Kapitel 33

167 14 30
                                    

June drehte sich auf den Bauch und positionierte das Tagebuch vor sich. Inzwischen hatte es bereits angefangen zu dämmern und die letzten Strahlen der untergehenden Sonne tauchten ihr Zimmer in goldenes Licht.

Sehnsüchtig schaute June aus dem Fenster. Wie gerne würde sie jetzt draußen im Garten sitzen und den Sonnenuntergang beobachten, als wäre alles normal.

Doch das war es nicht. Es war nicht alles normal und June konnte auch nicht so tun als ob es das wäre.

June seufzte und musste an Aiden denken. Sie musste rausfinden was mit ihm los war. Sie war sich ziemlich sicher, dass ihre Mutter irgendwo in ihrem Tagebuch etwas über ähnliche Symptome geschrieben hatte, vielleicht nur kurz, aber mit Glück würde es etwas Licht ins Dunkel bringen so wie in manchen anderen merkwürdigen Situationen und ihnen helfen, vor allem Aiden.

Junes Brust verkrampfte sich, als sie wieder an Aiden dachte und sich die Erinnerungen bildlich vor Augen rief. Wie er dort im Krankenhaus lag, kalkweiß, und sie aus verängstigten Augen angesehen und um Hilfe gebeten hatte.

June dachte an sein schmerzverzerrtes Gesicht, welches auf den ersten Blick verriet, welche Qualen er durchstand.

Sie atmete einmal tief aus und versuchte die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Das würde ihr jetzt auch nicht helfen.

Gerade blätterte sie eine weitere Seite um, als ihr Handy klingelte und mit dem Titelsong ihrer Lieblingsserie einen eingehenden Anruf ankündigte.

Stöhnend legte sie das alte Buch zur Seite und griff nach ihrem Handy, welches blinkend Deans Namen auf dem Display anzeigte.

Erleichtert nahm sie den Anruf an.

„Dean, zum Glück. Ich habe schon angefangen mir Sorgen zu machen. Jack meinte, dass er dich nach der letzten Stunde nicht mehr gesehen hat."

Dean stieß empört die Luft aus.

„Hat er dir auch gesagt warum?", fragte er leicht genervt.

June runzelte die Stirn. „Nein.", gab sie schließlich zu und drehte sich wieder auf den Rücken, wobei sie mit dem Kopf unsanft gegen den Buchdeckel des Tagebuchs stieß. Sie unterdrückte ein leises Fluchen, als die Spitze des Buches sich schmerzhaft in ihren Hinterkopf bohrte.

„Ist irgendetwas vorgefallen, was Jack mir nicht erzählt hat?", fragte sie und rieb sich die schmerzende Stelle. Dean schwieg.

„Dean? Was ist los?"

„Wir hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit.", murmelte Dean, „Aber darum rufe ich gar nicht an.

„Sitzt du?", fragte er dann. Sein leicht gekränkter Tonfall war gewichen und June konnte spüren wie er lächelte.

June verdrehte die Augen. „Nee, ich liege.", sagte sie angespannt. Sie hatte jetzt absolut keine Zeit für Deans Spielchen.

„Auch gut.", entgegnete Dean, dem ihr Tonfall wohl gar nicht aufgefallen war, „Halt dich fest. Du wirst es nicht glauben."

June stöhnte. „Nun sag schon Dean.", drängte sie, „Komm zum Punkt."

„Wir haben den Dolch.", sagte Dean beinahe beiläufig.

Ruckartig setzte sich June auf. Ihr Herz raste.

„Sag das nochmal!", forderte sie.

„Hast du mir etwa nicht zugehört? Mensch June, du solltest deinem Gesprächspartner wirklich mehr Beachtung schenken.", tadelte Dean.

June schloss kurz die Augen und trommelte nervös mit ihren Fingerspitzen auf ihrem Oberschenkel herum. „Ich habe dich schon verstanden. Aber wie? Und woher?"

Clairvoyance- Zwillinge Der Hellsicht| #Wattys2020Where stories live. Discover now