9. Kapitel

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Meridea war in den Hof des Palastes geeilt und wartete nun auf Makuc, der langsam vom Pferd stieg. Sein Gesicht war ernst und er wirke sehr müde. So kannte sie ihn nicht. Eigentlich hatte er immer ein Lächeln auf den Lippen. Irgendetwas war geschehen!

Sie kam auf ihn zu und umarmte ihn von hinten. Ihre Wange legte sie zwischen seine Schulterblätter.

Er seufzte leise und strich ihr sanft über die Arme.

„Du siehst aus, als ob du Trost bräuchtest!", flüsterte sie.

Er nickte nur.

„Du hast keine Ahnung, wie sehr ich ihn gerade benötige!"

Er drehte sich zu ihr um und hielt sie in seinen Armen. Sie spürte, wie er sie leicht auf die Stirn küsste.

„Aber ich möchte mich erst frisch machen. Wolltest du dich schon zurückziehen?"

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein! Ich warte gerne auf dich!"

Endlich lächelte er.

„Dann treffen wir uns bei der Oase. Ich möchte heute niemanden sehen. Nur dich!"

Er küsste sie noch einmal hart auf den Mund und drehte sich dann um.

Meridea lief schnell in ihr Zimmer und zog sich um. Bisher hatte sie es sich nicht getraut, aber nun zog sie ein Kleid an, das ihr gerade so über die Knie ging. Bei Makuc konnte sie es vielleicht wagen, in den See zu steigen. Kaum hatte sie das Kleid über gezogen, lief sie schnell durch den Palast zur Oase. Eigentlich hatte sie nicht lange gebraucht, doch Makuc stand schon am Ufer des kleinen Sees. Er hatte die Arme vor der Brust gekreuzt und betrachtete den Mond, der nun hoch über ihnen stand. Er trug nichts weiter als eine weite Leinenhose, die nur wadenlang war.

Wieder stellte sie sich hinter ihn, legte ihre Arme um seine Hüfte und drückte ihre Wange gegen seinen Rücken. Wieder strich er über ihre Arme.

„Was ist geschehen?", fragte sie leise.

Er seufzte.

„Ich weiß nicht, ob ich es dir erzählen sollte. Du denkst dann schlecht über mich!"

Sie lachte leise.

„Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber ich möchte es hören. Ich mag es nicht, wenn du so verschlossen mir gegenüber bist."

Er holte tief Atem und stieß ihn seufzend wieder aus.

„Genia wurde hingerichtet!"

Sie nickte nur, sagte aber nichts.

Wieder atmete er tief ein.

„Ich weiß nicht, was Destraw dir alles erzählt hat, aber sie wurde gesteinigt. Eine Stunde sollte das Volk sie steinigen und dann würde sie die Strafen eines Hochverräters bekommen. Ich musste dabei sein, weil sie meinen Vater schließlich umgebracht hat. Und obwohl ich überzeugt bin, dass sie ihm nicht das Messer in die Brust gestoßen hat, verdiente sie in meinen Augen eine Strafe. Allerdings nicht für den Tod an meinem Vater."

Er setzte sich in den Sand und zog sie auf seinen Schoß.

„Sie hatte so viele auf dem Gewissen, aber irgendwie hatte sich alles in mir gesträubt, dass sie für etwas bestraft wurde, was sie nicht getan hatte."

Sie strich ihm sanft über die Brust.

„Du bist ein guter Mann, Makuc. Vielleicht etwas zu gutmütig, aber gut!"

Er lachte bitter auf.

„Ich habe den ersten Stein geworfen, Meri!"

Er zuckte nach diesem Satz zusammen, als ob er nun von ihr erwartete, dass sie ihn entsetzt an schrie, aber sie tat es nicht!

Meridea - Dienerin der Dunkelheit Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt