Schmiedekunst

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„Itarille?", fragte Erundil erneut. „Verzeiht was habt ihr gesagt?", stotterte sie und sah den Elben verwirrt an. „Kannst du mir einen Holzscheit geben?", fragte er freundlich und Itarille nickte. Sie stoß sich von der Wand ab und nahm von dem Holzstapel ein Stück herunter. Schnell reichte sie es Erundil, der es direkt auf das Feuer legte. Die Funken sprangen in alle Richtungen und Varisse schritt einen Schritt zurück. Itarille atmete tief ein und lehnte sich wieder an die Holzwand. Varisse hatte sie dazu gedrängt, Erundil besuchen zu gehen. Allerdings war Itarille gedanklich noch bei der vorherigen Nacht. Erst bei Anbeginn der Dämmerung war sie auf ihr Zimmer zurückgekehrt. Nun war später Nachmittag. Thranduil hatte sie seitdem nicht mehr gesehen. „Itarille was ist mir dir los?", fragte Varisse und kam auf ihre Freundin zu. „Nichts alles gut", entgegnete Itarille mit Blick auf Varisse. „Lass mich raten, der Elb vom Fest?", flüsterte sie, sodass es auch wirklich nur Itarille hören konnte. „Nein", antwortete Itarille, obwohl es genau das war, was sie so sehr beschäftigte. Ihr Blick wich von Varisse und sie sah zu Erundil, der mit einer Zange ein Stück heißes Metall erwärmt hatte und es nun auf den Amboss legte. „Was macht ihr jetzt?", fragte Itarille ihn, damit Varisse sie bloß nicht noch mehr Fragen konnte. „Ich werde das Eisen nun solange bearbeiten, bis es die gewünschte Form hat. Anschließend muss es erstmal abkühlen", erklärte er sachlich und fasste nach dem Hammer, der direkt neben dem Amboss ruhte. Mit wuchtigen Schlägen formte er das feuerrote Eisen. Itarille verschränkte die Arme vor der Brust und ließ ihren Blick schweifen. In dem Dorf waren nur wenige Elben unterwegs, die meisten waren entweder noch in ihren Häusern oder arbeiteten schon wieder. Nur vereinzelt liefen Elben über den Weg, der direkt an Erundils Haus vorbeiführte. In den Bäumen sprangen die Vögel hin und her und zwitscherten laute Melodien. Was Thranduil jetzt wohl machen würde?, fragte sie sich insgeheim und sah wieder zu Erundil. Seine Muskeln traten unter seinen Kleidern deutlich hervor, als er seinen Arm ausholte und mit aller Kraft das Metall bearbeitete. Verbissen starrte er das unfertige Schwert an und hielt es mit der Zange hoch. Fachmännisch beäugte er es von allen Seiten, bevor er einen Schritt nach hinten trat und das glühende Metall in ein Wasserbad tauchte. Es entstand ein lautes Zischen und Wasserdampf wirbelte aus dem Kübel hoch. Mit einem zufriedenen Grinsen zog Erundil es wieder heraus und zeigte es stolz Varisse und Itarille. Das Metall war matt und sah nur im Ansatz nach einem Schwert aus. „Für den besten Schmied des Königreichs sieht das aber noch sehr schwach aus", sagte Itarille trocken und Erundil lachte auf. „Ja es muss auch noch geschliffen werden. Danach glänzt es und es sieht auch wirklich aus wie ein Schwert", erklärte er mit Blick auf die Klinge. „Verzeiht, ich weiß nicht viel über Schmiedekunst. Wo wir herkommen ist es ein seltener Beruf", entschuldigte sich Itarille und Erundil machte mit seiner freien Hand eine Handbewegung, die Itarille verriet, dass er es ihr nicht übel nahm. „Also das heißt auch, dass ihr beide keine Erfahrung im Schwertkampf habt?", fragte er neugierig. Itarille wollte gerade Antworten, als sie hinter Erundil auf dem Weg ein vertrautes Gesicht entdeckte. Thranduil. Er ging wieder neben dem Elben, der schon bei ihrer ersten Begegnung mit ihm unterwegs gewesen war. Beide trugen erneut Rüstungen und gingen schnellen Schrittes in Richtung Dorfausgang. Thranduils Begleiter hatte seinen Blick starr geradeaus gerichtet und Thranduil selber sah sich die ganze Zeit um, als ob er von etwas verfolgt werden würde. Itarille konnte ihren Blick nicht von ihm abwenden. Würde er auf sie zukommen, wenn er sie sehen würde? Allerdings wurden Itarilles Hoffnungen im nächsten Moment zunichte gemacht. Als er sie erblickte, war kein Ausdruck in seinem Gesicht. Wort- und grußlos schritt er an ihr vorbei. „Verzeiht, aber ich brauche ein wenig Ruhe", verabschiedete sich Itarille und mit einem Satz stand sie auf dem Weg. Schnellen Schrittes eilte sie zurück nach Menegroth. Warum hatte er ihr nicht einmal zugelächelt? Warum ignorierte er sie? Hatte ihm das Fest nicht gefallen? All dies waren Fragen, die Itarille besorgten. Vielleicht mochte sie ihn ja doch mehr, als sie zugeben würde.

„Itarille!", flötete Varisse und klopfte freudig an Itarilles Tür. Mit einem Stöhnen setzte sie sich auf und stellte die Füße auf den Boden. Mit ein wenig Schwung stand sie direkt sicher auf beiden Beinen und eilte durch den kleinen Flur. „Itarille!", wiederholte sich Varisse vor der Tür. „Ja doch!", entgegnete Itarille und nahm die Stufen mit einem Sprung. Eilig zog sie die Tür auf und Varisse musterte sie von oben bis unten. „Du siehst irgendwie zerzaust aus", stellte sie fest und schlängelte sich an Itarille vorbei. „Ich lag auch bis gerade im Bett", flüsterte sie und schloss die Tür. „Hier!", sagte Varisse lächelnd und hielt Itarille ein Stoffbündel hin. „Und das ist was?", fragte diese skeptisch und Varisse sah sie erwartungsvoll an. „Nimm es, los!", forderte Varisse sie auf und zögernd umfasste Itarille den schmutzigen Stoff. Der Stoff wurde dazu verwendet etwas Hartes einzupacken. Langsam packte Itarille das Harte aus und Varisse klopfte aufgeregt die Hände zusammen. Zum Vorschein kam ein glänzendes Schwert. „Mit vielen Grüßen von Erundil!", lächelte Varisse und Itarille umfasste mit zitternden Fingern das Heft. Das Schwert lag leicht in ihrer Hand und die silberne Oberfläche schimmerte im Licht. „Das ist der Wahnsinn", nuschelte Itarille beeindruckt. „Er meinte, wir könnten ein Schwert gut gebrauchen", erklärte Varisse und erst jetzt fiel Itarille auf, dass Varisse um ihre Hüfte einen Gürtel trug, an dem eine Schwertscheide baumelte. „Da gibt es nur ein Problem", erinnerte Itarille. „Er hat mir gesagt, dass er uns beibringen will, wie wir richtig mit einem Schwert umgehen", sagte Varisse voller Vorfreude. „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit", stellte Itarille klar und erntete von Varisse einen fragenden Blick. „Ich mein, ich kann mir nicht vorstellen, in einem Krieg oder ähnlichem mitzukämpfen. Geschweige denn würde ich es überhaupt wollen. Das bin nicht ich", fuhr sie flüsternd fort. „Dann sag ihnen wer du wirklich bist, bevor es zu spät ist!", forderte die braunhaarige Itarille auf. „Das kann ich nicht", flüsterte Itarille verzweifelt.

Itarille & Thranduil || Im SternenlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt