Der Fluch der Topsy-Turvy | W...

By jinnis

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Kalina ap Theron braucht dringend einen Job, um sich und die gemischte Crew ihres Raumfrachters durchzubringe... More

1 - Der kurze Strohhalm
2 - Die Brutkammer
3 - Das Geheimnis von Tanencha sy Tyrin
5 - Unangenehme Begegnung
6 - Vom Regen...
7 - ... in die Traufe
8 - Kalis Geschichte
9 - Wo ist der Eindringling
10 - Verloren im All
11 - Ruhe vor dem Sturm
12 - Auf Eis gelegt
13 - Neuland
14 - Lebenszeichen
15 - Im Anflug
16 - Topsys Fluch
17 - Erkundungstour
18 - Explosive Entdeckung
19 - Missgeschick
20 - Schatten der Vergangenheit
21 - Verzweifelte Pläne
22 - Von Schleudern und Vertrauen
23 - Topsilina
24 - Das Herz von Ajs an'Hlj
25 - Höllenritt
26 - Ausstieg aus dem fahrenden Zug
27 - Wie Zuckerwatte
28 - Das Lied von Sqia'lon Sieben
29 - Teamwork
30 - Ein Epilog

4 - Der Fluch

202 26 10
By jinnis

Zurück auf der Straße rief ich das Schiff mit meinem Komm-Armband. Mein erster Offizier Hrrovr antwortete ohne Verzögerung. Vermutlich hatte er sich keinen Klick von seiner Station entfernt. „Captain? Is'sst alles'ss in Ordnung?"

„Danke, alles bestens bei uns. Ich bin zufrieden wie eine Sternschnuppe kurz vor dem Eintauchen in die Atmosphäre." Ich grinste, glücklich den klaustrophobischen Tunneln entronnen zu sein. „Wir sind im Geschäft und machen uns jetzt auf den Rückweg zum Schiff."

„S'ssehr gut. Wir konnten auf einmal keine Lebens'ss'ss'signale von euch beiden mehr empfangen." Hrrovrs Zischen war noch ausgeprägter als üblich, ein deutliches Zeichen, dass er sich Sorgen machte.

Ich fühlte Mitleid mit meinem alten Freund. „Wir sind gleich zurück an Bord, versprochen, Nummer Eins. Bereitet euch schon mal für die Anlieferung der Fracht vor. Und Aalyxh soll die Startsequenz einleiten, sobald das Zeug geliefert wird."

„Aye, Captain. Mir kann es'ss nicht früh genug ss'sein, dies'ssen Schleimkloß'ss zu verlass'ssen." Hrrovr mochte Planeten nicht, das war mir nicht neu. Allerdings äußerte er sich sonst niemals so deutlich über Komm. Vermutlich drückte die ungewohnt hohe Luftfeuchtigkeit auf seine Stimmung.

Für einmal konnte ich seine Abneigung sogar verstehen. „Hrrovr, kannst du uns die Richtung zum Landungsfeld weisen? In diesem dichten Nebel finden wir das ohne Hilfe niemals."

„Zwei Ticks'ss nach links'ss von eurer momentanen Richtung. Ich ss'sage euch ss'sofort, wenn ihr mehr als'ss einen Tick abweicht."

„Danke." Ich beschleunigte meine Schritte, ungeachtet des Schlamms, der meinen Overall vollspritzte. Bald würde ich mich seiner in der Sicherheit der Topsy-Turvy entledigen können. Ich freute mich schon darauf, mit einem Schub unserer Plasmatriebwerke den glibbrigen Planeten hinter uns zu lassen und auf einem Ionenschweif davonzuziehen. Ben schien im selben Boot zu sitzen. Er hielt Schritt mit mir, während wir schweigend weitereilten.

Mit Hrrovrs Hilfe durchquerten wir die tyrinianische Siedlung deutlich schneller, als auf dem Hinweg. Ich begann in meinem Schutzanzug zu schwitzen. Zudem strich ein warmer Wind durch die Nebelschwaden und zerriss sie zu Schlieren und Wirbeln. Da erahnte ich für einen kurzen Moment die wohlvertraute Silhouette unseres Schiffs, das in der Distanz auf der Landebahn kauerte. Der Rhythmus meines Doppelherzens verlangsamte sich. Es gibt nichts, was einen Raumfahrer so sehr aufmuntern kann wie der Anblick des trauten Heims.

Die massigen Rümpfe einiger Megafrachter überragten die Topsy und ließen deren gequetschte Birnenform beinahe wie ein Spielzeug wirken. Trotzdem war ich überzeugt, dass sie diesen modernen Modellen problemlos um die Sensoren fliegen konnte, wenn es wirklich darauf ankam.

Ich grinste Ben an, froh, dass das Ende unserer planetarische Exkursion plötzlich greifbar schien. „Das war echt ein bühnenreifer Auftrit, vorhin mit der Tanencha."

„Danke." Er richtete seine Maske und warf einen Blick zurück über die Schulter. „Ich war froh, dass mein Magen bereits leer war, als wir diese Brutkammer betraten. Hast du all diese bunten Schnecken gesehen? Das war Zuviel des Guten."

Ich hatte, und ich konnte seine Abneigung sehr gut nachvollziehen. „Der Anblick hätte wohl in fast jedem noch so erfahrenen Raumfahrer einen Schub von Alien-o-Phobie ausgelöst. Trotzdem bin ich froh, dass wir diesen Job gekriegt haben."

„Ich auch, war ja überfällig, dass wir mal Glück haben. Trotzdem werde ich besser schlafen, sobald wir einige Parsec sterilen Raum zwischen uns und diesen Schleimkloß von Planeten gebracht haben. Inklusive seiner molluskenartigen Lebensformen."

Ich wollte gerade einen Scherz über seinen Gebrauch des veralteten irdischen Raummaßes Parsec machen, als ich im wabernden Nebel mehrere vage Gestalten ausmachte, die sich bei der Topsy drängten. Ich klappte meinen Mund hörbar zu, und Ben, der meinem Blick gefolgt war, legte die Hand auf den Blaster an seiner Hüfte.

„Sch, wir wollen keinen Ärger," wies ich ihn mit einem leisen Zischen zurecht. Aber meine Finger sehnten sich nach dem Griff meiner eigenen Waffe während wir weitergingen. Im Näherkommen wurde mir klar, dass es sich bei den Figuren, die sich bei unserem Schiff versammelt hatten, nicht um Einheimische handeln konnte: Zweibeinig, aufrechter Gang, das mussten Aliens sein.

Ben kniff die Augen zusammen, seine Stirn in Falten gelegt, während er die Fremden studierte. Nach einigen weiteren Schritten sog er mit einem zischenden Geräusch die Luft durch seine Maske und blieb stehen. Ich versuchte, den Grund für seine Besorgnis zu erkennen. Die Leute trugen alle ebenfalls Masken. Ihre schleimverkrustete Arbeitskleidung deutete daraufhin, dass es sich um Werftarbeiter handelte.

Jeder Raumhafen entlang des Randes zieht sie an, die Wanderer ohne Heimat, das Treibgut der denkenden Population der Galaxie. Stets auf der Suche nach einer Reisegelegenheit ins nächste System erledigten sie die meisten Arbeiten, die nicht von Robotern ausgeführt werden konnten. Kein Wunder, dass es sie hier auf Tyrin gab. Kein Roboter würde auf die Dauer den Schlamm hier aushalten.

Diese spezielle Gruppe stach heraus, weil es sich nicht um den üblichen Mix verschiedener Spezies handelte. Im Gegenteil, sie ähnelten sich beinahe wie genetische Klone. Aus Erfahrung wusste ich, dass diese Vermutung nicht zutraf. Aber es ist für mich wirklich beinahe unmöglich, die weichen, pastellfarbenen bis bräunlichen Züge von Menschen zu unterscheiden, sogar im hellen Tageslicht.

Ben legte eine Hand auf meinen Arm. Überrascht stellte ich fest, dass seine Finger zitterten. „Sie wurden Fahrende genannt, früher. Oder Zigeuner, irgend sowas."

„Hm. Eine menschliche Subspezies?"

„Nicht wirklich. Es ist... kompliziert. Sie waren Nomaden, oft Ausgestoßene, Reisende ohne festen Wohnsitz."

Nun, das alles traf auch auf uns zu. Wo lag also das Problem? Einen Moment lang studierte ich das Gesicht des Ingenieurs, die tiefe Falte auf seiner Stirn. Ich konnte seinen Ausdruck nicht interpretieren. War das Besorgnis? Mitleid? Oder Angst?

„Sieht so aus als hätten sie unsere Fracht angeliefert, Ben. Kein Grund zur Besorgnis, also." Ich betrachte es als Teil der Aufgabe des Captains, Optimismus zu verbreiten. Sogar, wenn der Captain Gespenster sieht und sich nach einer warmen Dusche sehnt, um die Verspannung in den Nackenmuskeln gleichzeitig mit dem unangenehm klebrigen Schleim des Landausflugs wegzuspülen.

Eine Person löste sich aus der Gruppe und trat auf uns zu. Zwei dunkle Augen musterten mich unter schwarzen Fransen hervor. „Bist du Kalina ap Theron?"

„Aye. Wie kann ich helfen?" Ich musterte die Frau. Dutzende von dünnen, schwarzen Zöpfen, durchzogen von weißen Haaren, ergossen sich unter einem purpurfarbenen Kopftuch hervor. Ein Paar großer, goldener Ohrringe wirkte anachronistisch mit der Hightech-Atemmaske.

Die eleganten Augenbrauen über den abgrundtiefen Augen wanderten in die Höhe. „Das ist die falsche Frage, Wanderer. Können wir dir helfen? Aber nein, vermutlich nicht. Egal, wir haben deine Fracht angeliefert. Dein hübscher Echsen-Offizier hat die Papiere bereits unterzeichnet." Lachfalten neben ihren Augen verrieten eine gewisse Erheiterung. „Alles erledigt, alles bestens. Bleibt nur, dir einen guten Flug zu wünschen."

Bevor ich mich bedanken konnte, wandte sie sich Ben zu und wechselte zur menschlichen Sprache. „Hör zu, Junge, dieses Schiff ist verflucht. Du wirst nicht wiederkommen."

Ich grinste der Alten höhnisch zu und kletterte kommentarlos an Bord. Sie konnte natürlich nicht wissen, dass ich jedes Wort verstanden hatte. Ben zögerte einen Moment, folgte aber meinem Beispiel und hielt den Mund. Seine schweren Schritte hallten auf der Rampe hinter mir, zuerst noch gedämpft vom Schlamm aber bald metallisch vertraut. Wir waren zuhause.

Sobald sich die Luke hinter uns schloss, stieß ich die Luft durch die Kiemen, die ich unbewusst angehalten hatte. „Ben? Bist Du in Ordnung?"

Sein Gesicht war immer noch ungewohnt farblos. „Aye, Captain, es geht schon. Bloß... diese Frau. Denkst du, dass sie recht hat?"

„Womit? Mit dem Fluch?" Ich streifte meine Maske ab und hängte sie an einen Haken in der Dekontaminierungskammer. Während ich mich aus dem verschmutzen Anzug kämpfte, rief ich die Brücke. „Ich habe gehört, die Fracht sei bereits an Bord. Stimmt das, Nummer Eins?"

"Korrekt, Captain. Hijac bes'sstätigt, dass'ss die Kis'sste im Frachtraum drei gelagert is'sst. Wir ss'sind ss'startklar."

„Wunderbar. Ich bin auf dem Weg zur Brücke. Aalyxh, plotte einen Kurs zum Saragossa-Nebel." Ich wendete mich Ben zu, der gerade mit zusammengekniffenem Mund unsere beiden Anzüge in den Recycler stopfte. „Was auch immer der Fluch deiner Zigeunerdame bedeuten mag. Er bleibt auf Tyrin, zusammen mit dem Schleim. Vergiss ihn einfach und bring deine Motoren in Schwung. Wir haben eine Fracht abzuliefern."

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