Geronimo ~ Aura Dione

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Alle mögen Musik, aber meine Verbindung zu ihr ist anders als die der meisten.

Ich war 13 Jahre alt, als ich es zum ersten Mal bemerkt habe. Es war ein ganz normaler Tag gewesen und ich saß alleine mit meinem Smartphone in der Hand und Köpfhörer in den Ohren auf dem Bett. Ich konnte nichts außer dem Rapsong vernehmen. Es war russischer Rap.
Keine Ahnung warum, aber damals fand ich solchen scheinbar echt cool. Dabei verstand ich kein einziges Wort von dem, was der Rapper dort vor sich hin sprach.

Dann auf einmal startete noch bevor das Lied zu Ende war ein anderes, bei dem es sich um Geronimo von Aura Dione handelte, das besonders zu der Zeit nicht zu der Art Musik gehörte, die ich gerne hörte.

Also stellte ich einfach ein Lied weiter, doch nichts tat sich. Zwar zeigte mir mein Display einen neuen Titel an, aber dennoch war alles was ich hörte "I'll get you outta here there's too much talking in this atmosphe".

Ich habe es erst als eine Art Zeichen gedeutet. Das Talking habe ich darauf bezogen, dass ich nun einmal Sprechgesang hörte und den Rest halt so, dass mich jemand vom Rap wegkriegen möchte.
Aber den Gedanken habe ich einfach wieder verworfen und kurz später habe ich auch schon aufgehört, mir überhaupt Gedanken zu machen.

Soweit ich weiß riss ich mir lediglich die Kopfhörer raus und das war's für eine ganze Weile...

Bis ich dann irgendwann etwas älter wurde, begann mich immer mehr für Musik zu interessieren und dementsprechend auch immer mehr Musik hörte.

Nur war es oft nicht meine Playlist die ansprang, sobald ich auf Play drückte.

Es passierte immer öfter, dass auf einmal Songs liefen, die ich mir definitiv nicht runtergeladen hatte.

Ich wusste nicht woher dieses Phänomen kam oder was ich dagegen tun konnte und alle, denen ich davon erzählt habe, hielten mich anschließend für verrückt, denn so wie es aussah, hörten sie den richtigen Song.

Und auch ich fing an meinen gewünschten Song zu hören, sobald jemand es mit mir tat.

Alles machte keinen Sinn.
Niemand konnte es mir erklären.
Also fing ich an damit zu leben.

Mittlerweile bin ich 18 Jahre alt und habe es zur Verwunderung aller zumindest auf den zweiten Anlauf in die zwölfte Klasse geschafft.
Ich weiß nicht einmal, warum ich überhaupt noch zur Schule gehe, anstatt mir einen anständigen Job suchen, insofern mich überhaupt einstellen jemand will.
Genau genommen glaubt doch sowieso keine Sau, dass ich Abi packen werde, nicht einmal ich selber traue mir das zu.

Und diese fremde Musik, die öfters in meinen Ohren auftaucht, ist auch nicht verschwunden. Grad's Gegenteil. Inzwischen ist es sogar mehr als nur hart mal meine eigene Playlist zu hören, solange ich es nicht innerhalb der Woche nach Mitternacht tue oder an Wochenenden zwischen fünf und neun Uhr morgens. Es gibt noch ein paar weitere Zeiten, an denen das ungestört möglich ist, aber die variieren ständig.
Aber es stört mich nicht mehr wirklich. Ich habe mich damit arrangiert und sehe es eher als Gabe anstatt als eine Art Fluch.
Ich habe dadurch schon so viele unbeschreiblich schöne Lieder kennenlernen dürfen, dass ich diese schon gar nicht mehr alle aufzählen kann und dabei gehört Mathe nicht einmal zu meinen schlechtesten Fächern.

Vor ein paar Jahren fing ich an ein 'Musiktagebuch' zu schreiben, in dem steht wann was für Musik zu hören war.

Durch das Sammeln an Informationen, bin ich zu der These gekommen, dass vielleicht eine Art Verbindung zwischen mir und einer weiteren Person besteht, die mich ihre Lieder hören lässt.
Zumindest die Zeiten und die Liederauswahl würden darauf hinweisen.

Mir ist klar, dass das keinen Sinn macht, da das einfach nicht möglich sein kann, dennoch bin ich mir der Sache ziemlich sicher.

Vielleicht muss es nicht auf alles eine logische Antwort geben.

Vor meinen inneren Auge stelle ich mir ständig, wenn auf einmal ihre und nicht mehr meine Musik läuft, die Silhouette eines Mädchen vor, das die Emotion hat, die der Song vermittelt.
Manchmal sehe ich sie sogar tanzen und das obwohl ich sie nie gesehen habe. Ich habe kein Bild von ihr in meinem Kopf und dennoch lebt sie förmlich in meinen Gedanken.

Dabei weiß ich nicht einmal, ob es eine Sie ist. Ich vermute es nur.

Mit meinen Freunden habe ich nie darüber gesprochen.
Sie mögen vielleicht die richtigen sein, um in die Disco oder zur Bar zu gehen und vielleicht auch, um sich Drogen besorgen zu lassen, aber nicht um mit ihnen ein tiefgründiges Gespräch über etwas zu führen, für das man verrückt erklärt werden könnte.

Ich bin kein Träumer und ich möchte auch keiner sein. Ich lebe in der realen Welt, auch wenn ich sie nicht leiden kann.
Und dieses Mädchen, die Musik - Das sind nur Hirngespinste. Die gehören nicht hier her.

Deine MusikWhere stories live. Discover now