Kapitel 20

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June lag auf ihrem Bett und blättert in dem Tagebuch ihrer Mutter während Aiden an ihrem Schreibtisch saß und gerade etwas in Junes Laptop eintippte.

„Versuch mal Necromancer.", meinte June und setzte sich auf. Aiden drehte sich zu ihr. „Bitte was?"

„Necromancer. Laut Mamas Tagebuch nennt sich die Sekte selbst so.", sagte June und ließ ihre Beine über der Bettkante baumeln. Aiden drehte sich wieder dem Laptop zu. „Steht da noch etwas?", fragte er. June schüttelte den Kopf. „Nicht viel. Ich lese dir mal vor, was Mama hier reingeschrieben hat. Die Necromancer sind eine Sekte, die sich seit je her mit der Beschwörung und Anbetung von Geistern beschäftigt. Ihr Erkennungsmerkmal ist eine große Brandwunde auf der linken Gesichtshälfte."

„Das war's?", fragte Aiden etwas enttäuscht. June nickte. „Mehr steht hier nicht.", seufzte sie und schlug das Buch zu. Aiden tippte währenddessen den Namen der Sekte in den Computer ein und scrollte durch die Einträge.

„Das hat alles nichts mit dem zu tun wonach wir suchen.", sagte er genervt, „Moment, warte mal." Er klickte auf einen Eintrag, „Das sieht doch etwas vielversprechender aus.", sagte er und überflog den Text. June schwang sich von Bett und zog sich den zweiten Stuhl heran. „Was steht da?", fragte sie neugierig. Aiden wurde mit jedem Wort, welches er las, bleicher. „Das kann nicht sein.", hauchte er und deutete auf eine Stelle im Text. Auch June stockte der Atem.

Cole hielt die Tür auf und überließ Dean den Vortritt in das große Archiv der Zeitung. Hinter dem Empfang saß ein junger Mann. Er hatte blonde Haare und trug ein schwarzes T- Shirt von ACDC. Um seinen Hals hing eine silberne Kette, an der sich ein großes Schloss befand. Als der Mann die Beiden bemerkte breitete sich auf seinem Gesicht ein freundliches Lächeln aus. „Guten Tag, wie kann ich euch helfen?" Dabei lächelte er vor allem Cole an, der dieses etwas unsicher erwiderte. „Wir würde gerne ins Zeitungsarchiv.", antwortete Dean. Der Mann nickte. „Alles klar, ich führe euch hin." Er stand auf und trat hinter dem Tresen hervor. Er war etwa so groß wie Cole. Er deutete auf einen Gang. „Hier entlang."

Während sie den schwach beleuchteten Gang entlang gingen erklärte der Mann ihnen die Ordnung in dem Zeitungsarchiv. „Die ganz alten Zeitungsartikel sind noch in Papierform im hinteren Teil des Lagers einsortiert, die neueren findet ihr digital in den Computern." Kurze Zeit später schloss er eine schwere Metalltür auf. Cole und Dean traten ein. „Wenn ihr Hilfe brauchen solltet, fragt einfach.", sagte der junge Mann, warf Cole noch ein strahlendes Lächeln zu und verschwand kurze Zeit später wieder. Als die Tür hinter ihm ins Schloss viel, konnte sich Dean das Lachen nicht verkneifen. „Der steht auf dich.", sagte er und ging hinüber zu den Computern. Cole folgte ihm. „Wieso denkst du das?", fragte er nervös. „Hast du nicht bemerkt wie er dich angesehen hat? Ich wurde schon oft angeflirtet und jeder hatte diesen Blick drauf." Cole ließ sich auf einen der weißen Drehstühle nieder und schaltete den Computer an. „Und waren sie dein Typ?", versuchte Cole das Thema von sich abzulenken. Dean schaltete seinen Computer ebenfalls an. „Nein, auf keinen Fall." Cole nickte nervös. Für einige Zeit herrschte Stille zwischen den Beiden. „Nach welchem Datum suchen wir denn eigentlich?", fragte Cole schließlich und schaute zu Dean. Dieser antwortete: „Wir suchen nach dem 29.06.2015. An dem Tag wurde Isabelle Clairvoyance tot aufgefunden."

Cole nickte und tippte das Datum ein. Er fand einige Artikel, die sich um diesen Tag drehten. „Der Computer schmeißt mir ca. 10 Artikel raus, die sich um diesen Tag drehen.", meinte er und scrollte durch die Beiträge. „Versuch es auf die Todesfälle einzugrenzen und wenn es geht gib den Namen Isabelle Clairvoyance ein.", sagte Dean, „Ich werde mir mal die Zeitungsartikel von der Woche davor vornehmen. Ich habe da so ein Gefühl als könnte da etwas Interessantes sein." Cole nickte. „Mach das." Dann stutzte er. „Ich glaube ich habe da schon was, schau mal." Dean stand von seinem Stuhl auf und beugte sich über Coles Schulter, um den Bildschirm erkennen zu können. Cole konnte seinen Atem spüren. „Das Foto...das ist sie.", stellte Dean geschockt fest.

„Selbstmord.", las Cole.

„Warum Selbstmord?", fragte Dean und kratze sich verwirrt am Kopf, „Ich dachte, sie hätte einen Autounfall gehabt."

„Isabelle hat in dem Brief an Jack und June geschrieben, dass sie lieber sterben als zulassen würde, dass die Sekte ihren Meister befreit, also hat sie sich selbst umgebracht.", schlussfolgerte Cole, „Und Tom hat June und Jack erzählt, dass sie einen Unfall hatte. Vielleicht dachte er, es würde dadurch für sie leichter sein." Dean schluckte. „Glaubst du, es war Zufall, dass sie sich an diesem Tag umgebracht hat?", fragte er. Cole schüttelte den Kopf. „Glaube ich nicht. Am nächsten Tag wäre Vollmond gewesen."

June las den Artikel laut vor, den Aiden auf dem Laptop aufgerufen hatte. „Einbruch in das städtische Museum." Lautete die Überschrift. June las weiter.

„Am 27.06.2015 wurde in das städtische Museum eingebrochen. Den Einbruch verübten drei Männer, die alle ein Brandmal auf der linken Gesichtshälfte aufwiesen. Recherchen ergaben, dass sie alle zu einer Sekte gehörten. Entwendet wurde ein altes Relikt, welches auch als „der Geisterstein" bekannt ist. Die Männer konnten am 30.06.2015 aufgespürt und gefasst werden. Sie wurden zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der Geisterstein wurde nie gefunden." Nachdem sie geendet hatte, betrachtete sie das Foto neben dem Artikel genauer.

Aiden war aufgestanden und lief in Junes Zimmer auf und ab, während June immer noch verwirrt auf den Monitor starrte. „Und das ist wirklich dein Vater?", fragte sie. „Ja, ist er.", sagte Aiden und raufte sich verzweifelt die Haare. „Und du wusstest nichts davon?", fragte June leise. „Nein!", schrie Aiden, „Ich war drei Jahre alt June! Ich war drei, als mein Vater verschwunden ist!"

Den Tränen nahe ließ er sich auf Junes Bett sinken und vergrub das Gesicht in den Händen. June stand auf und ging langsam auf ihren Freund zu. Sie setzte sich neben ihn und zog ihn in den Arm. Sie hörte ihn leise in ihren Armen weinen. Eine ganze Weile saßen sie nur da und June hielt ihn fest.

Dann schaute Aiden zu June auf. „Ich dachte er wäre tot June. Ich habe jeden Tag an ihn gedacht und mich gefragt warum er mich und Mum allein lassen konnte. Jetzt erfahre ich, dass mein Vater Mitglied in der Sekte ist, die euch für ein Ritual benutzen will!"

June versuchte ihn zu beruhigen. „Du weißt nicht, ob sie erneut versuchen werden das Tor zur Geisterwelt zu öffnen." Sie versuchte zuversichtlich zu klingen, doch ihre Stimme zitterte. „June, sie haben es schon einmal versucht. Sie wollten deine Mutter benutzen, das hat sie selbst in diesem verdammten Brief geschrieben! Sie werden es noch einmal versuchen!", meinte Aiden mit bebender Stimme. „Die fünf Jahre Haft sind um. Glaubst du sie haben ihr Ziel vergessen? Nein, bestimmt nicht!", sagte er und fügte noch leise hinzu: „Und mein Vater wird einer dieser Scheißkerle sein, die euch wehtun wollen."

Clairvoyance- Zwillinge Der Hellsicht| #Wattys2020Where stories live. Discover now