Man lebt nur zweimal [Dracula...

By VampireNavari

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[Dracula Untold] "Warum sehen wir dieses Leben als einzigartig an, wenn es doch aus dem vorigen erwächst?" Vl... More

1 - Albträume
2 - Dinner
3 - Die Reise
4 - Ankunft
5 - Aufbruch
6 - Die Burg
7 - Es werde Nacht
8 - Träume?
9 - Vergangenwart und Gegenheit
10 - Zwischenfälle
11 - Nachwirkungen
12 - Traum oder Trauma?
13 - Unwetter
14 - Zufälle?
16 - Vorfreude
17 - Vorbereitungen

15 - Enthüllungen

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By VampireNavari

>> Vlad Țepeș <<  

Es war also tatsächlich passiert. Wie hatte ich nur glauben können, dass ich mein Geheimnis bewahren könnte? Vor allem angesichts des Ortes, an dem wir uns gerade befanden. Ich schäumte vor Wut. Nicht nur auf Alex, sondern auch auf mich selbst. Wie hatte ich nur so dumm sein können?

Ich spürte die unangenehme Präsenz des Kreuzes nah an meinem Gesicht und konnte ein wütendes Knurren nicht unterdrücken. Sämtliche noch verbliebene Farbe wich aus Alex' Gesicht. "B-bleib zurück!", schrie er mir entgegen.

Ich war vollkommen hilflos. Was sollte ich jetzt tun? Ihn einschüchtern? Ihn beruhigen? Würde irgendetwas dazu führen, dass er mich wieder wie vorher behandelte? Nein, das ganz sicher nicht. Aber ich musste dafür sorgen, dass er meine Lage verstand und keine Angst vor mir hatte. Nur wie zur Hölle sollte ich das erreichen?

"Alex...", setzte ich vorsichtig an, nachdem ich meine Fangzähne zurück in meinen Gaumen gezwungen hatte. Vergeblich versuchte er, sich noch weiter in die Wand zu pressen. "Keinen Schritt weiter! Ich warne dich!", rief er mir mit zittriger Stimme entgegen und klang dabei nicht halb so tapfer, wie er es vermutlich gehofft hatte. Ich versuchte, eine entspanntere Haltung einzunehmen, um ihm so vielleicht zu zeigen, dass ich ihm nichts antun wollte. Allerdings fiel mir das bei meiner derzeitigen Anspannung alles andere als leicht. Ich musste all meine Konzentration zusammennehmen, um mich zu beruhigen. Das laute Pochen von Alex' Herz und sein rauschendes Blut machten die Situation nicht gerade besser.

"Alex, hör mir zu, ich will dir nichts tun!", fing ich noch einmal an. Ich versuchte, das Kreuz dabei so gut es ging auszublenden um ihm direkt in die Augen zu sehen. Nach kurzer Zeit musste ich  mich aber doch wieder abwenden, da meine Augen zu tränen anfingen. Ironisches Schnauben. "Ja, genau, und ich bin der Weihnachtsmann!", rief mir der verängstigte Archäologe entgegen. "Du bist verdammt nochmal der verfickte Dracula! Du bist nicht mal ein Mensch!"

Wieder konnte ich ein wütendes Knurren nicht unterdrücken. Dieses Mal allerdings klang es mehr wie ein wütendes Schnauben. "Habe ich jemals etwas unmenschliches getan? Habe ich irgendjemandem von euch Schaden zugefügt? Nein, das habe ich nicht! Du kennst mich nicht! Also glaub ja nicht, dass du einfach so über mich urteilen kannst!", donnerte ich ihm entgegen. Von meinem plötzlichen Wutausbruch schien Alex überrascht zu sein, denn er zuckte bei jedem meiner Worte zusammen. Sein Herzschlag schaltete in den Turbo. 

Scheinbar hatte ich ihn ein wenig (oder eher ein wenig mehr) aus der Fassung gebracht. "A-Aber...", fing diesmal er an zu sprechen. "Du bist ein blutrünstiges, mordendes Monster! Du...du tötest Menschen! Und...und..."

Sein Zögern gab mir ein wenig neue Hoffnung. Offenbar fielen ihm keine weiteren Anschuldigungen gegen mich mehr ein. Das wertete ich als etwas Positives. Obwohl mir im Moment wirklich nicht nach Optimismus zumute war.

Ich seufzte und hielt meinen Blick weiterhin abgewandt, da Alex mir immer noch das Kreuz entgegenstreckte. "Das war vor sehr langer Zeit. Ich bin nicht mehr derselbe wie damals.", stellte ich klar. Noch während ich dies jedoch aussprach, hörte ich eine kleine innere Stimme so etwas flüstern wie: 'sagte der, der sich in die Reinkarnation seiner verstorbenen Frau verliebt hat'. Ich ignorierte sie geflissentlich. "Würdest du jetzt bitte das Kreuz runternehmen? Ich bekomme Kopfschmerzen davon.", bat ich höflich.

"Ist das ein Trick? Versuchst du mich zu manipulieren, damit ich meine Verteidigung aufgebe?", warf Alex mir vor. Ich biss die Zähne zusammen. Er war jedenfalls nicht leicht zu überzeugen.

"Nein, das ist kein Trick. Ich bin immer noch derselbe, mit dem du den letzten Monat verbracht hast. Nichts hat sich geändert.", versuchte ich ihm gut zuzureden. Seine Atmung war immer noch flach. Er schluckte schwer. 

"Wie kann ich beweisen, dass ich dir nichts Böses will?", fragte ich beinahe flehentlich. Ich hatte wirklich absolut keine Lust darauf, diese Situation mit Gewalt zu regeln und dann hinterher womöglich noch Alex' Tod erklären zu müssen. Nein, das musste ich um jeden Preis verhindern. Außerdem war Alex in der kurzen Zeit, in der ich ihn kannte, fast zu einem Freund geworden. Und seine Freunde ließ man nicht im Stich.

Erstaunlicherweise beruhigte sich Alex ein wenig. Das Kreuz sank einige Zentimeter gen Boden, blieb aber dennoch gegen mich gerichtet. "Ich...ich weiß nicht...", antwortete Alex mir zerstreut. Ich konnte die Räder in seinem Kopf beinahe quietschen hören. Offenbar versuchte er, einen Grund zu finden, mir nicht zu trauen. Aber ich hatte wirklich nichts getan, was mich Böse erscheinen lassen würde. Also musste er mir doch früher oder später vertrauen, oder nicht? 

"Du...du hast in der Tat nichts getan, was deine Worte unglaubwürdig erscheinen lassen würde...", setzte Alex erneut an. Ich erinnerte mich selbst daran, mich nicht zu früh zu freuen. Alex atmete einmal tief durch. "Versprich mir, dass du mich nicht umbringst oder sontswie verletzt, wenn ich das Kreuz runternehme!", verlangte er. Mit größter Freude gab ich ihm dieses Versprechen.

"Ich verspreche es, bei meinem Leben.", sagte ich feierlich. Einige quälend lange Augenblicke verharrte Alex, noch immer flach atmend, in seiner Position. Dann, ganz langsam, löste er sich von der Wand und steckte das Kreuz zurück in seine Jacke. Ich atmete erleichter auf. "Danke", sagte ich und meinte es auch so.

Vorsichtig trat ich einen Schritt auf Alex zu. Es kostete ihn augenscheinlich große Mühe, nicht vor mir zurückzuweichen. Langsam streckte ich ihm meine Hand entgegen. "Ich halte meine Versprechen. Immer.", sagte ich ernst. 

Einen Moment lang dachte ich, dass Alex die angebotene Hand nicht nehmen würde. Doch dann hob er seine zitternden Hand und schlug bei mir ein. "Ich hoffe, ich werde das nicht bereuen", sagte er mehr zu sich selbst als zu mir. "Wirst du nicht", antwortete ich dennoch.

Ein erleichtertes Lächeln umspielte meine Lippen. "Lass uns aus diesem dunklen Keller rausgehen. Ich finde die Atmosphäre hier unten sehr erdrückend.", sagte ich und löste meine Hand von der seinen. Damit drehte ich mich um und machte mich daran, die rutschige Leiter hinaufzuklettern.

~*~

Oben angekommen stellte ich erleichtert fest, dass der Sturm vorüber war. Ich hatte meine Gefühle wieder so weit ordnen können, dass nun lediglich dicke Wolken die Sonne verhangen. Wieder glaubte ich fast, dass Alex mir nicht folgen würde, aber nach einigen Minuten hörte ich ein metallisches Klappern und sah Alex aus dem Zelt über der Öffnung herauskriechen. An seinen Gürtel hatte er die vielen Lampen geschnallt.

Er war immer noch ziemlich außer Atem und sein Puls war immer noch erhöht, aber längst nicht mehr so wie vorhin. Erleichterung durchströmte mich. Wer hätte gedacht, dass sich das alles doch noch zum Guten wenden würde?

Alex kam auf mich zu und beäugte mich misstrauisch. "Ich finde, ich habe ein paar Antworten verdient. Also, leg los.", sagte er. Ich zog eine Augenbraue hoch. "Wie bitte?", fragte ich. Alex legte die Stirn in Falten. "Naja, du hast mir gerade mehr oder weniger offenbart, dass wer du bist. Und immerhin bist du Dracula, der gottverdammte, untote Fürst von Transsilvanien! Also erwarte ich jetzt einige Erklärungen!"

Ich seufzte. "Ja, ich bin in der Tat der, den ihr heutzutage als Dracula kennt. Aber ich verwende diesen Namen schon seit sehr langer Zeit nicht mehr.", sagte ich. "Und ich bin definitv nicht so, wie es in diesen ganzen neumodischen Vampirfilmen dargestellt wird", fügte ich ein wenig angewidert hinzu.

"Also bist du wirklich ein Vampir, hm?", fragte Alex mit großen Augen. "Ja, leider entspricht auch das der Wahrheit.", antwortete ich ein wenig kurz angebunden. "Krass", war alles, was Alex vorerst dazu zu sagen hatte. Wieder hob ich eine Augenbraue. "'Krass'?", fragte ich ein wenig belustigt. Alex wurde ein wenig rot. "Naja, ich weiß nicht so recht, was ich dazu sagen soll. Ich meine, es passiert nicht jeden Tag, dass du herausfindest, dass es Übernatürliche Wesen und den ganzen Kram gibt. Scheiße Mann, meine ganze Weltsicht wurde gerade auf den Kopf gestellt!", rief er mir entgegen. Irgendwie klang es ein wenig vorwurfsvoll.

"Nun ja, wenn es nach mir gegangen wäre, dann hätte keiner von euch es je herausgefunden", sagte ich ernst. Ich nahm mir einen Plastikstuhl und beudeutete Alex, auf dem gegenüberliegenden Platz zu nehmen.

"Aber wieso? Und was machst du überhaupt hier? Vor allem mit uns? Was hast du vor?", sprudelte Alex auf einmal hervor. Offenbar hatte er seine Angst überwunden und strotzte jetzt nur so vor Neugierde. 

Ich überlegte, ob ich ihm die Warheit sagen sollte. Was würde er von mir denken? Andererseits würden weitere Lügen nur zu weiteren Komplikationen führen. Einen Augenblick lang war ich hin- und hergerissen. Doch ich entschied mich für die Wahrheit.

"Wegen Mina.", sagte ich schlicht. Alex machte einen verwirrten Gesichtsausdruck. "Wegen Mina? Wieso? Hast du dich in sie verliebt, oder was?", fragte er misstrauisch. Immerhin war Mina eine gute Freundin von ihm und er wollte sie vor möglichen Beziehungsdramas beschützen. Ich sah ihn ernst an. "Scheiße, du hast dich echt in sie verliebt!", las er aus meinem Blick.

"Ich fürchte, es ist etwas komplizierter als das.", antwortete ich darauf. "Wieso?", wollte Alex wissen. Ich zögerte. Gab es irgendeinen Weg, die Tatsachen so zu erläutern, dass ich nicht wie ein Verrückter aussah? Vermutlich nicht. Aber hey, ich war ein über 500 Jahre alter Untoter, wie viel Schlimmer konnte es da noch werden?

"Bevor ich das wurde, was ich jetzt bin, hatte ich eine Familie. Ich hatte eine Frau und einen Sohn. Natürlich sind sie heute alle längst tot und begraben. Also, das dachte ich zumindest", sagte ich, zugegeben, ziemlich kryptisch. Es war aber halt auch schwer zu erklären. 

"Wie jetzt, das dachtest du? Sind die etwa auch Vampire geworden und du wusstest das nicht?", fragte Alex. Kurz darauf nuschelte er noch: "Ich hätte nie gedacht, dass ich sowas mal sagen würde." Das ließ mich schmunzeln. "Nein, das sind sie nicht.", anwortete ich. "Weißt du, wie Mina und ich uns kennengelernt haben?", fragte ich dann. Alex musste kurz überlegen. "Ich glaube, Mina hat mal erzählt, dass du sie auf dem Markt angesprochen hast.", sagte er. Ich nickte zustimmend. "Ja, in der Tat. Aber ich habe sie nicht einfach nur angesprochen, weil sie besonders gut aussah." Wieder zögerte ich. Ich atmete einmal tief durch. "Ich habe sie angesprochen, weil sie exakt so aussieht wie meine verstorbene Frau."

Stille.

"Wow", sagte Alex dann. "Das ist...abgedreht." Ich sah in an. "Ich weiß. Und ich hatte es ja selbst kaum glauben können. Deshalb habe ich den Kontakt zu ihr gehalten, um herauszufinden, ob sie nicht doch irgendwie meine Mirena ist. Aber je mehr Zeit ich mit ihr verbrachte, umso deutlicher wurde es, dass sie nicht meine Frau ist. Auch wenn sie, abgesehen vom Aussehen, viele Gemeinsamkeiten haben, ist Mina doch in so vielen Dingen anders als Mirena...", antwortete ich nachdenklich. Ein trauriger Schatten verdunkelte meine Augen.

"Der Name deiner Frau war Mirena?", fragte Alex dann. "Ja, wieso?" Er schien zu überlegen. "Es ist schon ziemlich lange her, aber ich glaube, dass Mina mir mal was von einer Mirena erzählt hat. Ich glaube, sie hat von ihr geträumt oder so was...", erklärte er mir. Meine Augen weiteten sich. "Hälst du es für möglich, dass sie sich an ihr vergangenes Leben erinnert hat?", fragte Alex.

"Ich habe mir selbst schon oft die gleiche Frage gestellt. Es ist schon ein paar Mal vorgekommen, dass ich dachte, dass nicht Mina, sondern Mirena gesprochen hat. Und dann hat sie mir von einem komischen Traum erzählt, der wohl auch etwas damit zu tun hatte.", überlegte ich laut. "Dazu kommt ja auch noch, dass Mina im Kellergewölbe ohnmächtig geworden ist.", ergänzte Alex. "Vielleicht war ja das der Grund für ihr Koma! Vielleicht war ihr Gehirn einfach mit den Erinnerungen an ihr vorheriges Leben überfordert?", schlussfolgerte Alex.

"Warum sehen wir dieses Leben als einzigartig an, wenn es doch aus dem Vorigen erwächst?", murmelte ich. "Was?", fragte Alex verwirrt. Ich lächelte leicht. "Das war unser Eheschwur. Warum sehen wir dieses Leben als einzigartig an, wenn es doch aus dem Vorigen erwächst? Für die, die sie brauchen, ist die Zeit immer zu kurz. Aber für die, die lieben, währt sie ewig. Und zufälligerweise ist das auch Minas Lieblingsgedicht."

Alex massierte sich die Schläfen. "Oh man, ich bekomme Kopfschmerzen. Und dabei weiß ich erst seit nicht mal 15 Minuten davon!", stöhnte er. Dann riss er plötzlich die Augen auf. "Was wird erst Mina dazu sagen, wenn sie es erfährt!", rief er. Ich sah ihn ernst an. "Nichts. Denn sie wird es nicht erfahren. Unter keinen Umständen.", sagte ich mit unbeabsichtig bedrohlichem Unterton in der Stimme. Alex nickte dennoch zustimmend. "Ja, das wird vermutlich das Beste sein...", sagte er.

Ich atmete tief ein und aus. "Wunderbar. Da das jetzt geklärt ist, können wir uns ja auf den Rückweg machen. Wenn ich mich recht erinnere, hast du einen ziemlich panischen Eindruck auf Mina gemacht, den wir jetzt irgendwie erklären müssen. Außerdem werde ich langsam hungrig." Zum Ende des Satzes wurde ich immer leiser. Dass ich langsam hungrig wurde war übrigens eine absolute Untertreibung. Nachdem die Aufregung meinen Hunger hatte aufflammen lassen, sah er es gar nicht ein, wieder zu dem gewohnten nagenden, aber nicht quälenden Gefühl in meiner Magengegend zurückzukehren. 

Alex sah mich erschrocken an. "Und mit hungrig meinst du...", fing er an. Ich sah ihn ernst an und vermutlich flackerte ein roter Schimmer über meine Augen. "Sprich es aus. Du weißt es doch sowieso schon.", verlangte ich von ihm. Wieder schluckte er schwer. "D-du meinst du...brauchst...Blut...?", brachte er endlich heraus, obwohl es eher eine Frage als eine Feststellung war. Ich wandte meinen Blick nicht ab. "Leider", war das einzige, was ich darauf antwortete. Alex zuckte dennoch zusammen und er sah aus, als stünde er kurz vor einem Nervenzusammenbruch.

"R-richtig...", stotterte er dann irgendwann. "Also wirst du dir dann jemanden suchen und...ihn....einfach leertrinken?", fragte er mit zitternder Stimme. Wieder stand ihm der Schweiß auf der Stirn und seine anfängliche Angst schien zurückgekehrt. Endlich erlöste ich ihn aus unserem Blickduell, indem ich mich langsam abwandte. "Nein. Ich töte keine Menschen mehr. Ich habe vor langer Zeit gelernt, nur das zu nehmen, was ich brauche, nicht, was ich gern hätte.", erklärte ich und versuchte Alex damit ein wenig zu beruhigen. Er stieß laut die Luft aus. "Scheiße man, ich komm grade echt nicht mit dieser Situation klar...", sagte er. Ich nickte ihm abwesend zu. "Das glaube ich dir aufs Wort."

~*~

Ich hatte mich noch eine ganze Weile mit Alex unterhalten und auch angeschwiegen, bis er endlich mit mir zurück zum Dorf geritten war. Die Nacht war bereits hereingebrochen und zum ersten Mal an diesem Tag war der Himmel klar. Die kühle Nachtluft kitzelte in meinen Lungen und schien meinen Körper und meinen Geist gleichsam zu beruhigen.

"Es wird eine Weile dauern, bis ich mich daran gewöhnt habe", sagte Alex plötzlich in die Stille hinein. Den ganzen Weg zurück hatten wir kein Wort gewechselt, jeder hing seinen Gedanken nach und versuchte, mit der neuen Situation klarzukommen. Ich seufzte. "Das kann ich verstehen. Nimm dir alle Zeit, die du brauchst. Aber versprich mir bitte, dass du Mina nichts erzählen wirst.", antwortete ich darauf. Alex schnaubte. "Nein, ganz sicher nicht. Ich will nicht, dass die Arme einen Nervenzusammenbruch erleidet."

Danach herrschte wieder Stille, bis wir unsere Pferde in den Stall gebracht hatten und zu meinem Auto gegangen waren. "Hey Vlad", sagte Alex noch kurz bevor ich in mein Auto einstieg. "Ja?" Er druckste ein wenig herum. "Trotz allem, was heute geschehen ist, und was ich erstmal verarbeiten muss, möchte ich dir dennoch für deine Ehrlichkeit danken. Es war sicher nicht leicht für dich, über all das zu sprechen. Also...einfach danke.", sagte er unverhofft. Dann drehte er sich um und ging in Richtung der Pension davon, die Hand noch zum Abschied gehoben. "Ich melde mich, wenn ich...mich mit dem ganzen ein wenig abgefunden habe!", rief er mir noch zu. Dann betrat er das Pensionsgebäude.

Ich musste lächeln. Niemals hätte ich mir erträumt, dass es so gut hätte laufen können. Und über Alex' Offenheit freute ich mich insgeheim auch mehr, als ich jemals zugeben würde. Womöglich war das ja der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.

Ich stieg in mein Auto ein, wobei mein Blick direkt auf mein Handy fiel, das ich auf dem Beifahrersitzt liegengelassen hatte. Nach dem Betätigen der "Entsperren"-Taste blinkten mich vorwurfsvoll sechs verpasste Anrufe von Mina an. Verdammt. Es ging aber auch alles irgendwie zu glatt. Es musste ja einen Haken geben.

Frustriert und fieberhaft eine Ausrede überlegend ließ ich den Motor an und machte mich auf den Heimweg. Auf halber Strecke wählte ich Minas Nummer, in der Hoffnung, dass sie noch wach war. Es klingelte einmal, zweimal. Nach dem elften Mal legte ich auf. Ich würde mir morgen ganz schön was anhören müssen.

Doch bevor ich noch weiter darüber nachdenken konnte, meldete sich mein Magen und meine Fangzähne drückten gegen meinen Gaumen, in der Hoffnung, sie würden bald einen zarten Hals finden, in den sie sich bohren konnten. Ich konnte ein Knurren nicht unterdrücken. Das erste, was ich tun würde, wenn ich Bukarest erreichte, würde sein, mir eine Mahlzeit zu suchen. Alles andere kam später.


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