Gift

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Klappentext:

Die einen bringen uns die Sonne, die anderen die Dunkelheit. Doch manche schleichen sich als Sternschnuppe in unser Leben, um sich am Ende als Komet zu entpuppen.
Und man, er hätte eine ganze Population auslöschen können.

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Die Musik dröhnte in meinen Ohren als ich die Tür öffnete. Ich wollte nur noch nach Hause, ich hatte mich schon genug blamiert als ich auf der Tanzfläche hingefallen war, mein Kopf pochte von dem dauernden Lärm und der stickigen Luft. Kalte Luft kam mir mit einem starken Windzug entgegen. Ich verzog das Gesicht als mir einige Regentropfen entgegen kamen.

Ich beugte mich etwas vor und lugte raus. Es nieselte etwas, aber es war noch erträglich, jedoch war der Wind ziemlich kalt und machte die wenigen Tropfen zu schmerzhaften Geschossen auf der Haut. Unsicher sah ich noch einmal zurück über meine Schulter. Noch immer lag Sam in der Ecke und noch immer stank es nach Alkohol und Erbrochenem und vor allem: noch immer war er da. Allein diese Tatsache brachte mich dazu, lieber raus in das stürmische Herbstwetter zu fliehen. Ich trat aus der Tür und ließ sie hinter mir ins Schloss fallen während ich mir meine Beanie über zog und meine Hände in meinen Jackentaschen verschwinden ließ. Ich senkte meinen Kopf um mein Gesicht wenigstens etwas vor dem Regen zu schützen und ging los.

Ich folgte der Straße und spürte schon nach wenigen Metern wie meine Kopfschmerzen leichter wurden, die frische Luft und vor allem die Ruhe taten augenblicklich Wunder. Mit der Zeit entspannte ich mich und fing an den Weg zu genießen. Der Regen hatte nachgelassen, nur noch hin und wieder verirrte sich ein Tropfen auf meine Nase. Der Wind war nicht weniger stark als zuvor, aber ohne den Regen viel erträglicher. Die Luft war kalt, doch half sie auch dabei einen klaren Kopf zu bekommen. Leicht lächelnd sah ich in den schwarzen Himmel, nur an wenigen Stellen konnte man Sterne zwischen den Wolken hervorblitzen sehen.

Es war eine schöne Vollmondnacht, generell mochte ich den Herbst, wenn es nicht gerade aus Strömen regnete wenn ich unterwegs war. Trotzdem beobachtete ich gerne, mit einem Tee in der Hand, wie die Tropfen gegen die Fensterscheibe prasselten. Kurz blieb ich stehen und genoss es einfach. Ich genoss die Ruhe, die frische Luft, den Wind der leise säuselte. Ich sah mich etwas um, die Gegend war mir nur zu gut bekannt, täglich fuhr ich dort entlang um zur Arbeit zu gelangen, doch Nachts zu Fuß war es noch einmal etwas anderes. Ich erkannte Kleinigkeiten, die ich sonst nicht bemerkte. Die süßen verschnörkelten Hausnummern an den Einfamilienhäusern, den kleinen See auf der Gegenüberliegenden Straßenseite und die Chrysanthemen die erst jetzt im Herbst ihre wahre Schönheit zeigten. In pink, gelb orange und lila erhellten sie die Vorgärten. Ich pflückte mir eine Blüte und roch an ihr, während ich wieder langsam einen Schritt vor den anderen setzte. Melodisch hallten meine Schuhe auf dem Bordstein durch die Nacht.

Suchend sah ich mich um, als nicht mehr nur meine Schritte zuhören waren. Einige Meter hinter mir kam jemand auf mich zu gejoggt. Allein an der Art wie er seine Arme beim Laufen mitnahm, wie seine langen Beine sich durch die Nacht bewegten, erkannte ich ihn. Ich drehte mich eilig um und beschleunigte meine Schritte. Auf keinen Fall wollte ich noch einmal mit ihm reden. Dass er heute auch da war, hatte mir gereicht. Immer diese Blicke von ihm auf mir, immer dieses Antanzen was natürlich völlig aus Versehen war. "Dean jetzt warte doch mal!" Seine raue, helle Stimme durchbrach die Stille. Seufzend ging ich etwas langsamer, würdigte ihm aber keinen Blick als er mich eingeholt hatte und neben mir her lief. Er versuchte seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen bevor er mich ansah. "Lass uns reden, bitte."

Reden. Immer wollte er reden. Wir redeten schon so oft und was hat es gebracht? Nichts. Rein gar nichts. Er hat mich dazu bekommen ihm zu verzeihen, bevor er mich wieder betrogen hat. Aber ich konnte mich nicht von ihm lösen, lieber ließ ich mir mein Herz immer und immer wieder brechen, als dass ich mich traute Schluss zu machen, bis vor einer Woche. Ich hatte mich endlich getraut, doch er wollte es nicht einsehen. Er rief mich mehrmals täglich an, schrieb mir, schaute auf meiner Arbeit vorbei und hinterließ mir Briefe vor meiner Haustür. Er war vollkommen besessen von mir, wollte unbedingt wieder zusammen kommen, aber wozu? Dass er wieder zum nächst besten Typen rennen konnte um ihn zu ficken? Ich hatte mir geschworen, dass ich niemals wieder zulassen würde dass mit mir so gespielt wurde. Jetzt tat er so als würde er nicht genug von mir bekommen, als könnte er nicht ohne mich leben und morgen würde er die Nacht wieder bei jemand anders verbringen. Wieso?
War ich nicht gut genug?

HirngespinsteWhere stories live. Discover now