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„It would be so nice if something made sense for a change." - Lewis Carroll

F A Y E

„Was ist denn mit dir passiert?", waren die ersten Worte meiner Mum, als ich zu Hause ankam und sie mir die Tür öffnete, da ich meinen Haustürschlussel vergessen hatte.

Mir wurde heiß und kalt zugleich - ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, wie ich jetzt aussehen musste. Mit einem blutverkrustetem Ohr, blutbefleckter Jacke und durch den Waldboden schmutzigen Klamotten sah ich aus, als wenn ich mich gerade geprügelt hätte. Ich musste mir schnellstmöglich eine Ausrede einfallen lassen. Ich wollte aus einen mir unerklärlichen Grund nicht, dass irgendjemand was von dem erfuhr, was heute im Bürgerpark passiert war.

„I-Ich bin hingefallen. Ist aber nicht so schlimm, wie's aussieht", fügte ich schnell hinzu, als sich ihr Gesichtsausdruck veränderte.

Ich bekam ein schlechtes Gewissen, weil ich meine Mum angelogen hatte - schon wieder. Louis bringt in mir entweder das Schlimmste zum Vorschein oder er hat mich irgendwie mutiger gemacht. Doch wie kann eine Person eine andere mutiger machen, wenn sie sich erstens gar nicht ausstehen konnten und zweitens, sich erst dreimal begegnet sind?

„Was machst du auch für Sachen? Komm rein, das gucke ich mir vorsichtshalber mal genauer an. Nicht das sich das noch entzündet - das fehlt uns auch noch...", mit einem besorgtem Ausdruck in ihrem Gesicht trat sie einen Schritt zur Seite, damit ich eintreten konnte.

Die warme Luft umhüllte mich schlagartig und ich war froh, wieder zu Hause zu sein. Im Flur zog ich mir meine Schuhe und meine Jacke aus, dann folgte ich meiner Mum in die Küche, die schon Desinfektionsmittel, Pflaster und ein Tuch zum Säubern der Wunde bereit gelegt hatte. Ich verzog das Gesicht bei dem Anblick des Desinfektionsmittels.

„Setz dich mal unter das Licht, damit ich das besser sehen kann."
Sie klopfte einmal auf die Kücheninsel, dann drehte sie sich weg und tröpfelte das Desinfektionsmittel auf das Tuch.

Ich seufzte und setzte mich auf die Ablage. Der Schnitt tat zwar weh, war aber nichts weiter Schlimmes. Ich hatte schon geahnt, dass Mum so ein Theater daraus machen würde. Doch ich wollte eigentlich nichts sehnlicher, als hoch in mein Zimmer zu gehen und allein zu sein.

„Vorsicht", murmelte Mum sanft, bevor sie mit dem Tuch die Schnittwunde säuberte.

Langsam zischend atmete ich die Luft ein. Wie schon erwartet, trat das altbekannte Brennen und Ziepen ein. Als sie das Tuch plötzlich mit mehr Druck draufdrückte, zuckte ich reflexartig weg.

„Faye, stell dich nicht so an. Nachher entzündet sich das noch und dann können wir zum Arzt fahren." Mit hochgezogenen Augenbrauen und einem strengem Blick sah sie mich an. Ich murmelte eine leise Entschuldigung und hielt ihr wieder mein Ohr hin, ließ die schmerzhafte Tortur über mich ergehen. Nach ein paar Augenblicken klebte sie mir ein Pflaster auf die Wunde und ließ mich gehen. Mit einem leisem 'Danke' an meiner Mum gerichtet verschwand ich schließlich nach oben in mein Zimmer, in der Hoffnung jetzt endlich die gewünschte Ruhe auskosten zu dürfen. Doch kaum hatte ich die Zimmertür hinter mir verschlossen und mich wohlig seufzend auf das Bett geschmissen, klopfte es. Stöhnend stand ich wieder auf.

Wer war das jetzt schon wieder?

Mit einem verärgerten Schnauben machte ich die Tür wieder auf. „Was um alles-" Verdutzt hielt ich inne, als ich in die braunen Augen meines Bruders starrte.

„Ich hab doch gesagt, dass wir noch reden müssen." Ohne um Erlaubnis zu fragen, drängte sich Tyler an mir vorbei in mein Zimmer.

Ich atmete einmal tief durch, bevor ich wieder langsam die Tür verschloss. Ich hatte überhaupt nicht mehr daran gedacht - wieso musste er ausgerechnet jetzt damit ankommen? Hätte er damit nicht bis morgen warten können? Doch dann dachte ich an das, was Louis über Tyler gesagt hatte. Vielleicht könnte ich herausfinden, was er mit meinem Bruder zutun hatte.

Danger ↣ l.tWhere stories live. Discover now