Königin des Meeres

Par alitschi

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Sie ist schön, sie ist stark und sie ist mächtig. Das Meer ist ihr Reich, die Realität ihre Fassade. Doch si... Plus

Königin des Meeres
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel achtunddreißig
Kapitel neununddreißig
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 42

Kapitel 7

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Par alitschi

Heute war einer dieser Tage, an denen Abigail außergewöhnlich früh auf den Beinen war. Schon um neun Uhr morgens kam sie in die Lobby gerannt, in unfassbar kurzen Shorts und einer rosa Bluse. Die braunen Haare lagen offen über ihrer Schulter und ihre Augen blitzten vor Aufregung, als sie mich sah. "Hey, Holly! Was machst du?" Sie winkte mir freudig zu und kam auf mich zugeeilt. Ich deutete auf den Stapel Handtücher in meinem Arm. "Das war doch jetzt wohl eine rein rhetorische Frage, oder?", kicherte ich. "Wie cool, gehen wir in den Wellnessbereich?", fragte Abigail begeistert. Das war es, was ich an ihr mochte. Für sie war alles selbstverständlich, sie bezog sich in alle Dinge direkt ein, sodass ich wenig tun brauchte, um Zeit mit ihr zu verbringen. Sie kam, wann es ihr passte, sie meldete sich nicht an. Ich nickte zur Antwort und drückte ungelenk auf den Knopf des Aufzuges. Abigail nahm mir die Handtücher aus der Hand und strahlte mich an. "Wir müssen reden." "Worüber?", wollte ich wissen, während sich der Aufzug unter leisem Zischen öffnete. Abigail hopste hinein und schüttelte ihre Haarpracht. "Holly, wir haben uns ewig nicht gesehen!" "Ja, ganze zwei Tage", spottete ich, woraufhin sie die Augen verdrehte. "Du weißt doch wie ich bin. Ich hab immer etwas zu erzählen, aber um zum Punkt zu kommen -" Der Aufzug war im Keller angekommen und öffnete sich mit demselben Zischen wie vor wenigen Sekunden. "Um zum Punkt zu kommen, ich habe schon etwas bestimmtes zu besprechen", endete sie. "Das ist bei dir 'auf den Punkt kommen'?", fragte ich lachend. Abigail zog einen Schmollmund. "Natürlich nicht", beeilte sie sich zu sagen. "Aber nun gut. Erste Sache: Party." Ich nahm ihr die Handtücher aus dem Arm und begann, sie in die Regale zu legen. "Mensch Abigail, die Party ist in zwei Wochen!", tat ich das Thema ab. Dass ich jetzt schon aufgeregt deswegen war, verschwieg ich lieber. Es gab eben auch Dinge, in denen selbst Abigail nervte uns eins davon war, dass sie einen wochenlang mit einer Sache aufziehen konnte. "Hallo?", entfuhr es ihr empört, während sie die Hände in die Hüften stemmte. "Diese Party ist mega wichtig!" Kichernd verdrehte ich die Augen. "Was liegt dir denn auf dem Herzen?" "Mein nicht existierendes Outfit", seufzte Abigail theatralisch. Ich prustete los. "Du hast einen ganzen Ankleideraum voll atemberaubend schöner Klamotten! Du wirst schon was passendes finden", beschwichtigte ich sie. "Nun gut, du hast vielleicht recht, aber..." Sie druckste etwas herum. Fragend sah ich zu ihr auf. "Aber was?" "Ich mache mir auch etwas Sorgen um dich und dein Outfit." Sie entließ die angehaltene Luft aus ihrem Mund und sah mich mit gekräuselten Augenbrauen an. "Um mein Outfit?", wiederholte ich ungläubig. Ich wusste nicht, ob ich weinen oder lachen sollte. "Ja. Wenn du wieder dein weißes Sommerkleid trägst", sie deutete an mir herunter, "dann wird das ziemlich unpassend aussehen und du wirst womöglich die ganze Nacht allein über die Tanzfläche huschen." Ich verschränkte die Arme vor der Brust. "Wer mich in diesem Kleid lamgweilig findet, der hat mich zum Tanzen auch nicht verdient", entgegnete ich wütend. "Ach Holly, du verstehst das falsch!", sagte Abigail verzweifelt. "Aber es ist nun mal eine Party und kein normaler Ferientag. Meinst du nicht, es würde dir mal gut tun, auch Kontakt zu anderen Leuten außer mir aufzubauen?" Ich hasste sie dafür. Ich hasste sie dafür, dass sie verdammt nochmal genau ins Schwarze traf. Verzweifelt ließ ich die Arme hängen. "Niemand wird mich antasten, Abigail, selbst in der schönsten Abendmode nicht! Und weißt du warum? Weil ich abschreckend aussehe! Ich habe die Figur einer Hundehütte: vollkommen unförmig und noch dazu in jeder Ecke ein Knochen." Abigail sah mich erst erschrocken, dann mitleidig an. "Ach, Süße", murmelte sie, während sie mich in eine Umarmung zog. "Du hast auch nicht mehr Knochen als andere Menschen. Du hast bloß das große Glück, dass sie nicht von einer Rolle Speck umgeben sind." Ich atmete ihren typischen Abigail-Geruch ein. Zitrone. Sie roch immer nach Zitrone, und das, obwohl sie ein Deo benutzte, das angeblich nach Schokolade riechen sollte. "Okay, du hast gewonnen", brummte ich gespielt wiederwillig. "Ich ziehe ausnahmsweise etwas anderes an." "Du bist ein Schatz!" Ehe ich mich versah, hatte sie mir einen Kuss auf die Stirn geschmatzt. "Und jetzt zu einem anderen, nicht ganz unwichtigen Punkt: Wassermädchen." Ich blinzelte überrascht. "Hast du sie noch mal gesehen?", fragte Abigail aufgeregt, doch ich musste sie mit einem Kopfschütteln enttäuschen. "Ich dachte, du wolltest sie besuchen?", sagte sie vorwurfsvoll. "Es hat sich noch nicht ergeben", murmelte ich entschuldigend, während ich zu meinen Fußspitzen sah. Doch Abigail schien mir das nicht abzunehmen. "Holly Spencer! Hast du etwa kalte Füße bekommen?" Ich schwieg. "Hallo! Ich rede mit dir!" Schweigen. "Ich fass es nicht!", rief sie aus, ehe sie die Hände rang. "Wir hatten doch besprochen, dass du sie wiedertriffst!" "Aber ich fürchte mich vor ihr!", jammerte ich. "Außerdem weiß ich nicht einmal, wo sie wohnt." Abigail bedachte mich mit einem strengen Blick. "Mädchen, sag nicht, dass du nicht weißt, dass du nur zum Meer gehen brauchst, um sie zu finden. Und du weißt bestimmt auch nicht, dass sie längst auf dich wartet." Die Ironie in ihrer Stimme war nicht zu überhören. "Du spinnst doch", murmelte ich, doch sie blickte herausfordernd auf mich herab. Und selbst so sah sie noch verführerisch aus. Wie schaffte sie es nur, in jeder Situation blenden auszusehen? "Gut, ich sagte ja, ich fürchte mich vor ihr." "Und deswegen wartest du, bis sie ungeduldig wird und dir auflauert?", stöhnte sie. Ich legte den Kopf schief. "Ich will sie treffen, aber ich will sie nicht wiedersehen müssen." Abigail's Miene wurde nachdenklich. "Sie erinnert dich zu sehr an Ruby, nicht?", sagte sie leise. Mehr als ein zittriges Nicken bekam ich nicht mehr hin, ehe ich an der rauen Steinwand hinunterrutschte. Abigail ging vor mir in die Hocke. "Du musst  über deinen Schatten springen, Holly." Ihre Augen hielten eindringlich an meinen fest. Benommen atmete ich einige Male tief ein und aus und versuchte, Kontrolle über mich zu gewinnen. "Okay", sagte ich langsam. Schon im nächsten Moment beschlich mich die leise Ahnung, dass ich mit dieser Einwilligung mehr ins Rollen gebracht hatte als bloß ein Treffen mit dem geheimnisvollen Wassermädchen.

*

Als ich am Abend in der Bar saß, um Klavier zu spielen, bekam ich sehr schnell einen allzu neugierigen Zuschauer: Matthew. Offenbar brannte er darauf, mir etwas furchtbar wichtiges mitzuteilen, sodass ich mein Tun schon nach wenigen Minuten unterbrechen musste. "Was gibt's?" Ich versuchte, so geduldig zu klingen wie möglich. Ich mochte Nerven aus Stahl haben, dennoch brachte es mich überraschend schnell auf die Palme, wenn ich mitten im Stück aufhören musste. "Es geht um die Briefe meiner Frau", flüsterte er geheimnisvoll. "Was für Briefe?", flüsterte ich zurück. "Es gibt einige, die haben einen Absender, den ich nicht kenne", sagte er und sah sich verstohlen um. So langsam kapierte ich. "Und?" Ich lehnte mich vor. "Was und?" "Na, ist die Adresse in der Nähe? Aus Port Isaac vielleicht?" Matthew schüttelte den Kopf.

"Es war eine Adresse aus Cardiff." Ich stöhnte auf. Nicht viel und ich hätte meinen Kopf auf die Tasten des Klavier's donnern lassen. Cardiff! "Das ist fast vier Stunden von hier entfernt", gab ich zu bedenken. Aber da hatte ich eine neue Idee. "Stand vielleicht eine Telefonnummer oder eine E-mailadresse in den Briefen?" Wieder ein Kopfschütteln. "Worüber ist der Inhalt? Irgendetwas bedeutungsvolles?", hakte ich nach. "Nein, nicht wirklich. Es klang, als wäre es von einer guten Freundin von Bethany geschrieben worden", grübelte Matthew, während er seine Stirn in falten legte. "Wie kommen wir denn nun nach Cardiff?", stöhnte ich auf. "Mit dem Zug", sagte Matthew trocken, woraufhin ich mir mit der flachen Hand vor die Stirn schlug. "Nein, ich meine, mit welcher Ausrede erkläre ich das meiner Mum?" Er zuckte mit den Schultern. "Mit der Wahrheit?", schlug er dann vor, was mich dazu veranlasste, verächtlich zu schnauben. "Entweder wird sie vollkommen überängstlich reagieren, oder es ist ihr total egal. Falls ich einen Moment abpassen wollte, in dem es ihr total egal ist, müsste ich warten, bis sie wieder im Wohnzimmer vor sich hinstarrt. Vorausgesetzt, sie schließt nicht ab." Überraschenderweise ziehen sich Matthew's Mundwinkel verschmitzt nach oben. "Bereit, dieses Risiko einzugehen?" Für einen Mann mit seinem Alter war er ganz schön gerissen, was mich dazu veranlasste, kurz zu grinsen, jedoch wurde ich schnell wieder ernst. "Ich weiß nicht", gestand ich kleinlaut. "Es muss doch noch einen anderen Weg geben. Wir sollten über Plan B nachdenken." Es war, als wischte man ihm die Abenteuerlust mit einem Lappen aus den Augen, der sie stumpf und alt zurückließ. Seine Stirn glättete sich. "Ja", sagte er schroff. "Darüber sollten wir nachdenken." Ohne ein weiteres Wort wandte er sich ab und verließ die Bar. Stirnrunzelnd sah ich ihm hinterher, und überlegte, ob ich ihm folgen sollte, doch mein Kopf war definitiv zu voll mit Fragen. Ich wollte mich gerade erheben, um selbst schlafen zu gehen, da kam Mrs Hatcherson auf mich zugeschossen. Kaum hatte sie mich erreicht, drückte sie mich auf den Hocker zurück. "Spiel", forderte sie mich auf. "Hariet!", raunte Mr Hatcherson, der dazugestoßen war. "Was denn?" Ihre kupferfarbenen Haare wippten auf und ab, als sie das Gewicht von einem Bein auf's andere verlagerte. Ihre kleinen Äuglein strahlten mich an. "Nun los!", drängte sie. "Äh", machte ich perplex und spürte, wie ich rot anlief. "Was wollen Sie denn hören?" "Mozart." Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. "Mozart?", wiederholte ich. Mozart war ein seltener Wunsch unserer Gäste. Die meiste Zeit spielte ich Jazz und nicht Klassik. Doch der Gedanke, mein Lueblingsstück von Mozart zu spielen, ließ meine Finger aufjucken. Nach kurzem Zögern holte ich Luft und spielte los. Die ersten Töne klangen wackelig, unsicher, doch als ich merkte, wie gut es klappte, ließ ich meine Finger mit mehr Sicherheit über die Tasten fliegen. "Stop", rief Mrs Hatcherson mitten im Stück. "Ja?", ich sah zu ihr auf, während ich versuchte, ihrem Gesichtsausdruck zu entnehmen, ob es ihr wohl missfallen hatte. "Spiel Hayden", befahl sie. Und so ging es in einem fort. Immer mehr Lieder ließ sie mich spielen; es wurde immer verrückter. Schließlich atmete sie begeistert aus und ich war erleichtert, dass es vorbei war. Es war mir unangenehm, wenn jemand neben mir stand, der auf jeden Ton achtete. "Ich habe ein wenig nachgeforscht", erzählte sie, ohne den Blick vom Klavier zu nehmen. "Aha", erwiderte ich mit höflichem Interesse. "Wegen der Musik, die ich am Tag unserer Ankunft hörte." Davon sprach sie! "Okay", sagte ich atemlos. Was mochte jetzt wohl kommen. "Gestern und heute hab ich die Musik wieder gehört", fuhr sie fort. "Ich bin Walken gewesen, also dachte ich mir, ich geh ein Stückchen den Strand rauf. Dann kam ich an so einem Haus an, nur aus Glas." Welches Haus?   "Und in dem Haus stand ein weißer Flügel, an dem saß ein Mädchen und hat gespielt. Sie muss gemerkt haben, dass ich gekommen bin, denn sie hat sich völlig aprubt umgedreht und mir einen eiskalten Blick zugeworfen. Ich weiß noch, die Augen hatten die intensive Farbe von Algen. Und die Haare, feuerrot, lang und gelockt. Eigentlich ein schönes Mädchen, nur so ... mächtig irgendwie. Kennst du die?" "Nein", krächze ich, lange nicht so überzeugt wie es eigentlich klingen sollte. Die Information schlug mich fast vom Hocker. Das Wassermädchen wohnte in einem Glashaus, ein Stück den Strand hinauf. Komisch, das konnte überhaupt nicht sein! Noch nie hatte ich in dieser Gegend ein Haus gesehen. Neugier flammte auf, und jede Menge Furcht. Irgendwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu.

**********************

Sonntagabend, Scheißlaune, aber ich dachte, ich heitere mich mal ein wenig auf, also: euer Update. Ich hoffe, es gefällt euch! :D

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