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~~~~~~~~~~Emmas Sicht~~~~~~~~~~
Die Nacht war eine harte gewesen. Hart zum einen, da Adam in seinem alten Gemach geschlafen hatte und Emma ihn insgeheim vermisste; obwohl sie den Abstand wollte, um über alles nachdenken zu können. Zum anderen, weil Devirs Kopf sie in ihren Träumen plagte und sie es dann vermied wieder einzuschlafen.
Dementsprechend sah Emma die Sonne aufgehen und fürchtete sich vor diesen Tag. Sie hatte sich entschlossen Adam die Wahrheit zu sagen. Dies klang zunächst ziemlich einfach, war es jedoch absolut nicht. Die ganze Zeit hatte sie ihn belogen und sie wusste nicht, ob Adam ihr dies verzeihen konnte. Vor allem nicht, wenn sie dies mit der Absicht verfolgte, Adam zu verletzen, sein Vertrauen zu zerstören, eine Narbe zu hinterlassen.

Zwei Zofen halfen ihr beim Ankleiden. Diesmal trug Emma ein silber-graues Kleid, welches über und über mit Spitzen versehen war und aus einem dichten Material bestand. In dem Kleid würde sie nicht so schnell frieren. Ihre Haare trug sie offen und ihre langen, roten Locken bildeten den Kontrast zum Kleid. Als Krone wählte Emma ein dezentes Diadem in dem Lilien eingearbeitet waren. Im Spiegel sah ihr eine Königin entgegen, doch innerlich steckte eine besorgte junge Frau, welche sich vor ihrem nächsten Schritt fürchtete.

In ihrem Gemach wartend, starrte Emma aus dem Fenster raus, dankbar für diesen Hausarrest, um sich nicht am Hofe blicken lassen zu müssen. Nervös zitterten ihre Hände und sie malte sich bereits mehrere Szenarien aus, wodurch ihre Furcht anwuchs.
Wie sollte sie überhaupt beginnen? Wie sollte sie es sagen? Was genau sollte sie sagen? Was würde er sagen?

"Verdammt!" fluchte Emma und schlug gegen die Scheibe, wieder und wieder mit ihrer verwundeten Hand, sodass diese wieder zu bluten begann und ihr Verband verfärbte.
Ich habe solche Angst, gestand sie sich ein und versuchte sich zu erinnern, wann sie jemals solche verspürt hatte. Es gab keinen Moment der diesen nur annähernd ähnelte. Sie wurde entführt, beinahe umgebracht, hatte Jahre alleine gelebt und dennoch hatte sie keine solche Furcht verspürt.

An der Tür klopfte es und Emma verspannte sich sofort. Sie wusste, dass es Adam war. So trat er ein und fragte, ob sie mit ihm zum Essen kommen wolle. Wie gerne Emma das wollte. Den Moment hinaus zögern und allem entfliehen.
Ihre Fäuste ballend stand Emma auf.
Beruhige dich, befahl sie sich und drehte sich zu Adam um, der sie mit einem sanften, entschuldigenden Blick ansah. Diesen Mann, der alles für sie tat und der sie liebte, diesen Mann würde sie nun verletzen.

"Adam, wir müssen reden." zitterte Emmas Stimme und sie ballte ihre Fäuste stärker, um sich zu beruhigen.

"Was ist los?" war Adam sofort besorgt und ging auf sie zu, wollte ihre Hand in seine nehmen, sie instinktiv schützen.

"Bleib bitte stehen." hob Emma ihre Hand und Adam tat wie gebeten.

"Grace, was ist mit dir? So kenne ich dich gar nicht."

Emma schluckte.
Genau das ist es. Du kennst mich eigentlich gar nicht, dachte sie und schloss ihre Augen.
"Kannst du dich an unser Gespräch nach Bradleys Gefangennahme erinnern." begann sie und hatte das Gefühl als sei dies Jahre her und nicht erst ein Monat.

Adam nickte und fokussierte sie mit seinen braunen Augen, welche so sanft sein konnten oder so intensiv wir Feuer.

"Ich sagte dir, dass ich es dir irgendwann erzählen würde. Heute ist es soweit." klang ihre Stimme fester. Der erste Schritt war getan, es gab kein zurück.

"Grace, du machst mir gerade Angst. Sag mir was los ist."

Eine Antwort ließ Emma aus, wies ihn an seinen Mantel zu nehmen und er ihr ohne Wachen folgen und keine Fragen stellen solle.
Emma suchte die Gärten auf und steuerte ein Ziel an: die Eiche.
Seltsam das dieser Platz jedes Mal Zeuge von Emma und Adam wurde. Von ihrem ersten Gespräch untereinander, von ihrem ersten Streit und nun von dem was nun bevor stand. Ein stummer Zeuge, der ihr auf eine Weise halt gab, die sie selber nicht klar benennen konnte.
Vor diesen blieb sie stehen, umringt vom Schnee und einer dichten Wolkendecke.

Blutkrone Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt