Blutkrone

By Goldenela93

114K 6.7K 840

Lang lebe die Königin! Lächelnd saß sie auf dem Thron, ihre Angst verbergend. Denn sie besaß ein Geheimnis, d... More

|♤|
|Meine Welt|
|2|
|3|
|4|
|5|
|6|
|7|
|8|
|9|
|10|
|11|
|12|
|13|
|14|
|15|
|16|
|17|
|18|
|19|
|20|
|21|
|22|
|23|
|24|
|25|
|26|
|27|
|28|
|29|
|30|
|31|
|32|
|33|
|34|
|35|
|36|
|37|
|38|
|39|
|40|
|41|
|42|
|43|
|44|
|45|
|46|
|47|
|48|
|49|
|50|
|51|
|52|
|53|
|54|
|55|
|56|
|57|
|58|
|59|
|60|
|61|
|62|
|63|
|64|
|65|
|66|
|67|
|68|
Danksagung und Infos

|1|

4.9K 197 55
By Goldenela93

Bild: Emma

Der Wind wehte roh über das Land und die noch so grünen Blätter raschelten und spielten die Melodie, welche Emma so liebte. Auf dem Rücken ihres schwarzen Pferdes ritt sie durch die Felder, genoss die Sonne die sich in ihre feuerroten Haare brannte. Momente wie diese liebte sie. Frei und unbekümmert durch die Landschaft reisen. Zurzeit reiste sie durch das Land Aerugo, welches das große Reich neben Amestria, ihre Heimat, war.

Es würde nicht mehr lange dauern und die kalten Nächte würden ins Land ziehen. Dann würde sie sich wieder heimlich in Ställe schleichen müssen, um dort zu nächtigen. Zurzeit konnte sie in den Wäldern schlafen, solange es warm war und die Erde unter ihr die Wärme beibehielt.

Emma hatte schon lange kein Zuhause mehr und lebte dieses wilde Leben, oder vielmehr Überleben. Ihr Zuhause, so erinnerte sie sich, war vor 3 Jahren angezündet worden und sie war die Einzige aus ihrer Familie, welche die Nacht überlebte. Ihre Schwestern und Eltern starben in jener Nacht. Seitdem hatte sie auch ihren Familiennamen Darc abgelegt und zog als Diebin und Überlebenskünstlerin durch die Länder. Eigentlich hätte sie bereits mit ihren 16 Jahren verheiratet sein sollen, so wie es viele Frauen in ihrem Alter bereits waren. Doch überlebte sie stattdessen, indem sie zur Diebin wurde und sich einzig auf sich konzentrierte. Dafür hielt sie sich an ihren Kodex, um nicht aufzufallen: Nimm dir niemals mehr als du brauchst.

Sie hätte, wie viele andere Frauen die ebenso in einer schwierigen Situation es taten, ihren Körper für Geld verkaufen können, doch gebot ihr Stolz ihr dies nicht zu tun. Ihre Mutter sagte damals immer, dass sie ihr Leben mit Würde und Stolz Leben solle. Auf dem Boden zu schlafen hatte zwar auch nicht viel Würde, allerdings konnte sie behaupten sich selber Ehren zu können.

Diese Nacht wollte sie zum Nonnenkloster Sangheart, welches sich in der Nähe befand. Sie hoffte dort Essen und ein Bett zu bekommen, denn das Sangheart war bekannt dafür Wanderern ihr Mitgefühl und eine Bleibe zu geben.

Emma konnte das Kloster bereits sehen, lächelte und trieb das Pferd unter sich voran. Sie freute sich auf ein Bad und ein Bett. Wie lange sie dies schon nicht gehabt hatte. Zum Glück ist mein Kleid braun, dachte sie. So konnte man nicht die ganzen Flecken sehen, welche die lange Zeit in den Gassen und die Erde unter ihr hinterlassen hatten.

Die Nonnen vor dem Gebäude, in goldenen Gewändern gehüllt als Zeichen ihres Glaubens an den Sonnenlöwen, nahmen die heraneilende Emma wahr, welche vor ihnen stoppte und vom Pferd stieg.

"Guten Tag, werte Gläubige der Sonne. Ich bin von weitem gereist, und bitte um Essen und ein Bett für eine Nacht." erklärte Emma den Frauen, welche skeptisch die Alleinreisende, junge Frau betrachteten.

"Sie können gerne heute Nacht hier nächtigen." gab eine von ihnen Emma die Erlaubnis.

Sie gab das Pferd, das sie insgeheim aus einem Stall gestohlen hatte, an eine Nonne weiter und betrat das Gebäude, welches schlicht gehalten war. Inmitten des Gebäudes waren große Fenster eingefasst, damit viel Licht von draußen hineinleuchten konnte. Emma fand es außergewöhnlich schön. Besonders gefiel ihr die Mosaikarbeit auf dem Boden, welches den Löwen zeigte, der die Sonne verschlang, das Zeichen Aerugos.

Eine Nonne begleitete Emma hinein und führte sie in den Gemeinschaftsraum, indem viele Nonnen gerade unterwegs waren, viele davon in Schürzen gekleidet, was Emma darauf schließen ließ, dass gerade gekocht wurde. Der Duft nach Brot verstärkte ihre Vermutung.

Während Emma an einem Tisch saß, kamen einige neugierige Nonnen auf sie zu und versuchten sie auszufragen: Woher sie denn komme? Warum war sie alleine unterwegs? Wo war ihr Mann?

"Ich bin unverheiratet. Komme aus Rodwig aus dem Land Amestria. Und ich bin auf dem Weg zu Verwandten."

Das letzte war gelogen, doch war dies einfacher als ihnen zu erklären dass sie einfach auf Durchreise war. Als Frau war es sowieso nicht gerne gesehen unverheiratet zu sein, dann sollte sie die Nonnen nicht mit ihrem wilden Dasein provozieren.

Mit einem Mal gab es ein Tumult. Eine junge, bewusstlose Frau, dessen Gesicht hinter einem Schleier versteckt war, wurde von zwei Nonnen durch die Tür getragen. Ihre Kleidung waren in einem satten Rot und prachtvoll verziert. Diese Frau war sicher keine gemeine Frau des Volkes, soviel erkannte Emma sofort.

Instinktiv stürmte sie zu ihnen um zu helfen.

"Was ist passiert?" fragte sie.

Eine der Nonnen antwortete ihr.

"Ich weiß es nicht. Sie kam aus dem Nichts auf uns zu und hat ihr Bewusstsein verloren. Scheinbar ist sie verwundet."

Emma griff der mysteriösen Frau unter die Arme. Sie schlug vor, dass sie zu einem Zimmer geführt wurde, um sie dort abzulegen.

Dort angekommen, bat Emma die anderen Wasser zu holen und etwas zu essen, während sie die Frau niederlag.

Als die anderen aus dem Raum waren, hob Emma ihr den Schleier aus dem Gesicht.

Verwundert, vielmehr erschrocken atmete sie ein. Die Frau sah nahezu aus wie sie. Auch sie hatte lange, rote Haare, die allerdings etwas gepflegter waren als die ihren, und auch ihr Gesicht ähnelte ihrem sehr. Emma fiel noch etwas auf als sie die Frau vor Staunen betrachtete, und zwar eine blutige Stelle an ihrer Stirn. Doch das erstaunlichste war der metallene Gegenstand auf ihrem Kopf. Es schien eine Diadem zu sein.

Vorsichtig rüttelte Emma die Frau an der Schulter, wodurch diese langsam wieder zum Bewusstsein kam.

"W-wo bin ich?" fragte sie mit einer zarten Stimme.

"An einen sicheren Ort. Im Nonnenkloster Sangheart." gab Emma, mit einer kräftigeren Stimme, zur Antwort.

"Können Sie mir sagen, wie Ihr Name lautet?"

"Ich bin Grace." sagte sie und versuchte sich aufzurichten.

Emma griff ihre Schultern und drückte sie zurück ins Bett.

"Bitte bewegen Sie sich nicht zu schnell. Was genau ist mit Ihnen passiert?"

Grace hielt sich an der Seite fest und stöhnte vor Schmerzen.

"Meine Kutsche wurde überfallen. Ich konnte gerade so entkommen."

"Ihre Kutsche? Sie müssen eine wohlhabende Frau sein." und sah zum metallischem Gegenstand auf ihrem Kopf.

Sie lächelte leicht. Ihre dunkelgrünen Augen glitzerten.

"So in etwa. Ich bin die Königin von Amestria. Ich war..." stöhnte sie wieder "...auf dem Weg zum Palast von Aerugo."

Vor Schock erstarrte Emma als sie hörte, wenn sie gerade umsorgte. Es war ihre Königin, Grace Edeens von Amestria!

Zum Glück kamen die Nonnen mit dem Wasser und der Nahrung hinein. Diese waren ebenso überrascht über die Ähnlichkeit der beiden jungen Frauen wie Emma zuvor, welche erleichtert war im Moment nichts sagen zu müssen.

Als sie sich das rote Kleid der Königin genauer ansah, erkannte sie einen großen dunkelroten Fleck, welcher zunächst gar nicht zu erkennen war. Grace hielt ihre Seite fest und stöhnte wieder.

"Sind Sie verletzt? Lassen Sie mich sehen!" sprang Emma auf und griff nach Graces Hand, um die Stelle genauer zu betrachten.

"Mich hat dieser Mistkerl mit einem Schwert erwischt." fluchte die bleich werdende Königin.

"Ziehen Sie sich aus, wir müssen uns die Wunde ansehen." befahl Emma ihrer Königin. Diese sah sie zunächst irritiert an aufgrund der Art wie Emma mit ihr sprach, dann lehnte sie sich jedoch vor und die Nonnen begannen sie auszuziehen.

Die Wunde an Graces Bauch war sehr tief und eine Menge Blut fand ihren Weg hinaus.

Emma hatte schon viele Wunden gesehen, viele auch an ihrer Haut, und wusste wie nah Grace dem Tod war, wenn nicht schnell etwas geschah.

"Wir müssen die Wunde schnell schließen, ansonsten wird es sehr kritisch."

Nervös sah Grace Emma an, realisierte das sie ihr sehr ähnlich sah, denn vorher hatte sie sehr verschwommen gesehen.

"Kannst du mir helfen?" fragte Grace die kühne Frau.

"Ich brauche Nadel, Faden und Alkohol." befahl Emma die anderen zu holen, verwundert über das 'Du' der Königin.

Der Raum wurde schnell wieder leer, die beiden wieder allein. Grace wurde mittlerweile sehr blass im Gesicht. Emma erkannte dies und begann Fragen zu stellen, um sie wach zu halten.

"Was wollten Sie denn im Schloss von Aerugo, eure Majestät?" druckte sie auf die Wunde, von dem das Tuch sich Rot färbte.

"Ich... ich muss zu meinem Verlobten, Prinz Adam Goldan von Aerugo. Diese Ehe könnte unser Land mehr Sicherheit und Schutz bieten. Ich d-denke, dass ein Feind der Krone mich angegriffen hat."

Leise vor sich hin flüsternd sagte Emma: "Muss ja schrecklich sein, nur wegen Politik heiraten zu müssen."

Jedes Wort hörend antwortete Grace lächelnd: "Wie wahr. Ich habe ihn das letzte Mal mit acht Jahren gesehen, danach wurde ich zu meinem Schutz in einem Kloster wie diesen großgezogen."

Leicht errötet darüber, dass die Königin sie gehört hatte, wand sie sich wieder der Wunde zu. Es floss und floss weiter. Es sah schlecht aus für die Königin.

"Sie sind gar nicht wie ich Sie mir vorgestellt hatte." versuchte sie Grace abzulenken.

Bleich lächelte sie darüber. Normalerweise war sie daran gewöhnt, dass sich keiner traute auf Augenhöhe mit ihr zu sprechen. Doch Emma schien anders zu sein. Ihre Ähnlichkeit mit ihr war erstaunlich. Sie hätten Schwestern sein können. Nur die Augenfarbe unterschied sich. Grace hatte dunkelgrüne Augen während Emmas eher braun-gold waren.

"Was war denn deine Vorstellung von mir?" sprach sie leiser als vorher.

"Ich habe gehört, dass sie in Goldkutschen reisen und mit einem komischen Akzent sprechen würden." sagte Emma dann frei raus.

Lachend kniff Grace die Augen zusammen.

"Wie bitte?! Wie kommst du darauf?" lachte sie weiter.

Emma begann mit zulachen. Obwohl die Situation ernst war, fühlte es sich für Emma an mit einer Art Freundin zu lachen.

Stöhnend hörte Grace auf zu lachen. Die Schmerzen schienen schlimmer zu werden.

Wo blieben nur diese Nonnen? fragte sich Emma nervöser. Die Königin schien immer schwächer zu werden.

Endlich kamen die Nonnen und brachten die gewünschten Materialien, und begannen an Grace zu arbeiten. Zitternd sah Emma zu. Die Königin durfte nicht sterben, denn dann würde Amestria Erben los zurückbleiben und ohne Schutz vor Dracma, welches ihr Land immer mehr einzunehmen drohte. Emma sah immer mehr Armut und Hunger unter dem Volk und somit mehr Wut. Es kamen schon zu Aufstände, was Stabilität brauchte um sie zu kontrollieren. Allerdings hatte Grace bereits sehr viel Blut verloren. Ob sie es schaffen würde?

Die Wunde war nun geschlossen.

Emma schlug vor auf Grace weiterhin aufzupassen, da sie sich auf einer Art für sie verantwortlich fühlte. Die alten Frauen stimmten ein und Emma setzte sich zu Grace ans Bett.

"Es sieht nicht gut für mich aus, nicht wahr? Bitte sei ehrlich." fragte Grace mit schwacher Stimme.

"Sie möchten meine Ehrlichkeit, eure Majestät?"

"Bitte nenn mich Grace." bot sie an. Dann fiel ihr etwas ein. "Ich weiß ja gar nicht wie dein Name lautet?"

"Emma."

"Aha, Emma."

Grace sah sie sehr direkt an. Ihr Blick duldete keine Lüge. Emma verstand dies, denn die Zukunft des Landes hing davon ab.

"Ganz ehrlich, es steht eher schlecht um Sie. Sie haben sehr viel Blut verloren." deutete Emma auf die vollgesogenen Tücher auf dem Boden.

Tränen bildeten sich in den Augen der Königin.

"Nein, ich darf noch nicht sterben. Nicht jetzt. Ich habe noch so viele Pflichten." wollte sie aus Entrüstung eigentlich schreien, doch verweigerte ihr Körper ihr diesen Dienst.

Sie spürte die Schwere, die bereits auf ihrem Körper lastete. Es blieb ihr wahrlich nicht viel Zeit.

Wie sollte sie ihrem Land dienen, wenn sie unter der Erde lag? Dann hatten ihre Feinde gewonnen, und das konnte sie unter keinen Umständen hinnehmen.

Ihr Blick fiel auf Emma. Sie war ihr unglaublich ähnlich. Das brachte die Königin auf eine Idee. Eine waghalsige, ja tödliche Idee für Emma. Doch blieb ihr nicht viel Zeit für andere.

"Emma, ich werde wie es scheint nicht mehr lange leben." sagte sie ernst und Emma hörte etwas raus, was sie sehr nervös machte.

"Ich weiß, ich werde etwas sehr furchtbares verlangen. Die Ähnlichkeit zwischen uns beiden ist jedoch unbestreitbar."

"Worauf wollen Sie hinaus?" betrachtete Emma die sterbende Frau.

"Ich möchte, dass du meinen Platz, meinen Namen und meine Krone annimmst und das Land regierst."

Vor Schock sprang Emma auf. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein?!

"Sind Sie noch bei Sinnen?! Das wird nicht funktionieren! Niemals!"

"Mir bleibt keine andere Wahl. Mein Land braucht eine Königin, ansonsten ist es dem Untergang geweiht."

Sehr wohl verstand Emma die Situation. Doch vieles sprach dagegen.

"Bitte sehen Sie mich genau an. Mein ganzer Körper ist von Narben besetzt, meine Hände rau und ich habe nie all das gelernt, was als Königin erforderlich ist. Ich werde auffliegen. Spätestens sobald der Prinz meinen Körper sehen sollte. Das wird mir den Kopf kosten."

Grace verstand ihre Sorge. Den Raum absuchend entdeckte sie Pergament und Feder.

"Bitte reich mir dies." und deutete auf die Gegenstände.

Wie gefordert gab Emma ihr dies, sich fragend was Grace vorhaben könnte.

Sie schrieb mit zitternder Hand. Dann fragte sie nach der Kerze neben dem Tisch. Grace tropfte den Kerzenwachs auf das Pergament und drückte ihr Ring hinein, ihr Siegel. Ein Phönix in Flammen. Das Symbol von Amestria.

"Hier. Das sollte dir Sicherheit bieten."

Das Stück fassend las Emma.

Ich, Königin Grace Edeens von Amestria, liege im Sterben.

Mit meiner Einwilligung gebe ich die Krone an Emma weiter, um über mein Volk zu regieren.

Ich bitte um Gnade für Sie und um Hilfe, dass sie eine wahre Königin werden möge.

Eure Königin

Grace Edeens von Amestria

"Das wird nicht ausreichen, meinen Sie nicht?" versuchte Emma sie umzustimmen.

"Meine Hofdamen werden dir zur Seite stehen. Zeige Ihnen dies, sollten sie Verdacht gegen dich hegen."

"Wie lauten denn ihr Namen? Und kann ich ihnen trauen? Was ist wenn sie mich verraten?"

"Das werden sie nicht." gab Grace ihr ihr Wort.

"Lydia Rose, Andrea Stuart und Elisa Godwig. Die loyalsten und stärksten Frauen, die du dir vorstellen kannst."

Emma konnte dem nicht so wirklich glauben schenken. Schließlich handelte es sich ja hierbei nicht um eine kleine Lüge, sondern um ein Betrug der Krone, ja sogar Volksverrat.

"Sie werden es mir nicht übel nehmen können, dass ich dem eher abgeneigt bin. Was ist wenn mich jemand Dinge aus der Vergangenheit fragt? Wie soll ich darauf antworten?"

Graces Stimme begann immer mehr zu brechen und leiser zu werden.

"Amnesie..."

"Wie meinen Sie das?" fragte Emma hektisch, merkend dass Grace immer schwächer wurde. Sie würde es wirklich nicht überleben.

"Das d-du eine Kopfwunde erlitten hast und... und dich an nichts mehr außer deinem Namen erinnern kannst."

Die Idee, so fand Emma, war nicht schlecht. Doch schrie alles in ihr es nicht zu tun.

"Ich möchte dies wirklich nicht..." stockte sie als sie sah, dass Grace nicht mehr die Augen offen hielt. Panisch ergriff sie ihre Hand.

"Eure Majestät? Grace?!"

Die Worte kamen sehr leise raus. Es waren die letzten der Königin.

"Sei eine Königin, wie unser Land es verdient, Emma."

Die Hand in Emmas wurde schlaff. Die Königin, ihre Königin, war von ihnen gegangen. Geschockt sah Emma auf Grace, welche ihre Augen geschlossen hatte und eine letzte Träne ihren Augen wich.

Nun musste sich Emma schnell entscheiden, bevor jemand den Raum betrat. Würde sie den letzten Willen von Grace erfüllen oder in ihren Wäldern verschwinden und zusehen wie Amestria auf sich gestellt war?

"Verdammt!" fluchte sie. Sie wusste es gab nur eine richtige Antwort, auch wenn sie ihr Tod bedeuten würde.

Wenn sie jetzt Grace Identität annehmen sollte, brauchte sie auch ihre Wunden, dachte Emma. Auf dem Tisch lag ein scharfes Messer. Mit zittriger Hand nahm sie diese und fügte sie an derselben Stelle wie Grace eine Wunde im Bauch zu. Allerdings nicht so tief wie die ihre. Dann nahm sie Nadel und Faden und biss ihre Zähne zusammen, um nicht aufzuschreien. Jetzt würde sie sich eine Kopfwunde zufügen müssen, sodass sie eine Amnesie vortäuschen konnte. Sie hatte furchtbare Angst.

Sie nahm sich einen Stein, versuchte nicht zu viel nachzudenken und schlug sich am Haaransatz eine Platzwunde. Mit gewaltiger Kraft biss sie ins Kissen, um ihren Schrei abzudämpfen. Es schmerzte, doch ebbte dieser zum Glück ab.

Nun brauchte sie nur noch das Kleid, den Ring und ihre Krone anziehen, und Grace ihr Kleid überzuziehen. Sie hatten die gleiche Größe, was die Sache vereinfachte. Sie versteckte das Pergament, das nun ihr Leben bestimmte, ins Korsett, damit es keiner versehentlich fand.

Traurig sah Emma zu ihrer Königin. Jetzt musste sie etwas furchtbares tun. Den Körper der Königin vernichten. Emma begann zu weinen, bitterlich zu weinen. Sie war eine Diebin, doch ein Monster war sie nicht. Dennoch blieb ihr keine Wahl, wenn Graces Wunsch wahr werden sollte.

"Es tut mir so unendlich leid, Grace."

Den Körper der Königin legte sie auf dem Boden. Sie sah jetzt aus wie Emma, mit dem braunen, dreckigen Kleid.

Emma ging zur Kerze, sah die Königin noch einmal an und sagte: "Bitte mögest du nicht falsch liegen, Grace."

Mit der Kerze in der Hand begann sie den Bettbezug, die Gardinen und schließlich Grace anzuzünden.

Weinend sah sie zu, bis der ganze Körper mit Flammen bedeckt war. Der Raum brannte nun lichterloh und Emma rannte hinaus. Ihr Kopf und ihre Seite schmerzten, doch ihr Herz schmerzte mehr. Jetzt gab es kein Zurück für sie.

Die Nonnen sahen sie, griffen sie an den Armen, um sie aus dem brennenden Gebäude zu leiten.

"Sie müssen schnell hinaus! Ihnen darf nichts geschehen!"

"Verlasst alle das Gebäude! Es ist zu gefährlich!"

Alle Frauen und Kinder des Klosters rannten hinaus. Das Feuer breitete sich aus und ein Flammenmeer war ihr Ergebnis. Entsetzen und Trauer waren zu hören.

Emma griff ihre Seite, die mehr zu Schmerzen begann. Feuer schien ihr Leben zu bestimmen.

Aus der Ferne ritten nach mehreren Stunden Männer heran, Soldaten Amestrias.

"Wir suchen unsere Königin! Habt ihr sie gesehen?" rief einer von ihnen.

Emma, die wie betäubt die Flammen weiterhin angestarrt hatte, regte sich. Jetzt war ihr Moment.

Sie wand sich vom Feuer ab, ging langsam Richtung Soldaten.

"Ich bin hier." sagte sie zunächst leise. Sei eine Königin, könnte sie schwören Grace zu hören.

Dann sagte sie lauter, entschlossener:

"Ich, Grace Edeens von Amestria, bin hier. Bringt mich zum Palast in Aerugo."

♤♤♤♤
Ich hoffe sehr, dass erste Kapitel gefällt euch. :)
Über Kommentare und Anmerkungen würde ich mich sehr freuen, damit ich weiß, wie es euch gefällt.

Und danke für's lesen. Das bedeutet mit viel.

Eure Goldenela93

Continue Reading

You'll Also Like

46.1K 3.6K 61
Als die junge Heilerin Rûna von ihrem Dorf als Götteropfer über den Rand einer Klippe gestoßen wird, hat sie bereits mit dem Leben abgeschlossen. Ver...
89.8K 12.5K 200
In einer nicht all zu fernen Zukunft schuftet sich Bahe jeden Tag ab, um seine Familie unterstützen zu können, die unter enormen Schulden leidet. Doc...
63.6K 4.3K 46
Die Versklavung ihrer gesamten Nachkommenschaft. Dies waren die Konsequenzen für Briana Henotellos mitwirken beim Aufbau eines totalitären Regimes. I...
1.7M 124K 157
Fünf Elemente. Eine Schule. So heißt es zumindest. Was kaum einer weiß: Auf dieser Welt gibt es so viel mehr. Und es hängt mit der Vergangenheit der...