Meridea - Dienerin der Dunkel...

By MaikeWillmer

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Ein Palast in dem Intrigen, Verrat und Mord herrschen! Hier wird Meridea hin verschleppt. Sie soll die Gelieb... More

Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
Stammbaum der nordischen Königsfamilie
17. Kapitel
18. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
Epilog
Notuk und Ravley

19. Kapitel

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By MaikeWillmer

„Was sollte ich wissen, bevor Livia hier auftaucht?"

Es war spät in der Nacht.

Orrav, Makuc und Nevo waren zusammen in Orravs Haus gegangen und die beiden Könige waren alleine vor dem Kamin. Jeder von ihnen hatte ein Krug in der Hand und bis jetzt hatten sie sich ruhig unterhalten. Tulutt hatte darum gebeten, dass noch niemand von seinem Erscheinen erfahren sollte. Er wollte erst einmal mit Neva alleine sprechen und das hatte er auch getan. Lange hatten sie zusammen gesessen und über alles gesprochen, was sie erlebt hatte. Und was auch ihre Familie alles getan hatte, um sie zu finden. Irgendwann hatte man bemerkt, dass Neva immer müder wurde und Tulutt hatte sie ins Bett geschickt. Da musste er auch die Blicke bemerkt haben, die Neva Makuc zugeworfen hatte.

Karosh hob eine Augenbraue und gab sich ahnungslos.

„Was meinst du?"

Tulutt schnaubte.

„Halte mich nicht für dumm, nur weil ich um einiges jünger bin als du! Ich bemerke doch, dass du mir etwas verheimlichst! Etwas zwischen meiner Tochter und deinem Enkel!"

Karosh seufzte leise und streckte seine Beine näher zum Feuer.

„Er ist ein guter Mann, Tulutt!"

Tulutt winkte ab.

„Das ist mir schon klar gewesen, als ich ihn das erste Mal gesehen habe. Aber warum betonst du das noch einmal so?"

Karosh rutschte unruhig im Sessel hin und her. Das Gespräch war ihm unangenehm. Wie sollte er Tulutt das Offensichtliche erklären?

„Er liebt sie! Noch bevor er wusste, wer sie war, hat er sie geliebt. Er hat sie nicht nur gerettet, weil sie eine Sklavin war. Er hatte sich schon beim ersten Aufeinandertreffen in sie verliebt! Dabei hatte er sie nicht einmal gesehen!"

Karosh erzählte die Geschichte von Makuc und Neva. Tulutt hörte aufmerksam zu.

Dann schwieg er.

Sein Gesicht war eisig.

„Hat er sie schon gehabt?"

Karosh schnaubte.

„Verdammt, Tulutt! Was glaubst du denn? Ja, er hatte sie schon in seinem Bett. Aber er hat sie bestimmt nicht dazu gezwungen. Sie liebt ihn auch, musst du wissen!"

Tulutt sah seinen Bruder ernst an.

„Das war aber bevor sie wusste, wer sie war!"

Karosh stöhnte. Eigentlich war sein jüngerer Bruder der toleranteste von ihnen drei, aber im Moment schien er wegen Makuc sehr wütend zu sein!

Karosh hob seine Hände.

„Ich denke nicht, dass es einen Unterschied gemacht hätte. Sieh es doch mal so, Tulutt! Wenn Makuc hier geboren und Neva nicht entführt worden wäre, hätten wir alles daran gesetzt, um sie zu vermählen! Sie sind zwar verwandt, aber nicht zu sehr, dass es Unmut hervorrufen könnte. Immerhin haben wir verschiedene Mütter!"

Tulutt nickte nachdenklich.

„Da magst du Recht haben. Sie sind wirklich nicht so eng verwandt, dass jemand Anstoß daran nehmen könnte. Dennoch stößt es mir sauer auf, dass sie nicht warten konnten."

Karosh nickte.

„Sie lieben sich, Tulutt. In einer anderen Situation wären wir hocherfreut gewesen. Und nun sind sie ohne unser Zutun zusammengekommen!"

Tulutt seufzte.

„Ja. Und er wird Großkönig. Eigentlich sollte ich zufrieden sein!"

Karosh wurde unmerklich kleiner, was Tulutt aber sehr wohl bemerkte.

„Was? Du verschweigst mir schon wieder etwas?"

Karosh machte ein zerknirschtes Gesicht.

„Er ist nicht nur der hiesige Thronfolger, auch im Süden! Und er hat seinen hiesigen Platz schon an Katur abgetreten!"

Tulutt sprang auf.

„Er hat was? Was soll das bedeuten?"

Karosh zog ihn wieder auf seinen Sessel.

„Sei ruhig, kleiner Bruder! Du weckst die Frauen auf! Ich denke, er wird Großkönig im Süden werden. Meine Spione haben mir berichtet, dass dieser Kerl, Sumek, sein Land nicht gut führt. Das Volk sehnt sich nach Makuc. Makuc ist aber noch nicht bereit dazu, sich seiner Verantwortung zu stellen. Er galt immer als der Zweitgeborene. Deswegen macht er sich keine Gedanken darum, dass er eingreifen sollte und muss!"

Tulutt dachte eine Weile nach. Dann lächelte er.

„Karosh! Die beiden wären das Bindeglied zwischen dem Norden und dem Süden! Es würde allen um einiges besser gehen, wenn Makuc wirklich seinen Platz einnehmen würde!"

Karosh sah seinen Bruder erstaunt an.

„Dann hast du nichts mehr gegen ihn als Schwiegersohn?"

Tulutt schnaubte.

„Oh, ich bestehe sogar darauf, dass er Neva zur Gemahlin nimmt! Es gibt Sachen, vor denen kann er sich nicht drücken. Er hat sie genommen und muss nun die Ehre wieder herstellen!"

Er stand auf und streckte sich gemächlich.

„Aber eines sage ich dir! Einfach werde ich es ihm nicht machen!"

Sein Grinsen ließ Karosh dröhnend auflachen! Nein, daran zweifelte nicht einmal Karosh!



Meridea, nein, Neva konnte es immer noch nicht glauben.

Sie hatte keinerlei Erinnerungen gehabt und dann sah sie die zwei Männer vor sich und all ihre Erinnerungen brachen über sie ein wie eine Flutwelle!

Sie erinnerte sich wieder an alles!

Ihre schöne Kindheit im Palast ihrer Eltern, der dem des Großkönigs so glich.

Sie erinnerte sich an ihre Eltern: Tulutt und Livia.

Ihr Vater, der immer schon groß, stattlich und auch streng gewesen war. Aber er hatte sie immer liebevoll behandelt und es verging nie ein Tag, an dem er seinen Kindern nicht sagte, dass er sie liebte.

Ihre Mutter, wunderschön und gütig, aber auch gewitzt und immer ein Lächeln auf den Lippen.

Sie erinnerte sich, wie ihre Eltern miteinander umgegangen waren und sie sich sehnlichst einen Mann gewünscht hatte, mit dem sie auch so eine Beziehung führen konnte.

Sie erinnerte sich an ihre zwei Brüder.

Nevo, der nur einige Minuten älter als sie war. Er glich Vater am meisten. Das war zumindest so gewesen, bevor sie entführt worden war. Jetzt war er ein Schatten seiner selbst. Aber ihr Vater hatte ihr versichert, dass es jetzt schon um einiges besser ging, seit er sie wieder gesehen hatte.

Und natürlich Notuk, ihr jüngster Bruder. Er war der Schelm in der Familie, aber alle hatten ihm immer seine Streiche verziehen.

Bis zu dem einen Tag, an dem das Unglück über die Familie eingebrochen war.

Neva! Er hat es nicht so gemeint!"

Nevo rannte hinter ihr her, als sie weinend zu der Lichtung im Wald lief, zu der sie immer flüchtete, wenn sie alleine sein wollte.

Notuk war ein gemeines Biest!

Sie war endlich zur Frau gereift und sollte ihre Eltern und Nevo zum Großkönig begleiten.

Endlich musste sie nicht mehr bei den Kindern stehen, sondern durfte mit den jungen Männern tanzen. Und sie freute sich schon sehr darauf. Arew, ihre alte Kinderfrau, hatte ihr ein Kleid geschneidert, das nicht mehr an die kindlichen Kittel erinnerte, die sie sonst hatte tragen müssen.

Sie hatte es angezogen und hatte es ihren Eltern gezeigt. Stolz hatte sie sich um ihre eigene Achse gedreht und war glücklich gewesen.

Notuk war beleidigt gewesen. Er durfte dieses Mal nicht mit zu dem Großkönig. Ein paar Tage zuvor hatte er einen schlimmen Streich begangen und auch seine Lehrer waren alles andere als zufrieden mit ihm. Deswegen hatte Vater beschlossen, dass er zur Strafe zu Hause bleiben musste. Das hatte ihm sauer aufgestoßen. Er hatte sie beschimpft und war neidisch auf ihr Kleid, weil er immer noch in den kindlichen Kittel herumlaufen musste.

Neva hatte ihr Kleid sorgfältig in eine Truhe gelegt, doch als sie wieder nach erledigter Arbeit in ihr Zimmer kam, waren nur noch Fetzen davon übrig.

Neva hatte geschrien!

Sie wusste genau, wer das gewesen war, vor allem weil der Übeltäter noch im Zimmer stand.

Nun musste sie in einem alten Kleid ihrer Mutter vor den Großkönig treten.

Notuk war vor ihrem Zimmer gestanden und hatte frech gegrinst.

Neva hatte ihn geohrfeigt und war davon gelaufen.

Und nun stand sie auf der Lichtung und weinte sich bei Nevo aus.

Es ist doch nicht so schlimm, Neva! Mutters Kleider sind auch alle hübsch!"

Das wusste sie, aber dieses Kleid war etwas Besonderes für sie gewesen.

Nevo nahm sie in seine Arme und wiegte sie wie ein kleines Kind.

Sie hörten beide nicht die Männer, die sich ihnen leise näherten.

Neva spürte nur noch den Griff der groben Hand, die sie von ihrem Bruder wegzerrte. Sie sah, wie die Männer auch Nevo angriffen, doch ein Eiswolf, der aus dem Nichts gekommen war, griff die Männer an und beschützte Nevo.

Sie spürte einen schweren Schlag auf ihren Hinterkopf und dann versank sie in die Dunkelheit!

„Du erinnerst dich wieder an alles, habe ich Recht?"

Sie hatte Nevo nicht gehört, der sich ihr genähert hatte und sich nun neben sie setzte.

Schnell wischte sie sich ihre Tränen aus dem Gesicht und nickte.

„Nur wegen einem verdammten Kleid habe ich das alles ausgelöst!"

Nevo lachte leise.

„Es war nicht deine Schuld! Es passiert immer wieder, dass Kinder aus dem Norden von Südlern entführt und zu Sklaven gemacht werden. Eigentlich nehmen sie immer nur die Jungen. Wir sind stark und können Arbeiten erledigen, für die sie sich zu Schade sind!"

Meri nickte. Sie hatte es selbst erlebt. Auf dem ersten Sklavenmarkt war sie zusammen mit fünf jungen Nordlern gewesen. Sie waren schnell verkauft worden, doch sie blieb als einzige übrig. Deswegen hatte sie damals der alte Mann gekauft.

Sie sah, dass Nevos Hände zitterten.

„Was ist mit dir?"

Er schüttelte den Kopf.

Es war eine abgehackte Bewegung.

„Ich hasse die Südler! Sie haben dich entrissen. Eine Prinzessin! Tagelang hoffte Vater, dass er dich finden würde, aber du warst wie vom Erdboden verschluckt. Vater gab irgendwann auf. Aber Notuk und ich...wir konnten es nicht! Jahrelang sind wir immer wieder in den Süden, doch niemand kannte dich! Notuk...er war noch verbissener als ich. Als ich aufgeben wollte, war er es, der mich immer wieder in den Süden jagte. Er machte mir in seinem Zorn Vorwürfe, weil ich dich nicht schützen konnte. Und dann wurde ihm klar, warum wir auf der Lichtung waren und er wurde wütend auf sich selbst."

Er wischte sich über das Gesicht.

„Wir wurden leider zu schnell erwachsen, aber Notuk...du wirst es sehen. Er ist neunzehn und sieht aus wie ein Mann von dreißig. Erst vor ein paar Wochen war er wieder vom Süden zurückgekehrt. Die Südler...sie sind arrogant und halten uns für dumm! Wir sind sogar bei zwei Königen gewesen. Man hat uns davon gejagt, obwohl wir Prinzen sind. Ich hasse sie alle!"

Meri legte ihm eine Hand auf den Arm.

„Makucs Vater ist ein Südler gewesen! Aber er hat mich gerettet! Auch ein alter Mann, der mich als erstes gekauft hat, behandelte mich wie eine Tochter. Eine Sklavin im Palast hat immer auf mich aufgepasst. Auf unserer Flucht half uns ein Soldat, der auch ein Südler ist. Er wusste genau, dass er sich in Gefahr begab, doch er half uns ohne zu fragen! Niloc, ein Bauer aus dem Süden, hat uns aufgenommen und uns Rat gegeben, damit wir sicher zu Karosh kommen! Nicht alle Südler sind so wie du sie beschreibst!"

Nevo senkte den Kopf.

„Ich habe Makuc meine Treue geschworen, aber es ist mir nicht leicht gefallen! Er sieht aus wie ein Südler. Nur weil er dich gerettet hat, akzeptiere ich ihn."

Sie seufzte leise.

„Du wirst ihn nicht nur akzeptieren müssen."

Nevo hob vorsichtig den Kopf.

„Wie meinst du das?"

Sie seufzte.

„Makuc ist der Mann, den ich gewählt habe!"

Nevo riss seine Augen auf.

„Einen Südler?"

Sie sprang auf und funkelte ihren Bruder wütend an.

„Rede nicht so abfällig über ihn! Er ist der Mann, der mich gerettet hat. Er ist der Nachfolger des Großkönigs in zwei Ländern. Sein Volk im Süden liebt ihn, auch wenn er das noch nicht begreift! Er ist ein großartiger Mann und der Beste für mich! Willst du etwa nicht das Beste für mich?"

Nevo fing an zu grinsen.

„Gemach, Schwester! Du brauchst mir nicht alle seine Vorzüge schildern! Bald fängst du an, noch über seinen Körper Loblieder zu singen! Und das will ich nun wirklich nicht hören!"

Sie schlug ihm leicht auf den Arm, was ihn noch stärker zum Lachen brachte.

Dann sah er sie an.

„Weiß Vater es schon? Hat Makuc sich ihm erklärt?"

Sie seufzte.

„Nein! Er wollte warten, bis Mutter da ist!"

Nevo stand auf und legte ihr seinen Arm auf die Schulter.

„Dann wird es heute sehr lustig werden. Mutter kommt bald an! Und Notuk! Ich kann es kaum abwarten. Das wird wohl das erste Mal seit langem sein, dass ich wieder schallend lachen werde!"



Destraw zog sich aus und lief langsam in den kleinen See der Oase.

Diese Oase erinnerte ihn an Makucs Palast, aber dieser Palast hier hatte Kazak gehört. Im Gegensatz zu Makuc hatte Kazak diesen kleinen Palast geheim gehalten und nur einige Nomaden wussten, dass er überhaupt existierte. Sie durften sich auch am Wasser bedienen.

Kazak hatte es durch ein Pumpensystem sogar geschafft, einen kleinen Wasserfall zu errichten.

Und unter diesen stellte sich Destraw nun.

Er hatte Kazur um Erlaubnis gefragt, ob er sich hier waschen durfte.

Kazur hatte ihn erst in einen angrenzenden separaten Baderaum gebracht. Dort hatte er sich eingeseift und anschließend abgespült. Allerdings war das Wasser warm gewesen und Destraw hatte immer noch das Gefühl, dass seine Haut vor Hitze verging. Deswegen war er zum See gegangen und hoffte, dass er sich abkühlen konnte.

Nun stand er nackt unter dem Wasserfall und ließ das Wasser über seinen Körper fließen. Er konnte sich ein erleichterndes Stöhnen nicht verkneifen.

Das war einfach göttlich.

Er hörte, wie jemand leise aufschrie und etwas zu Boden fiel und zersprang.

Langsam drehte er sich um und sah Samurin, die ihn anstarrte.

„Verflucht!"

Hektisch suchte er etwas, womit er seine Blöße bedecken konnte, doch seine Kleider waren am Ufer. So blieb ihm nichts anderes übrig, als die Hände davor zu legen.

„Verzeih mir! Ich wusste nicht, dass so spät noch jemand hier her kommt."

Sie schien den ersten Schreck verkraftet zu haben, denn sie lachte auf einmal.

„Und ich habe nicht damit gerechnet, dass sich zu so später Stunde noch jemand hier aufhalten könnte."

Er war verlegen.

Sie hatte ihn nackt gesehen! Von vorne und von hinten.

Wieder spürte er Hitze in sich aufsteigen, aber die war bestimmt nicht von der Sonne, sondern eher von der Röte, die in sein Gesicht stieg.

Sie schien das zu sehen, denn auf einmal fing sie schallend an zu lachen.

„Hör zu, Destraw, es muss dir nicht peinlich sein, dass ich dich ohne Kleidung gesehen habe. Mein Bruder ist Heiler. Ich habe schon einige Männer nackt gesehen!"

Er schnaubte.

„Aber nicht mich!"

Wieder lachte sie, dann holte sie ein großes Tuch und stieg in den See. Es schien sie dabei nicht zu stören, dass ihr Kleid nass wurde.

Sie reichte ihm lächelnd das Handtuch und er schlang es sich sofort um den Unterleib, nachdem er sich umgedreht hatte.

Peinlich berührt wollte er an ihr vorbei.

„Destraw! Was ist denn mit dir?"

Er zog das Genick ein.

„Ich versuche die Situation noch irgendwie zu retten. Wenn dein Bruder..."

Sie lachte wieder.

„Kazur liegt schon im Bett und schläft. Ich wollte mich auch noch erfrischen, denn es ist wirklich heiß hier!"

Destraw fing an zu stottern.

„Dann...dann will...ich dich nicht weiter stören!"

So schnell wie möglich lief er aus dem Wasser.

„Destraw!"

Seufzend drehte er sich zu ihr um. Wollte sie ihn noch weiter quälen?

„Was ist denn?"

Sie lächelte ihn liebenswürdig an.

„Es hat mir sehr gefallen, was ich gesehen habe!"

Nein! Oh nein! Das hielt kein normaler Mann aus! Und er schon gar nicht! Verdammt, er war ein Soldat, der schon seit Wochen keine Frau unter sich gehabt hatte. Aber er würde den Teufel tun, sich mit ihr zu beschäftigen! Sie war Kazurs Schwester! Nein! So ehrlos war er nicht!

Er drehte sich wieder um.

„Das freut mich, dass ich dein Auge erfreuen konnte. Und nun entschuldige mich!"

„Destraw!"

Er stöhnte wieder, blieb aber stehen.

Konnte sie ihn nicht einfach gehen lassen? Es war nicht mehr weit und er würde die Selbstbeherrschung verlieren.

„Was?"

Er hörte es plätschern, dann klatsche neben ihn ein Stück nasser Stoff auf den Boden.

„Wenn du wieder hier bist, Destraw, dann werde ich mich mit dir beschäftigen! Denn ich sehe genau, dass ich dir nicht ganz egal bin."

Er sah an sich hinunter und fluchte.

Oh ja!

Seine Begierde war vollends sichtbar!

Sie lachte wieder.

„Bis dahin nimm das Oberteil von mir mit! Es soll dich daran erinnern, was hier auf dich wartet!"

Ohne zu zögern nahm er das Stück Stoff und flüchtete in den Palast!

Verdammt!

Er hörte sie lachen!

Das Frauenzimmer war verdammt keck!

Aber es gefiel ihm!



Side saß mit ihren Kindern im Palast. Keiner der anderen war anwesend, was sie ziemlich störte. Wie konnte man sich nur so erniedrigen und in diesen schäbigen Häusern wohnen?

Selbst ihr Mann war im Hause des Großkönigs. Sie hatte ihn heute in der Mittagsstunde erwischt, wie er Holz gehackt hatte. Natürlich hatte sie ihm Vorhaltungen gemacht, aber dieses Mal war er nicht darauf eingegangen. Teslak fühlte sich sicher unter seinen Brüdern und war ihr nicht so ergeben, wie er es zu Hause war. Schlimmer noch, er hatte sie ausgelacht und gemeint, sie sollte sich doch ein Beispiel an den Frauen hier nehmen.

Soweit kam es noch.

Sie war eine Königin und ließ andere für sich arbeiten.

Aber hier war das schon immer anders und daran war Tori schuld. Sie hatte die Sklaverei abgeschafft und bezahlte die Diener für ihre Dienste. Das wäre Side nicht in den Sinn gekommen. Und sie hatte sich nicht an dieses Gesetz gehalten.

Bei ihr gab es immer noch Diener, die für einen Hungerlohn arbeiteten. Wenn sie sich dagegen wehren wollten, wurden sie hart bestraft. Immer von ihr und nie von ihrem Mann, der auch in dieser Hinsicht viel zu seicht war.

„Wie weit seid ihr mit dem Südler gekommen?"

Sie spie den Satz regelrecht aus. Ihre Verachtung kannte keine Grenzen für diesen jungen Mann, der sich nun Thronfolger nennen durfte.

Risac zuckte mit den Schultern.

„Ich habe versucht, ihn zu provozieren, aber er ging nie darauf ein. Er ist nicht so ein Hitzkopf wie Orrav und ich muss sagen, dass sich unser Vetter in seiner Gegenwart zu benehmen weiß. Und seit Nevo angekommen ist, hat Makuc einen regelrechten Wall um sich gebildet, den ich nicht zu durchbrechen weiß!"

Side wandte sich an ihre Tochter.

„Hattest du wenigstens Erfolg?"

Ravley zuckte mit den Schultern.

„Leider nicht. Er geht einfach nicht auf meine Versuche ein. Er ist in Neva verliebt und das merkt man."

Side knirschte mit den Zähnen.

„Ich dachte wirklich, das wäre nur eine vorübergehende Tändelei."

Ravley schüttelte den Kopf.

„Nein! Er ist in der Beziehung stur. Er ist nicht wie die anderen Männer, die ich bisher hatte. Makuc ist ein Ehrenmann. Das sollte man bei seinem Südlerblut nicht glauben!"

Risac lachte leise.

„Wie viele Südler hattest du denn schon, hm? Ich denke nicht einen Einzigen! Aber du hast Recht. Er ist eine harte Nuss! Bei ihm müssen wir mit Tricks arbeiten. Es ist nur schade, dass du Orrav nicht halten konntest! So hättest du wenigstens einen im Wickel, der etwas zu sagen hat. Oder zumindest bald!"

Ravley schlug ihn an die Schulter.

„Orrav hätte ich auch behalten. Er ist ein fantastischer Liebhaber und ausdauernder als andere. Aber du wolltest ihn nur bloß stellen. Hat ja auch nicht funktioniert! Orrav hat sich meiner schneller entledigt, als ich bis drei zählen konnte!"

Risac verzog das Gesicht.

„Du hättest Erfolg haben können! Aber nein!"

Side hob die Hand, bevor der Streit zwischen ihren Kindern noch eskalierte.

„Es bringt nichts, wenn wir uns gegenseitig mit Vorwürfen bewerfen. Lasst uns lieber überlegen, wie wir den Südler in Unehre werfen können!"

Risac grinste.

„Da sind wieder die Künste von Ravley gefragt. Ich weiß, dass Makuc Neva zur Gemahlin nehmen will und Tulutt dem nicht abgeneigt ist."

Side seufzte.

„Und wie soll uns das weiterhelfen?"

Risac kreuzte seine Arme vor der Brust.

„Es wäre doch sehr traurig, wenn der Bräutigam schon vor der Hochzeitsnacht die Braut betrügen würde! Ich denke nicht, dass diese Tatsache Tulutt begeistern würde!"

Side lachte laut und schlug dann ihre Hände vor den Mund.

„Oh nein! Und dann werde ich dafür sorgen, dass er Ravley heiraten muss!" Sie wandte sich an ihre Tochter. „Du wirst Großkönigin werde, Egal von welchem Land!"

Ravley lächelte huldvoll.

„Oh ja! Das werde ich!"

Sie lachten alle drei und gingen dann wieder in ihre Räume.

Sie bemerkten nicht die dunkle Gestalt, die sie schon eine ganze Weile belauscht hatte.

Ein Mann trat aus dem Schatten heraus.

Sein Gesicht war von Narben gezeichnet, aber die eisblauen Augen strahlten.

„So so, ihr treibt also schon sehr lange euer Spiel! Dieses Mal werde ich es aber verhindern! Neva wird endlich glücklich werden, ob es euch gefällt oder nicht!"

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