Flashback, Taehyung
Ein Jahr verging.
Ich war gerade erst elf geworden, feierte mit ein paar Freunden bei mir zuhause, während meine Mutter uns lachend betrachtete.
Ich denke, als Kind realisierte ich alles garnicht so, wie es wirklich war.
Aber ich hörte, wie meine Mutter abends immer im Wohnzimmer weinte.
Ich merkte, dass sie Nachts oft wach war, anstatt zu schlafen und dass sie sehr unruhig war.
Mein Vater kam ins Gefängnis und somit weit weg von uns.
Doch er konnte noch so weit weg sein, nichts und niemand brachte dies wieder in Ordnung, was er geschehen lassen hatte.
Er hat meiner Mutter das Kind genommen.
Er hat sich sein eigenes genommen und mir meinen Bruder.
Und was er noch genommen hat, war die Chance für meine Mutter, jemals wieder überhaupt ein Baby zu bekommen.
Ich verstand dies damals nicht wirklich, doch ich freute mich sehr, als meine Mutter mit mir darüber sprach, ein Kind zu adoptieren.
Keine paar Monate später, kam der damals einjährige Junho in unsere Familie und meine Mutter schien wieder glücklicher zu werden.
Dennoch trügte der Schein gewaltig, vorallem, wenn man noch so naiv wie ich war.
Sie verfiel eher noch tiefer in ihre Depressionen, von denen ich alles garnichts wusste.
Meine Oma erzählte mir all das erst später.
Wir gingen oft spazieren samt dem Kinderwagen und ich hatte die höchste Freude mit meinem kleinen Bruder.
Ich freute mich über jede kleine Sache, die er erlente. Seien es Wörter oder die ersten Schritte.
Ich erlebte alles mit.
Eines Tages gingen wir wieder spazieren.
Zu dem Platz, an dem wir früher immer waren.
Ich denke, diesen Platz kannten nicht viele, denn der Weg dorthin war sehr verwachsen, doch wenn man sich durch die ganzen Bäume schlang, kam man zu einem großen Steinpfad, bestehend aus vielen anderen Steinen.
Wir stiegen diesen hoch und konnten oben angekommen in die tiefe, dunkle Schlucht blicken.
Meine Mutter hielt uns immer gut fest, damit wir nicht runterfallen konnten und immer wenn wir einen Stein runterwarfen, hörte man nie den Aufprall.
Ganz unten war ein tiefer Fluss und nicht mal dessen Rauschen konnte man aus dieser weiten Entfernung hören.
Ich liebte die Schlucht, auch sie noch so gefährlich war.
Die Farben, die im Herbst und im Frühling dort auftraten, waren wie ein Kunstbild.
Im Frühling waren die Blüten der vielen Bäume weiß und rosa. Die Blumen, die zwischen den Steinplatten wuchsen, waren wie bunte Farbkleckse und der Himmer strahlte in dem wunderschönste Blau, das ich je gesehen hatte.
Im Herbst war alles in ein Gold getaucht und sah sehr edel aus.
Auch in der Schlucht wuchsen allmögliche Steinblumen, die alles ein wenig ungefährlicher erscheinen ließen.
Für mich war in dieser Zeit wieder alles perfekt und ich freute mich auf den täglichen Spaziergang zusammen mit Junho und meiner Mutter zu unserer Schlucht.
Irgendwann aber, während ich in der Schule war und Junho in der Kinderkrippe, ging meine Mutter alleine zur Schlucht...
... doch zurückkommen tat sie nie wieder.