Afraid ~ The Neighborhood

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Als es zum Schulschluss klingelt, sitze ich noch als einer der letzten in der Umkleide. Ich hatte bis gerade Sportunterricht. Fast bereue ich es, nicht geschwänzt zu haben. Schwänzen wäre allerdings aber keine Option gewesen, weil ich letzte Stunde schon nicht da war. Das ist auch der Grund, warum ich überhaupt Sportsachen hatte; meinen Turnbeutel hatte ich nämlich beim letzten Mal in meinem Spind verstaut.

So schlecht ist es gerade eben nicht einmal gelaufen. Solange keine Ausdauer benötigt wird, schlage ich mich gut.
Meine Haar-Palme hat sich beim Sport sogar als praktisch erwiesen. Mich haben meine Haare überhaupt nicht gestört.

Ich nippe schon seit Ewigkeiten an meiner Flasche, damit ich mich nicht umziehen muss. Es ist fast ein Wunder, dass ich nach fünf Minuten immer noch Wasser habe. Vielleicht könnte ich einen Weltrekord im langsamen Trinken aufstellen.

Erst als ich wirklich die letzte Person hier bin, stelle ich die Flasche ab und wechsel meine Klamotten, was mich gerade einmal zwei Minuten kostet.
Ich ziehe mich nicht gerne vor Anderen um. Wenn ich es also nicht muss, mache ich es auch nicht.

Mit einem Schwung schultere ich meine Tasche und laufe von der Kabine aus auf den Ausgang zu.
Ich drücke die Klinke runter und probiere die Tür aufzudrücken mit der Erwartung, dass diese sich öffnet-
Fehlanzeige.

Scheiße. Dieses Arschloch von Sportlehrer hat mich hier eingeschlossen.

Ich probiere es erneut.
Offensichtlich hat sich nichts an der Situation geändert. Nur ein Idiot macht dasselbe und erwartet ein anderes Ergebnis.

Ich gebe dem Ganzen noch einen Versuch. Es tut sich nichts.
Okay.
Vielleicht bin ich Idiot.

Erst jetzt fällt mir ein kleiner, grüner Sticker über der Türklinke auf. "Ziehen" steht da in schwarzen Buchstaben geschrieben.
Genau das mache ich dann auch.
Ohne jegliche Probleme lässt sich die Tür öffnen.
Ich bin nicht nur vielleicht ein Idiot. Ich bin definitiv einer.

Froh darüber, dass niemand den Moment mitbekommen hat, indem mich auch meine letzte Gehirnzelle im Stich gelassen hat, verlasse ich endlich die Turnhalle.
Der Schulhof ist inzwischen so gut wie leer, obwohl es sicher ein paar Kurse gibt, die noch Unterricht haben.
Der Weg zum Parkplatz ist nicht sonderlich weit, da dieser sich direkt neben der Halle befindet. Auch er ist schon so gut wie leer. Die Autos, die da noch stehen, könnte ich mit den Fingern abzählen.

Ansonsten steht nur noch eine Person dort, die mit ihrem Handy beschäftigt zu sein scheint; Jean.
Ich weiß nicht warum, aber ich schaffe es nicht mir ein Lächeln zu unterdrücken. Meine Mundwinkel entscheiden sich von ganz alleine nach oben zu wandern.

Was ist wenn Eric recht hatte? Was ist wenn ich sie wirklich mag?
Ich habe nicht viel Zeit darüber nachzudenken, aber die brauche ich auch nicht. Der Entschluss, dass es ziemlich deprimierend wäre, liegt auf der Hand.
Sie ist Jean und ich bin Nash.

In einem hoffentlich normalen Tempo laufe ich meinem Wagen entgegen. Ich bin mir unsicher, ob ich sie ansprechen soll oder nicht.
"oh Nash", wird mir die Entscheidung zum Glück von ihr abgenommen. "Du hast den Zopf ja wirklich den ganzen Tag drin gehabt."

"Tja, da habe ich die Wette wohl gewonnen." Ich schmunzle. "Bekomme ich jetzt was?"

Für ein paar Sekunden schaut sie mich perplex an. "Wenn du mich heute Abend anschreibst, kannst du ein Foto von meinen Deutsch-Hausaufgaben haben. Du solltest deine mündliche Note wirklich verbessern, wenn du dieses Jahr nicht auch vermasseln möchtest", bietet sie mir an. Das hätte man auch wirklich netter sagen können. Dazu gebe ich aber keinen Kommentar ab. Zumindest bekomme ich die Hausaufgaben der besten Schülerin des gesamten fucking Jahrgangs.

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