Rückkehr

265 18 3
                                    

Larcatal streckte sich, als er die letzten Meilen vor den westlichen Grenzen Doriaths noch einmal eine lange Strecke galoppieren konnte. „Was fütterst du dem?", fragte Thranduil lachend und verfestigte seinen Griff um Itarilles Hüfte. „Das frage ich mich manchmal auch!", entgegnete Itarille, drückte dem Schimmel allerdings die Sporen in den Bauch, sodass er nochmal zulegte. Der Wind peitschte Itarille ins Gesicht und sie musste ihren Kopf ein Stück drehen, damit sie die Augen offenhalten konnte. Thranduil hingegen saß in Itarilles Schatten und spürte den Wind nur gegen seine Arme knallen. „Das ist der Wahnsinn!", jauchzte er vor Freude und Itarille lachte. „Auf ihm lernst du fliegen!", rief sie gegen den Wind. Larcatal schnaufte genüsslich und schlug einmal mit dem Kopf. Am Horizont kam der Saum des Waldes zum Vorschein. Und ein wilder Haufen Orks. Augenblicklich parierte Itarille den Schimmel durch. Schnaubend kam er zum Stehen und senkte den Kopf zwischen den Beinen. „Was jetzt?", fragte Itarille unsicher. „Wie gut kennst du dich hier aus?", fragte Thranduil schnell. „Absolut gar nicht! Ich konnte mir so gerade den Weg nach Nargothrond und zurück merken", flüsterte Itarille, als ob die Orks sie auf die Entfernung hören könnten. Thranduil atmete tief ein und aus und beobachtete die Situation einen Moment. Die Kreaturen schlichen an der Grenze entlang und waren fest auf den Wald fixiert. „Ich hab keine Pfeile dabei", sprach der Elb seine Gedanken aus. „Ich werde nicht aus sicherer Entfernung handeln können. Die Wache müsste sie aber schon entdeckt haben." Seine Gesichtszüge veränderten sich zu einer fragenden Miene. „Und jetzt?", hauchte Itarille, die Zügel fest umfasst. „Warten wir", entgegnete Thranduil und Itarille sah ihn ungläubig an. „Denkst du nicht, dass auch die Orks irgendwann ein schneeweises Pferd in Mitten grünem Gras sehen?", fragte Itarille. „Nein, sie sind zu sehr mit ihrer Aufgabe beschäftigt. Erst wenn sie angegriffen werden oder sie sich auf den Rückweg machen, müssen wir gucken, dass wir von hier so schnell es geht verschwinden", sprach Thranduil sicher. Dies gab Itarille eine gewisse Ruhe und sie lehnte sich an den kräftigen Körper Thranduils. Ihren Blick wendete sie nicht mehr von den Orks weg.

Der erste Ork sackte direkt neben dem Waldesrand zu Boden. Ein Pfeil steckte zwischen seinen Augen. Sofort fuhr die Schar auseinander und mit lautem Geschrei sprangen sie an den Bäumen hoch. Die Elben waren zwischen den grünen Bäumen schwer auszumachen, aber immer wieder glänzte ein Pfeil auf. „Los, reite direkt auf den Wald zu!", befahl Thranduil eilig und löste eine Hand von Itarilles Hüfte. Sofort drückte die Blonde ihre Beine zusammen und der prächtige Schimmel sprang augenblicklich an. „Oh Eru", flüsterte Itarille, sodass es Thranduil gar nicht hörte. Dieser war ohnehin damit beschäftigt, die Situation vor ihnen im Auge zu behalten. Mit einem Handgriff zog er sein Schwert hervor und schwang es locker in der Hand. Larcatals Ohren spielten aufgeregt herum und Itarille merkte, wie er sich anspannte. Sie war sich sicher, dass Larcatal die Orks nicht fürchtete, ganz im Gegenteil. Trotzdem wanderte seine Aufmerksamkeit fast vollständig zu den Dienern Melkors, sodass Itarille die Hilfen energischer geben musste, damit der Schimmel reagierte. Ihre Angst wuchs von Galoppsprung zu Galoppsprung, lediglich die Ruhe, die Thranduil ausstrahlte, beruhigte sie ein wenig. Mittlerweile lag ein Dutzend Orks auf dem Boden, die anderen rangen wie wild mit den Waldelben oder versuchten erfolglos zu fliehen. Und dabei wurden sie entdeckt. Ein Ork spannte seinen Bogen und zielte genau auf Itarille, die es nicht realisierte, was da gerade vor sich ging. „Runter!", schrie Thranduil und drückte sie unsanft auf den Pferdehals. Der Pfeil zischte über sie hinweg und überrascht sah sie dahin, woher der Pfeil gekommen war. Der Ork fletschte seine Zähne und setzte zu einem neuen Schuss an, als er von hintern erschlagen wurde. Dafür kam direkt vor ihnen ein Ork zum Vorschein. „Reite weiter geradeaus!", kommandierte Thranduil und sie kämpfte mit sich, Larcatal nicht von der Strecke abzubringen. Der Ork schwang sein Schwert, allerdings durchschnitt Thranduils Klinge seinen Kopf, bevor er einen von ihnen erwischte. Itarille sah erleichtert nach vorn. Der Waldesrand war zum Greifen nah. „Á rice amaricie!", zischte Itarille und presste die Waden so fest es nur ging an den Pferdebauch. Larcatal schnaubte und seine kräftigen Beine jagten durch die Luft. Itarille ließ die Zügel aus der Hand gleiten und Larcatal zog noch einmal an der Geschwindigkeit. Bald waren sie in Sicherheit. „Delio!", schrie wer und Itarille sah überrascht zur Seite. Sie hatte nicht verstanden, was der Krieger gesagt hatte, doch zu spät. Das Schwert bohrte sich in ihre rechte Schulter und die Wucht stürzte sie vom Pferd. Thranduil fasste eilig nach ihrer Hand, bekam sie aber nicht mehr gepackt. Mit einem dumpfen Geräusch landete Itarille in dem rotverfärbten Gras. Ihre Schulter tat so unheimlich weh. Was um sie geschah, realisierte sie nicht mehr. Der Schmerz war zu groß und ihr Blickfeld komplett verschwommen. Mit zittrigen Fingern packte sie nach dem Heft und zog unter Schmerzen die Klinge aus ihrer Schulter. Kraftlos glitt ihr die Ork-Klinge aus der Hand und fiel neben ihr zu Boden. Mit der linken Hand drückte sie auf die klaffende Wunde, aber es nützte nichts. Eher im Gegenteil, die Verletzung brannte nur noch mehr. „Itarille!", rief Thranduil, aber die Stimme war wie in einem Traum. Weit weg. Ein Schatten über Itarille ließ sie Aufsehen. „Pass auf!", dröhnte Thranduils Stimme in ihren Kopf. Der Schatten setzte sich langsam zusammen. Keine Haare, stinkend und nackt. Panisch fasste Itarille nach dem Schwert, was zuvor in ihrer Schulter gesteckt hatte. Sie würde sich nicht von einem Ork umbringen lassen. Mit aller Kraft hob sie das Schwert hoch, wobei ihr rechter Arm heftig wackelte. Der Ork grinste schäbig und hob sein Beil, um Itarille zu töten. „Lass sie!", schrie Thranduil. Wo war er? Itarille hatte keine Zeit mehr, sich darum zu sorgen, wo er war und was er tat. Hatte sie überhaupt eine Chance gegen das Untier? Sie zögerte keinen Moment mehr, als der Ork einen Schrei ausstieß und das Beil auf sie zu zischte. Mit der Kraft die sie aufwenden konnte schlug sie das Schwert dem Ork ins Bein. Noch bevor sie die Reaktion des Orks sah, rollte sie sich auf ihre gesunde Schulter und entwich damit dem zweiten Ork-Schwert. „Dago i orch", rief nun eine unbekannte Stimme und der Ork vor Itarille sah verwirrt auf sein Bein. Langsam richtete sich sein Blick auf Itarille und seine Züge verhärteten sich. Mit einem Stöhnen zog er die Klinge aus seinem Knie und umfasste das Heft fest. Dann setzte er mit dem Schwert erneut an. Itarille schlug schützend ihre Hände über dem Kopf zusammen, obwohl sie es im nächsten Moment bereute. Es waren höllische Schmerzen. Doch es kam kein Schlag. Nur ein gedämpftes Knallen neben ihr. Verwundert sah Itarille auf. Der Ork lag auf dem Bauch neben ihr. Über ihm thronte ein Elb mit glänzender Waffe. „Geht es euch gut?", fragte er besorgt und kniete sich neben Itarille auf den Boden. „Geht schon wieder", antwortete sie und der Elb half ihr vorsichtig auf die Beine. Ihr Kopf dröhnte und der Schmerz in der Schulter war unbeschreiblich, aber trotzdem sah sie sich schnell um. Sie konnte Thranduil nicht entdecken. Überall kämpften Elben mit Orks. Ob aus den sicheren Baumwipfeln oder im Nahkampf. Allerdings hatten die Elben mittlerweile die Oberhand. Aber wo war er bloß? Panisch sah sie von einer Seite des Getümmels zur anderen. Der Elb neben ihr hatte bereits sein Schwert in die Scheide gesteckt und drückte Itarille zwischen die Schulterblätter. „Kommt, dies ist kein Ort für eine Dame", sprach er eilig und drückte sie behutsam Richtung Wald. Allerdings stoppte Itarille immer wieder und sah sich um. Von Minute zu Minute stieg ihre Panik um den blonden Elben. Er war doch nicht etwa...? Nein, er war nicht tot. Das konnte einfach nicht sein. Wenige Meter von dem schützenden Wald entfernt erschlug ein großgewachsener Elb einen Ork und verharrte in seiner Bewegung, als er Itarille erblickte. Langsam richtete er sich auf und ignorierte sein Schwert, welches in der Leiche des Orks steckte. Itarille brauchte einen Moment um zu realisieren um wen es sich handelte. Oropher.

Itarille & Thranduil || Im SternenlichtWhere stories live. Discover now