Kunstwerke

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Die Blätter des scheinbar immergrünen Waldes fingen an ihre Farbe zu verlieren, als Itarille und Thranduil nach Menegroth gingen. Seit ihrer Abreise aus Nargothrond war knapp ein Vierteljahr vergangen und weder von Erundil noch Varisse war Meldung gekommen. Einige Male hatte Itarille überlegt, noch einmal in die unterirdische Stadt zu reiten, hatte sich allerdings aufgrund Thranduils Besorgnis dagegen entscheiden. Irgendwie hatte er ja auch Recht. Nachdem Luthien verschwunden war, hatten sich die Orkangriffe vermehrt und in dem Volk herrschte eine angespannte Stimmung. Trotzdem wollte sich Itarille die Freude auf ihr Treffen mit Beldir und Celebwen nicht ruinieren. Schließlich war das letzte Mal sehr amüsant gewesen, zu mindestens für Itarille. „Und aufgeregt?", fragte Thranduil lächelnd. „Nein, warum sollte ich?", entgegnete Itarille mit erhobenen Augenbraun. „Nun ich erinnere dich an die erste Begegnung mit meinem lieben Freunden. Dass du nicht abgehauen bist war alles", lachte er und legte einen Arm um Itarille. „Und ich erinnere dich daran, dass wir beide uns zu dem Zeitpunkt absolut gar nicht kannten", antwortete Itarille. „Aber das heißt ja nicht, dass du nicht aufgeregt sein kannst." „Thranduil, du kannst verdammt nervig sein. Mittlerweile müsstest du wissen, dass ich dir vertraue und mich in deiner Anwesenheit so schnell nichts mehr aus der Fassung bringen kann", sprach die Elbin ruhig. „Wenn du das sagst meine Liebe", trällerte er und Itarille verdrehte die Augen. „Du hast doch wirklich was genommen", knurrte Itarille. „Nein, zur Abwechslung mal nicht", neckte Thranduil sie und zwickte sie in die Seite, sodass sie vorsprang. „Für dich heut Abend kein Wein mehr!", zischte sie und lief vor ihm. „Wenn du das sagst, muss ich mich wohl daran halten", lachte er und Itarille blieb abrupt stehen. „Hör auf!", sagte sie, konnte aber nicht ernst bleiben, sodass Thranduil sie grinsend in den Arm nahm. „Niemals", flüsterte er und gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Guten Abend, kommt herein", begrüßte Celebwen die beiden und deutete in das Innere des großen Wohnraums. Staunend trat Itarille ein. Die Wände waren voller Bilder. Auf einem war ein Elb mit Speer und Schild abgezeichnet, während hinter ihm die Schlacht tummelte und direkt daneben waren die Schwanenhäfen in ihrer vollen Pracht gezeichnet. Die Details waren bemerkenswert. Ein anderes zeigte ein perfektes Abbild Thingols, Finwes und... Itarille hielt inne. Das durfte nicht wahr sein. „Schön oder?", fragte Celebwen und Itarille sah langsam zu ihr. Schön? Es war erschreckend, wie real die Motive aussahen. „Habt ihr die Bilder gemacht?", fragte Itarille stockend. „Nein, meine Mutter hat sie vor langer Zeit gemalt. Da war ich noch nicht auf dieser Welt, aber einige sind auch während meiner Zeit entstanden", erklärte sie mit einem verträumten Lächeln. „Wie dem auch sei, setzt euch. Beldir dürfte jeden Moment kommen. Er musste noch was erledigen", sagte Celebwen und deutete auf zwei breite Sitzmöglichkeiten auf die jeweils zwei oder sogar drei Elben passten. Erst jetzt achtete Itarille auf den Rest des Raumes. Die Sitzecke war vor dem Durchgang zum Schlafzimmer, welches durch eine Kiefertür verschlossen war und direkt gegenüber von der gemütlichen Ecke war die Küche, in der Celebwen ein paar Kleinigkeiten vorbereitet hatte. Bücherregale waren in dem Wohnraum nicht zu sehen, was wahrscheinlich daran lag, dass die Wände hier mit Gemälden voll waren. Thranduil schob Itarille zu den Sitzmöbeln. „Woran denkst du?", flüsterte er ihr ins Ohr, während sie sich langsam sammelte. „Ach nichts", sagte sie schnell und strich ihre Kleider glatt, nachdem sie sich hingesetzt hatte. Nun sah sie direkt auf das Bild mit den Elbenkönigen. Das konnte nicht wahr sein. So würde sie den ganzen Abend auf dieses verdammte Bild gucken müssen. „Kam eure Mutter aus Valinor?", fragte Itarille und sah zu Celebwen, die sich neben ihr niederließ. „Nein", antwortete sie gelassen. „Aber sie ist mit meinem Vater nach Alqualonde gegangen. Seitdem ließ sie mir immer wieder Kunstwerke zukommen. Andere hat sie direkt hier gelassen." „Eure Mutter ist wirklich eine begnadete Künstlerin. Einige der Werke sind überraschend echt", gab Itarille zu und Celebwen lächelte vor stolz. „Ich kann es ja leider nicht beurteilen, aber ich schätze diese Aussage sehr", antwortete sie. Itarilles Blick glitt zurück zu der Wand gegenüber von ihr. Es war wirklich atemberaubend. Celebwens Mutter hatte auch ein Bild von Olwe, dem Fürsten der Teleri, gemalt. Auch dieses hatte verblüffende Ähnlichkeiten. „Also ich finde ja, dass gewisse Parallelen bei dir und Ingwe da sind", scherzte Thranduil und Itarille lief ein Schauer über den Rücken. Oh Eru. „Mein Volk ähnelt sich teilweise. Schließlich sind wir nicht viele", sagte sie lächelnd und lehnte sich zurück. „Stimmt es denn, dass euer Volk so eng mit Manwe und Varda zusammen lebt?", fragte Celebwen interessiert. „Ja das stimmt", erklärte Itarille. „Aber müsste eure Mutter das nicht auch wissen, wenn sie in Aman lebt?" „Ja schon, aber bis eine Nachricht von hier bis Alqualonde gelangt oder zurück vergehen oft Jahre. Sooft kommt kein Elb von dem Segensreich hier her oder andersherum. Wobei von hier nach Valinor ist es wahrscheinlich noch öfter der Fall", sprach sie. „Da habt ihr Recht. Ich wurde auch ziemlich belächelt, als ich gesagt habe, dass ich Valimar verlassen will", sagte Itarille und blickte zu Celebwen, die als Antwort nickte. Hatte sie ihre Eltern vielleicht schon einmal kennen gelernt? Die Möglichkeit bestand, schließlich war sie häufig in Alqualonde gewesen oder Teleri waren nach Valimar gekommen, obwohl sie schwer von ihrem geliebten Wasser wegzubekommen waren. „Nun, wollt ihr was trinken?", fragte Celebwen und erhob sich. „Was hast du an Alkohol da?", fragte Thranduil grinsend. Celebwen stemmte ihre Hände in die Hüften, wie sie es an jenem Abend bei Beldir gemacht hatte. „Du kommst uns auch nur zum Wein trinken besuchen oder?", maulte sie. Itarille schlug eine Hand vor den Mund, um das Lachen zu vertuschen. „Wenn das so weiter geht, dann bezahlst du, wenn du kommst", zischte sie und machte auf dem Absatz kehrt. „Itarille, was möchtet ihr?", fragte Celebwen nun wieder freundlich und blickte über die Schulter zurück. „Habt ihr ein Glas Wein für mich?", fragte Itarille vorsichtig. Beim Fest hatte ihr der bittere Wein nicht geschmeckt, aber irgendwann musste sie mal wieder Wein trinken. Einen vergleichbaren Wein zu Miruvóre würde sie in diesen Landen sowieso nicht finden. „Für euch sicherlich", versicherte Celebwen und holte zwei Gläser aus dem Schrank. Thranduil strich Itarille mit seiner Hand über ihren Rücken und sofort gewann er ihre Aufmerksamkeit. „Alles klar?", fragte er leise und sie nickte zögerlich. „Was ist los?", fragte Thranduil besorgt. „Ich werde von einem Bild angestarrt", zischte Itarille und augenblicklich lachte er kopfschüttelnd auf. Mit ihren Augen deutete Itarille auf das Bild von den drei Elbenfürsten. „Nicht lustig", grummelte sie und Thranduil gab ihr einen flüchtigen Kuss. „Hier meine Lieben", sagte Celebwen und drückte Itarille das Weinglas in die Hand. Mit einem zufriedenen Lächeln reichte sie Thranduil zwar ein Weinglas, aber es war mit Wasser gefüllt. „Celebwen das ist doch nicht dein Ernst!", beschwerte er sich. „Und wie", entgegnete Celebwen und setzte sich diesmal auf die andere Sitzmöglichkeit. Thranduil nahm das Glas in die linke Hand und schielte auf Itarilles Glas. Jene merkte es nicht und wollte gerade an dem Rotwein nippen, als Thranduil über ihre Schulter den Wein in die freie Hand nahm. Verwundert ließ sie los und erst als Thranduil das Glas an seinen Mund führte, verstand sie, was er gemacht hatte. „Geht's noch?", maulte sie und mit einem Schluck hatte er den Wein ausgetrunken. „Schmeckt dir eh nicht", beruhigte Thranduil sie und blickte in den entsetzten Gesichtsausdruck von Celebwen. „Was ist mit dir falsch?", nuschelte sie, als es an der Tür klopfte.

Itarille & Thranduil || Im SternenlichtWhere stories live. Discover now