Zeit gelebt. Hast du verstanden, Princesa?", wisperte er bedrohlich und ich nickte schnell. Er ließ mich los und ich stolperte nach vorne. Schnell packte ich Jake an der Schulter und schob ihn aus der Bar...

The Bad Boy next doorWhere stories live. Discover now