Das Sternenlichtfest

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Itarille raffte ihr Kleid und setzte sich neben Varisse. Die Elben, die ihnen gegenüber saßen, hatten wenig für sie übrig. Kurz unterbrachen sie ihre Unterhaltung und musterten die beiden Fremden. Varisse senkte den Kopf und hielt sich eine Hand vor die Stirn, bevor sie sich seitlich zu Erundil drehte. Itarille hingegen saß still da und ihr Blick ruhte auf dem leeren Weinglas, welches vor ihr stand. Erst langsam steckte die Sindar wieder ihre Köpfe zusammen und redeten gut gelaunt weiter. „Wenn sie wüssten, wer du bist", flüsterte Varisse Itarille zu, sodass es auch wirklich nur sie hören konnte. „Sie würden uns genauso behandeln", antwortete Itarille kopfschüttelnd. „Wollt ihr was trinken?", unterbrach Erundil, der anscheinend von der Unterhaltung nichts mitbekommen hatte. „Ja gerne", antwortete Varisse und drehte sich wieder zu ihm um. „Itarille?", fragte er während er Varisse Wein in ihr Glas füllte. „Bitte", entgegnete sie und schob Erundil ihr Glas entgegen. Schnell füllte er es zur Hälfte und gab es der Blonden zurück. „Danke", sagte sie und Varisse schenkte Erundil lediglich ein schüchternes Lächeln. „Erundil?", fragte Itarille und sah an Varisse vorbei zu dem Elben. „Was kann ich für euch tun?", erwiderte er hilfsbereit. Itarille lehnte sich noch ein Stück zu ihm und stützte sich dabei mit dem Ellenbogen auf dem Tisch hab. „Sind sie zu allen Gästen so? Ich mein, wie sind sie zu anderen Königen und deren Verwandtschaft?", flüsterte sie. Varisse Anmerkung hatte sie ins Grübeln gebracht, obwohl sie der Meinung war, dass die Sindar zu jedem, der nicht ihrem Volk angehörte, nicht gerade offen gegenüber waren. „Wie kommt ihr darauf?", lachte Erundil und sah Itarille belustigt an. „Nur so eine Frage", antwortete sie und lehnte sich wieder zurück. „Ich kann es euch nicht sagen", setzte er an und spielte mit einer Hand am Weinglas herum. „Bis jetzt war noch nie ein anderer Elbenkönig in diesen Hallen als König Thingol selber. Ich kann es euch wirklich nicht sagen. Aber warum wolltet ihr das wissen?", fragte er erneut. „Was tanzt ihr hier eigentlich so?", fragte Varisse dazwischen und sah Erundil erwartungsvoll an. „Wie bitte?", flüsterte er verwirrt und Itarille wendete sich ab. Ihr Blick glitt über die lange Tafel. In der Mitte des Tisches standen Brotkörbe, Kerzen und Unmengen an Weinflaschen, die zum Großteil bereits ausgetrunken waren. Außerdem befanden sich auf dem Tisch noch leere Weingläser, die akkurat in der Mitte der Tafel zusammen gestellt waren. Die Elben, die an dem Tisch saßen, würdigten Itarille keines Blickes, geschweige denn redeten sie mit ihr. Vielleicht hatte Varisse Recht und sie würden anders mit ihr umgehen, wenn sie wüssten, wer sie ist. Andererseits war sie auch froh darüber, mal nicht erkannt zu werden und in Ruhe einfach das zu tun, was sie wollte, nicht was irgendwelche Pflichten von ihr verlangten. „Itarille, wir gehen tanzen!", sagte Varisse und streifte mit der Hand kurz Itarilles Schulter. „Viel Spaß", wünschte sie und blickte den beiden kurz nach. Varisse hatte sich bei Erundil eingehakt und strahlte von einem Ohr zum Anderen. Itarille schmunzelte. Liebe auf den ersten Blick schien es doch zu geben. Langsam wendete sich Itarille wieder an den Tisch und zog das Glas näher an sich. Ihre Arme legte sie auf dem Tisch ab und hielt die Hände am Stiel des Weinglases. „Ae, ich grüße euch", begrüßte eine tiefe Stimme Itarille und der Elb ließ sich neben ihr auf der Bank nieder. „Ihr seht nicht gerade freudig aus", stellte er fest und Itarille sah ihm ins Gesicht. „Guten Abend Serondrych, schön euch zu sehen", sagte Itarille, froh über etwas Gesellschaft. „Euer Pferd ist wahrhaftig eines der schönsten Tiere, die ich je zu Gesicht bekommen durfte", sagte er und lächelte Itarille an. „Ja, Larcatal ist wirklich ein besonderes Pferd", stimmte sie ihm zu. „Ich wäre jetzt auch viel lieber bei meinen Pferden, sie sind einfach umgänglicher als so mancher Elb." „Warum seid ihr es nicht?", fragte Itarille interessiert und Serondrych schnaubte verächtlich. „Das Sternenlichtfest ist das höchste Fest im Jahr. Sonst lasse ich mich hier nicht sehen, immerhin zu diesem Fest muss ich mal kommen", erklärte er und angelte nach einem Stück Brot. „Normalerweise meide ich Feste und Ansprachen wo ich nur kann", fügte er hinzu, bevor er einen Bissen nahm. „Feste sind das schönste überhaupt", entgegnete Itarille und sah Serondrych zu, wie er die Scheibe Brot aufaß. „Ich weiß nicht was die Eldar an Festen immer so toll finden. Tagelanges saufen ohne Sinn und Verstand und lächerliche Tänze bei denen so oder so nur die Schönen und Reichen gefragt werden", schnaubte er. „Stimmt doch gar nicht", antwortete Itarille und nippte an ihrem Wein. Augenblicklich ließ sie das Glas sinken und verzog das Gesicht. „Der ist ja trocken", schauderte sie und schüttelte sich. „An diesen Wein werdet ihr euch gewöhnen müssen", sagte Serondrych knapp. „ Also erzählt mir mal, was ihr an Festen so schätzt?", fragte er nach einer kurzen Pause. „Es macht einfach Spaß", antwortete Itarille und merkte, dass ihre Antwort kein Argument war. „Ihr seht auch danach aus, als hättet ihr wahnsinnig viel Spaß", entgegnete Serondrych lachend. „Das heutige Fest zählt nicht", stellte Itarille sarkastisch klar und sah den Pferdezüchter von der Seite an. „Auf die Erklärung bin ich gespannt!", lachte Serondrych und blickte Itarille erwartungsvoll an. „Ein Fest ohne Freunde ist kein Fest und meine Freunde tanzen gerade", erklärte sie und schmunzelte. „Das wird der Grund sein, warum ich Feste nicht mag", sagte Serondrych. Das Lachen war aus seinem Gesicht verschwunden. Am liebsten hätte Itarille ihn einmal feste umarmt, er sah so hilflos und verlassen aus, wie er da gebeugt am Tisch saß. „Ich sollte gehen", sprach er langsam und erhob sich. „Ich danke für die Begegnung, Cuio vae", verabschiedete er sich und ließ Itarille alleine zurück. Sie sah ihm noch nach, bis er aus ihrer Sichtweite verschwunden war. Schnaufend stützte sich wieder auf ihre Arme und lehnte sich ein Stück vor. Serondrych war freundlich und sah nicht gerade schlecht aus, warum also war er so alleine?, fragte sich Itarille, während sie auf ihr Weinglas starrte. Allerdings ist er manchmal etwas schwierig im Umgang. Dies waren die Worte, die Erundil zu ihr und Varisse gesagt, hatte, bevor sie Serondrych das erste Mal trafen. Aber warum war er so? Itarille nahm ihr Glas in die Hand und schüttelte es leicht, sodass die rote Flüssigkeit sich wie ein Strudel in dem Glas drehte.

Itarille & Thranduil || Im SternenlichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt