Meridea - Dienerin der Dunkel...

By MaikeWillmer

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Ein Palast in dem Intrigen, Verrat und Mord herrschen! Hier wird Meridea hin verschleppt. Sie soll die Gelieb... More

Prolog
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
Stammbaum der nordischen Königsfamilie
17. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
Epilog
Notuk und Ravley

18. Kapitel

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By MaikeWillmer

„Er ist ein Südler!"

Side spukte die Wörter regelrecht aus.

Das Festmahl war in vollem Gange, doch sie hatte sich mit Risac in eine Ecke zurückgezogen, damit die anderen sie nicht hören konnten. Sie konnte es immer noch nicht fassen, dass der Südler einfach so in die Königsfamilie aufgenommen worden war. Man kannte diese arroganten Menschen vom Süden und dieser Kerl würde bestimmt nicht anders sein. Das hatte sie ja schon bei der Begrüßung gesehen, als Karosh sie und ihre Kinder beleidigt hatte.

„Ich verstehe nicht, wie Karosh ihn überhaupt um sich dulden kann. Sieh dir seine dunkle Haut an. Und seine herrischen Züge! Er ist so anders als wir Nordler!"

Risac nickte.

„Ich weiß, Mutter! Aber er ist nun mal der Sohn von Sucatrap und damit der Nachfolger von Karosh. Er steht sogar im Rang über Katur!"

Side wische ihren Sohn über die Schulter, als ob sie ihm eine Fussel entfernen wollte. Aber es fiel etwas härter aus. Sie war wütend, obwohl Risac die Wahrheit sprach.

„Unsere ganzen Pläne hat er mit seinem Erscheinen über den Haufen geworfen. Du hättest Orravs Platz einnehmen können. Orrav ist ein Hitzkopf. Ihn hätte niemand als Großkönig akzeptiert und das Volk hätte dich liebend gerne angenommen!"

Risac atmete tief ein.

„Zumindest wäre ich eine bessere Wahl gewesen als er und Nevo! Aber den Südler...ich kann ihn nicht einschätzen."

Side schnaubte.

„Er sagt nicht viel. Ich bin mir sicher, dass er ein Dummkopf ist. Männer, die nicht viel reden haben meist nichts zu sagen und sind deswegen lieber stumm!"

Risac verzog den Mund.

„Sei nicht so voreilig, Mutter. Ich bin mir nicht sicher, ob er nicht mehr ist, als es den ersten Anschein hat."

Side schüttelte arrogant den Kopf.

„Sein Vater ist ein Südler!"

Risac hob eine Hand.

„Aber er war der Großkönig!"

Sie schnaubte leise.

„Trotzdem. Sucatrap hätte sich nie mit ihm einlassen dürfen! Und dann noch einen Sohn zu empfangen, dass ist nicht die Art der Nordler! Ich frage mich, ob sie überhaupt noch einen Funken Ehrgefühl in sich gehabt hatte!"

Risac lachte leise.

„Das soll nicht unsere Sorge sein, Mutter! Ich werde versuchen, ihn etwas aus der Reserve zu locken. Bei Orrav hat es auch funktioniert. Er hat keinen guten Ruf und ich werde dafür sorgen, dass der Südler nicht mehr so hoch in der Gunst seines Großvaters steht!"



„Du schlägst wie ein Mädchen!"

Orrav hatte den Schild kaum anheben müssen, um den Schlag von Makuc abzuwehren.

„Das liegt an dem vielen Bier, das ich gestern trinken musste."

Orrav lachte.

„Jetzt erzähle mir nicht, dass du nie gesoffen hast!"

Makuc rieb sich über die Stirn.

„Das hätte dir gestern schon klar werden sollen! Warst du nicht derjenige, der mich gestern Nacht ins Bett geschleift hat?"

Orrav prustete los.

„Laufen konntest du eigentlich noch. Aber ich weiß nicht, ob das wirklich deine Muttersprache war, die du da von dir gegeben hast. Und jedes zweite Wort war Meri. Wenn einer einen Zweifel gehabt hatte, dass du diese Frau begehrst, hast du ihn gestern davon überzeugt!"

Makuc stöhnte.

„Verdammt! Und sie hat alles mitbekommen? War sie sehr böse?"

Orrav zuckte mit den Schultern.

„Böse? Eher nicht! Aber sie lachte. Mal ganz ehrlich, Vetter, wenn du selbst im betrunkenen Zustand den Namen deiner Liebsten lallst, wird sie wohl nicht sehr böse sein!"

Sie hörten Schritte auf sich zukommen und als Orrav sich umdrehte, knirschte er mit den Zähnen.

„Die Brut des weiblichen Dämonen kommt auf uns zu!", brummte er.

Makuc verkniff sich ein Lachen.

Bisher hatte er nicht viel mit Risac und Ravley zu tun gehabt, aber er hatte das Gefühl, dass sich das bald ändern würde.

„Na sieh mal an. Hier sind also meine beiden Vettern! Und wie ich sehe, geht Orrav wieder seiner Lieblingsbeschäftigung nach, die nichts mit Denken zu tun hat. Ich würde dir raten, verehrter neuer Vetter, dass du dich von ihm fern hältst. Es könnte sich schlecht auf deinen Ruf auswirken, wenn du dich mit diesem Hohlkopf abgibst!""

Makuc hob arrogant seinen Kopf.

„Ich denke, das solltest du mir getrost überlassen, wessen Gesellschaft ich bevorzuge!"

Risac hob belustigt eine Augenbraue.

„Ich habe dich für schlauer gehalten. Weißt du nicht, das Orrav als Unruhestifter gilt, der schon mehr als einmal vor den Großkönig treten musste, weil er Mist gebaut hatte?"

Orrav wollte auf Risac losgehen, doch Makuc hielt ihn zurück. Orrav blieb stehen und schnaubte nur, was Risac zu einem hämischen Grinsen veranlasste.

„Sieh mal an. Wenigstens ist er so schlau geworden, dass er sich dieses Mal zurückhalten lässt. Du solltest dich sehr oft an Makuc halten, Orrav. Wer weiß, ob du nicht auch etwas schlauer wirst!"

Wieder zuckte Orrav, doch Makuc hob eine Hand.

„Verehrter Vetter. Wir hatten gerade vor unsere Kampftechniken zu trainieren. Wenn du dich nicht daran beteiligen willst, bitte ich dich, uns wieder alleine zu lassen. Es kann sein, dass du nur Wert auf Wissen legst, aber ich bin der Meinung, dass man als angehender Großkönig jede Sparte kennen sollte."

Orrav drehte sich mit dem Rücken zu Risac. Man konnte sehen, dass er mühsam das Lachen unterdrückte.

Risacs Nasenflügel blähten sich auf und er ging wieder zum Palast. Jeder wusste, dass Zweikämpfe nicht gerade seine Stärke waren. Und nun so offensichtlich beleidigt zu werden, obwohl er vorher selbst gut ausgeteilt hatte, wollte er wohl nicht hinnehmen.

Ravley blieb stehen.

„Ich würde euch gerne beobachten. Wenn ihr es gestattet!"

Sie bewegte sich auf Makuc zu und strich ihm leicht über den nackten Arm. Er ging einen Schritt zurück, was sie mit einem frechen Lächeln quittierte.

Er drehte sich um, ohne etwas zu sagen und raunte Orrav etwas zu: „Offenbar hat nicht jeder gestern mitbekommen, wie ich Meris Name erwähnt habe!"

Orrav lachte leise.

„Glaube mir, sie hat es! Und das weckte ihren Jagdinstinkt. Sie wollte dich schon als sie dich neben meinem Vater gesehen hat. Und die Erwähnung, dass du der Großkönig werden könntest und die Tatsache, dass du dich für eine andere interessierst, hat dieses Verlangen verstärkt. Sie wird alles tun, damit du sie nehmen musst!"

Makuc schnaubte.

„Das wird nie geschehen, denn ich werde ihr aus dem Weg gehen!"

Orrav schnaubte und blickte zurück.

„Viel Glück wünsche ich dir dabei. Ich habe es auch versucht!"

Makuc starrte seinen Vetter verblüfft an.

„Du hast sie verführt?"

Orrav lachte hämisch.

„Anders herum war es eher der Fall. Ich hatte nur Glück, dass irgendwann ihr Interesse an mir erkaltet war. Sonst wäre sie mein Weib und ich wüsste nicht, ob ihre Bälger wirklich meine wären!"

Makuc starrte kurz hinter seinen Rücken. Ravley hatte sich auf eine Bank gesetzt und ihre Beine übereinander geschlagen, dass man ihre Fußknöchel sah. Sie versuchte sie nicht einmal zu verstecken, wie es eigentlich im Norden üblich war.

„Weiß Teslak davon?", fragte er Orrav.

Der lachte bitter.

„Wenn er es weiß, dann sagt er nichts! Side würde ihm auch die Hölle heiß machen, wenn er sie dafür bestrafen würde. In ihren Augen macht Ravley alles richtig! Und sie wird auch gutheißen, dass sie nun dich begehrt!"

Er schnappte sich ein Schild und einen Morgenstern. Makuc blieb beim Schwert.

Orrav holte aus und drosch seine Waffe gegen Makuc, der geschickt auswich.

„Du solltest vorsichtig sein. Auch deine nächtlichen Aufenthalte in der Scheune sollten erst einmal aufhören. Wenn sie es mitbekommen, dass du dich mit Neva schon im Heu vergnügst, ohne das es sicher ist ob sie wirklich die Tochter von Tulutt ist, dann haben sie etwas gegen dich in der Hand!"

Makuc parierte den nächsten Schlag, drehte sich geschickt um die eigene Achse und hielt Orrav die Klinge an die Kehle.

Ravley war aufgesprungen und applaudierte nun begeistert.

„Das sollte doch gut sein! Wenn es offiziell ist, muss ich Meri heiraten!"

Orrav schlug ihm an den Hinterkopf.

„Ich warne dich nur. Sie werden es nicht offiziell werden lassen, dich aber zu etwas zwingen, was du nicht willst! Bete zu deinen Göttern, dass Tulutt bald hier auftaucht. Egal, ob sie seine Tochter ist oder nicht, dann kannst du um sie freien. Wenn du dich bis dahin nicht zurückhältst, schwant mir Böses! Risac hat gesehen, dass er dich unterschätzt hat und wird Ravley unterstützen, so gut er kann. So lange du nicht Neva an dich gebunden hast, wirst weder du noch sie sicher sein vor ihren Intrigen!"


Es war heiß und stickig in dem Leichensack. Der Schweiß rann Destraw aus allen Poren, doch er bewegte sich nicht, obwohl sie schon lange aus der Stadt heraus waren. 

Wie es Humar von ihnen verlangt hatte, hatten sie am Morgen seinen Leichnam auf Destraws Pritsche gelegt, nachdem der Kerkermeister sich von seinem Tod überzeugt hatte. Den Leichensack hatte er schon mitgebracht gehabt, denn es war ein offenes Geheimnis, dass Humar schwer erkrankt war.

Obwohl ihm bei dem Gedanken an den Leichensack übel wurde, hatte sich Destraw hineingelegt und Salea hatte ihn fest zugenäht.

Er war nach draußen gebracht worden und Kazur hatte die beiden in Empfang genommen. Die Wärter hatten ihn unsanft auf den Karren geworfen und Kazur hatte sich beeilt aus der Stadt zu kommen.

„Ich weiß nicht, wie lange sie brauchen, um den Schwindel zu entdecken. Ich habe den Kerkermeister eigentlich gut bezahlt, damit er dein Verschwinden so spät wie möglich meldet, aber so lange wir nicht weit genug weg sind, sind wir alle drei in Gefahr. Am besten rührst du dich nicht, bis ich es sage!"

Salea war die ganze Zeit sehr gefasst gewesen, doch nun hörte er sie schluchzen.

Nicht nur, dass sie ihren Mann verloren hatte, sie konnte sich nicht einmal richtig von ihm verabschieden. Destraw fand, dass sie im Moment die tapferste Frau war, die man hier im Süden finden konnte.

Endlich wurde der Wagen gestoppt und man schnitt den Leichensack auf.

Destraw taumelte heraus und stürzte sich gleich auf den Krug mit Wasser, den man ihm reichte.

„Langsam, mein Freund. Wir haben genug Wasser hier!"

Destraw nahm noch einen Schluck und nickte der Frau dankbar zu, die ihm gegenüber stand. Er schämte sich etwas, weil er so gierig gewesen war. Außerdem stank er erbärmlich.

Sie reichte ihm ein nasses Tuch und er wischte sich über das Gesicht.

„Das hier ist meine Schwester Samurin. Sie hilft mir beim Widerstand und hat schon alles für eure Flucht in den Norden vorbereitet."

Destraw ließ seinen Blick von Samurin und starrte Kazur entsetzt an.

„Norden? Dahin ist Makuc geflohen?"

Kazur nickte.

„Ja, mein Vater hat ihm dazu geraten. Er wusste, dass Makuc der Enkel des nordischen Großkönigs ist und der ihn aufnimmt!"

Wenn Destraw nicht schon auf dem Boden liegen würde, dann hätte es ihn nun mit Sicherheit die Füße vom Boden gefegt.

„Er ist was?"

Kazur lachte.

„Seine Mutter war die verschwundene nordische Prinzessin. Mein Vater hat es aber auch erst erfahren, als sie schon tot war. Makuc könnte sogar den Platz des Großkönigs dort einnehmen, wenn er wollte. Aber ich bin mir sicher, dass er es nicht macht. Schon gar nicht, wenn er euch sieht!"

Destraw war sich da nicht so sicher.

Was erwartete Makuc hier schon. Ein Königreich, dass ihm nicht zu stand und um das er kämpfen muss. Im Norden war er schon der Thronfolger, also warum sollte er sich im Süden herumplagen?

Er erklärte Kazur seine Bedenken.

Dieser nickte.

„Ich verstehe, was du meinst. Aber Makuc ist der legitime Thronfolger. Ich suche nach Beweisen, aber ich weiß, dass Sumek nicht Oteks Sohn war. Mein Vater hat diese Beweise aber leider zu gut versteckt und ich weiß nicht, wie ich an sie herankomme."

Destraw wischte sich wieder über das Gesicht.

„Das ist gefährliches Wissen, was du da hast!"

Kazur nickte.

„Ich weiß. Aber so lange mich niemand mit meinem Vater in Verbindung bringt, bin ich der Gefahr nicht so ausgesetzt."

Er half Destraw auf zu stehen.

„Ihr solltet so lange bleiben, bis dein Bein richtig verheilt ist, aber dann müsst ihr verschwinden."

Destraw schnaubte und sah zu Salea, die zusammengesunken auf einem Stein saß.

„Es sind drei Tage, die ich durch die Wüste muss. Wird sie es aushalten?"

Kazur lächelte.

„Sogar noch mehr Tage! Ihr müsst zu einem gewissen Niloc. Er hat Makuc geholfen und kann euch sagen, in welche Richtung ihr weiter reiten müsst. Außerdem haben wir ihm schon Geld für die Ausrüstung gegeben, die ihr im Norden braucht. Und Salea ist hier nicht sicher! Sie wird das wissen und liebend gerne durch die Wüste gehen."

Salea stand schwerfällig auf.

„Ich halte es schon aus, Destraw. Ich bin in der Wüste aufgewachsen und werde dir keine Schwierigkeiten machen."

Destraw nickte anerkennend.

„Ich mache mir nur Sorgen um dich. Auch der Norden ist nicht ungefährlich. Ich kenne dort niemanden und kenne die Gefahren nicht, die dort lauern!"

Kazur schlug ihm leicht auf die Schulter.

„Aber man kennt dich! Niloc hat alles vorbereitet. Ein Spion des Großkönigs wird euch weiterhelfen. Ihr müsst nur nach Kret Rats kommen und einen gewissen Localm oder einen Iarum suchen. Dann habt ihr das Schwierigste schon geschafft."

Destraw raufte sich die Haare.

„Verflucht! Ich bin ein einfacher Soldat und nicht so schlau wie Makuc es ist! Wie soll ich mir das alles merken?"

Salea kam zu ihm und legte ihm eine Hand auf die Schulter.

„Dafür bin ich da. Ich werde Makuc und das Täubchen wiedersehen! Und wenn ich dich dafür vor mich her jagen muss...Mein Sohn!"



Makuc saß mit seinem Großvater am Tisch. Orrav hatte schon den Kopf auf die Tischplatte gelegt und schnarchte leise. Der heutige Tag war anstrengend gewesen.

Nicht nur, dass die beiden am Morgen gegeneinander gekämpft hatten, Makuc war auch seinen ungeliebten Verwandten ausgewichen und Orrav hatte ihm dabei geholfen. Sie waren durch die Wälder geritten und hatten gejagt. Eloc war immer an seiner Seite geblieben, so wie jetzt auch. Makuc wunderte sich immer wieder, dass der Eiswolf ihn erwählt hatte, doch er war der einzige, den das zu wundern schien.

Meri lief hinter ihm vorbei und berührte zärtlich seinen Rücken.

Auch sie hatte er kurz sprechen können, auch wenn es wirklich sehr kurz war. Er hatte sie heimlich in eine Ecke gezerrt und Orrav war Wache gestanden, damit sie niemand entdecken konnte. Er hatte ihr erklärt, warum sie sich nicht mehr alleine sehen konnten und sie hatte es verstanden. Sie fluchte aber auf Ravley und schwor, dass sie ihr jedes Haar einzeln ausreißen würde, wenn sie es noch einmal wagen sollte, sich Makuc unsittlich zu nähern. Er war ihr Mann und das würde auch eine verwöhnte kleine Prinzessin nicht ändern.

Makuc hatte gelacht und sie an sich gezogen. Meri hatte sich zu einer standfesten Frau aus dem Norden gewandelt, die genau wusste, was sie wollte. Und niemand würde es wagen, ihr etwas weg zu nehmen, was ihr gehörte.

Karosh räusperte sich und brummte, als er sah, was Meri machte. Sie ließ sofort die Hand fallen und ging weiter in den Küchenbereich. Makuc sah ihr sehnsüchtig hinterher, bis sie verschwunden war.

Karosh seufzte leise.

In dem Moment ging die Tür auf und zwei Männer kamen herein.

Einer von ihnen war im mittleren Alter und grinste Karosh frech an. Der andere war jünger und wirkte eher gehetzt und traurig. Beide hatten aber die typischen eisblauen Augen der Königsfamilie.

„Na sieh mal an! Ich dachte schon, du tauchst überhaupt nicht mehr auf!"

Karosh lachte dröhnend und umarmte erst den Älteren, dann den Jüngeren.

„Wir sind so schnell geritten, wie wir konnten. Die Frauen kommen nach. Und du weißt, dass ich nicht unbedingt auf das ganze Theater stehe, auf das Side so einen Wert legt. Deswegen haben wir eine Rast eingelegt und gewartet, bis das alles zu Ende war. Sonst wäre ich gestern schon hier gewesen."

Karosh schnalzte mit der Zunge, dann zeigte er auf Makuc, der mittlerweile aufgestanden war. Orrav schnarchte immer noch neben ihm, aber das schien den Männern nichts auszumachen.

„Darf ich dir meinen Enkel vorstellen? Er war es auch, der die Frau mit hier her gebracht hat, die sich Neva nennt! Makuc, das ist mein Bruder Tulutt. Wie du am Alter siehst, ist er ein Nachzügler, aber unterschätze ihn nicht. Seine Mutter hat ihn damals verzogen, aber wir haben ihm schon Anstand beigebracht!"

Tulutt lachte auch dröhnend und kam dann zu Makuc, um ihn zu umarmen.

„Hör nicht auf diesen Narr! Meine Mutter hat mich schon gut erzogen. Nur bei euch hat sie versagt! Eure Mutter hätte sich die Haare vom Kopf ausgerissen, wenn sie gewusst hätte, was für Waschlappen ihr geworden seid." Den letzten Satz sprach er wieder zu Karosh.

Dann zeigte er auf den jungen Mann.

„Das ist mein Sohn Nevo! Er ist sozusagen dein Vetter...glaube ich!"

Makuc drückte Nevo die Hand, der sie sofort wieder schüchtern zurückzog und auf den Boden starrte.

„Verzeih ihm. Aber mein Sohn ist nicht gerade als Frohnatur bekannt, seit seine Zwillingsschwester verschwunden ist."

Makuc nickte.

Sie setzen sich alle und Nevo ließ seine Hand auf Orravs Schulter krachen.

Der schreckte auf und sah Nevo verblüfft an.

„Nevo? Wo kommst du denn her?"

Nevo lachte nicht. Er sah ihn ernst an.

„Du schläfst noch und ich bin dein schlimmster Albtraum."

Die Männer lachten, als Orravs Kinnlade runter fiel.

Man konnte jetzt erkennen, was Nevo eigentlich für ein Mann sein sollte.

Tulutt warf seinen Mantel ab und sah Karosh fragend an.

„Wo ist sie?"

Karosh rief nach Meri und sie kam gleich zu ihnen.

Sie starrte die beiden Männer an. Ihre Unterlippe zitterte. Und sie hielt sich am Tisch fest. Man konnte an ihrem Gesicht ablesen, dass sie die beiden Männer sofort erkannte und dass alle Erinnerungen über sie herein brachen!

„Da? Nevo?"

Ihre Knie gaben nach und Makuc eilte zu ihr, um sie vor den Fall zu schützen. Doch Tulutt kam ihm zuvor. Er hielt sie in seinen Armen und wiegte sie darin, als ob sie noch ein kleines Mädchen wäre.

„Meine Kleine! Meine Eisblume. Endlich bist du wieder da!"

Er steckte sein Gesicht in ihr Haar und sie weinte, während sie sich an seine Tunika klammerte.

„Ich hab euch vergessen, Da! Wie konnte mir das passieren? Wie kann ich meinen Da und Mama vergessen? Doch dann hab ich dich gesehen und alles viel mir wieder ein."

Tulutt strich ihr durch das Haar.

„Alles ist gut, meine Eisblume. Jetzt bist du wieder hier!"

Makuc holte tief Atem.

Sie war also wirklich die Tochter von Tulutt. Keiner schien daran zu zweifeln.

Er setzte sich schwerfällig auf die Bank und spürte die Hand seines Großvaters auf seiner Schulter.

Tulutt sah zu ihm auf.

„Ich danke dir, mein Junge, dass du mir mein Kind wieder gebracht hast. Du hast keine Ahnung, was es mir bedeutet, sie wieder umarmen zu können!"

Nevo war still sitzen geblieben, doch nun liefen auch ihm die Tränen über das Gesicht. Er kniete sich vor Meri.

„Meine kleine Schwester! Es tut mir so leid. Kannst du mir jemals verzeihen!"

Er kauerte auf den Boden und schlug die Hände über dem Gesicht zusammen.

Meri zögerte einen Moment, dann wandte sie sich aus der Umarmung ihres Vaters und strich ihrem Bruder leicht über das Haar.

„Du konntest nichts dafür, Nevo! Es waren so viele und du warst noch jung."

Nevo sah sie mit tränennassem Gesicht an.

„Ich war fünfzehn. Ich hätte dich beschützen müssen!"

Sie schüttelte den Kopf.

„Nein! Es ging nicht. Wer weiß, ob sie dich nicht auch verschleppt hätten, wenn du dich ihnen entgegengestellt hättest."

Sie sah zu Makuc und ihr Gesicht wurde liebevoll.

„Aber Makuc hat mich beschützt. Er hat mich hier her gebracht!"

Nevo stand auf und beugte das Knie vor Makuc. Dann legte er ihm sein Schwert vor die Füße.

„Ich huldige dem zukünftigen Großkönig und danke ihm, dass er meine Schwester wohlbehalten zurück gebracht hat. Ich werde einen Eid schwören. Egal, was du von mir verlangst, ich werde es tun! Ich werde dir dienen, so lange ich es kann!"

Makuc fühlte sich unwohl. Wenn die beiden wüssten...

Er stemmte Nevo auf.

„Im Moment reicht es mir, wenn du aufstehst. Ich bin kein Großkönig und werde es auch nicht werden!"

Nevo starrte ihn an.

„Aber du bist Sucatraps Sohn..."

Makuc zuckte mit den Schultern.

„Das ist eine lange Geschichte. Und jetzt setze dich, Mann! Ich will nicht, dass du vor mir auf den Knien herumrutschst!"

Nevo stand auf.

„Mein Eid gilt trotzdem!"

Makuc seufzte und verzog etwas das Gesicht.

Nevo würde ihn bestimmt bald zurück nehmen, wenn er von ihm und Meri erfuhr!

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