Auf das, was war

By ClaryTecker

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,,Bist du hier, um zu springen?" ,,Nein, ich will mir bloß den Sonnenuntergang ansehen. So ganz alleine ist e... More

Vorwort
Bungee-Jumping ohne Seil
Ginger
Die Sache mit der Raucherlunge
Das Sarkasmus-Problem
Ein Typ vom Mars
Ausgebrannt
Am Ende der Welt
Alles, was wir tun
Hör zu
Home sweet home
Verdammt perfekte Welt
Allison
Dream a little Dream
Das Frage-und-Antwort-Spiel
Nicht so wie es aussieht
Unter vier Augen
Festgehaltene Erinnerungen
Die Schweige-Verpflichtung
Was wäre, wenn...
Sag einfach nein
Der Freundschafts-Kodex
Zwischen Kakao und Toastbrot
Keiner ist so kaputt wie ich
Anti
Schere, Stein, Papier
Dinner for two
Tritte unter dem Tisch
Vereinbarungen der anderen Art
Der Nirvana-Komplex
Rauchen kann tödlich sein
Operation "Dylan"
Langzeitstrategie
Beziehungsunfähig
Der Suizid, der ins Wasser fiel
Gegen die Zeit
Versprochen ist versprochen
Seelensplitter
Der sicherste Ort des Sonnensystems
Kurze Zeit später
22 Sekunden
Wo die Typen Röcke tragen
Böser alter Jeep
Plan B
Freitag der 13.
Der grauenhafte Poet
Geständnisse
Wendepunkte
Der Geschichtenerzähler
Am Ende sind wir alle alleine
Ein Kaputzensweatshirt für alle Fälle
Auf das, was war
Fünf vor Zwölf
Kalte Füße
Ungenannte Schulden
Ende
Stille
Getrennte Wege
Wie alles begann
Danksagung

Die inoffizielle Untermieterin

2.7K 192 13
By ClaryTecker

Grace:

Es scheint weder die Sonne, noch regnet es. Stattdessen ist es einfach nur bewölkt. Bewölkt und ein wenig grau.

Dylan hat heute erst später Schicht und hat es daher vermutlich für eine gute Idee gehalten länger zu schlafen. Jedenfalls ist das der Grund, weshalb wir jetzt alleine an diesem Küchentisch hocken. Allison hat sich in ihr Zimmer verzogen und Tyler spielt unten im Hof mit seinen Freunden Fußball. Ihre Tor-Rufe sind kaum zu überhören. Es ist kaum zu glauben, dass die beiden bis jetzt dicht gehalten haben. Dylans Vater scheint jedenfalls noch immer an der Vermutung festzuhalten, dass ich tatsächlich seine Mathe-Nachhilfe-Schülerin bin.

Ich gähne. Irgendwie fühle ich mich erstaunlich ausgeschlafen und müde zugleich, was womöglich auch an der letzten Nacht liegt. Ich weiß nicht, ob es Dylan gewesen ist, der mich dazu gebracht hat, einfach wieder einzuschlafen, aber fest steht, dass er der Erste ist. Der Erste, der mir zeigt, dass ich irgendwo halbwegs sicher sein könnte, auch wenn das bedeutet, dass ich seine Kommentare in Kauf nehmen muss. Kommentare, mit denen ich auf Dauer sogar leben könnte, weil er mich nicht bei jedem meiner Worte unverständlich anstarrt oder meine Meinung auf eine gestörte Kindheit zurückführt.

„Was hast du heute vor?", will Dylan schließlich wissen und reißt mich damit endgültig aus meinen Gedanken. Er sieht noch ein wenig verschlafen aus, was mich nicht wirklich wundert. Wie lange hat er meinetwegen noch wachgelegen und nachdenklich an die Decke gestarrt? Minuten? Oder vielleicht doch Stunden?

Wie lange hat er über die gestrigen Geschehnisse nachgedacht? Über Tylers Verschwinden, den Streit mit seinem Dad und meine eigenen Worte?

Ich hätte ihm nicht von den Geschehnissen berichten sollen. Allgemein sollte er sich weniger Gedanken um mich machen, dass wäre für uns beide von Vorteil. Vorausgesetzt ich würde jemals das Gleiche schaffen, anstatt mich andauernd dabei zu ertappen, wie ich über ihn grübele.

„Weiß nicht." Ich zucke mich den Schultern und greife nach dem letzten Toast im Brotkorb. „Hier bleiben, der Steuerfahndung mit dem Durchsuchen der Wohnung Konkurrenz machen... - Ich werde jetzt schließlich offiziell vermisst und wer vermutet schon, dass ich ausgerechnet bei dir die inoffizielle Untermieterin spiele?"

Die Mischung aus Spott und Sarkasmus ist wirklich kaum zu überhören. Kein Wunder, dass mich manche Menschen dafür hassen. Sie können sich nie sicher sein, ob ich die Wahrheit sage, was wahrscheinlich auch mit einem gewissen Grad an Dummheit ihrerseits zusammenhängt. Ironischerweise setze ich Dylan damit irgendwie auf die Liste der clevereren Personen.

Gleichzeitig lässt ihn die Tatsache mich bei sich aufzunehmen wie einen Wahnsinnigen erscheinen. Vor allem, wenn ich daran denke, dass er meinetwegen sämtliche Vermistenanzeigen verschwinden lassen hat.

Ich schlucke. In meiner Magengegend macht sich ein ungutes Gefühl breit.

„Planst du zufällig wieder in die Fänge meiner kleinen Schwester zu geraten?" Dylan grinst und sieht zu mir herüber. Er trägt eines seiner Hemden, die dunklen Haare zerzaust und vorne dennoch ein wenig hoch gegeelt, wobei die Ringe unter seinen Augen das Gesamtkonzept zumindest ansatzweise ruinieren.

„Sie hat es aufgegeben mir ihre Kosmetikartikel andrehen zu wollen, nachdem ich ihr ein einstündiges Video über Tierversuche gezeigt habe", murmele ich, während ich versuche mein Toast möglichst gleichmäßig mit Marmelade zu bestreichen. Womöglich klingt das jetzt nach einem ernsthaften Spleen, aber irgendwie kann ich es nicht ab, wenn Teile des Brotes nicht mit Marmelade bedeckt sind. „Und die Sache mit Titanic werde ich ihr auch noch verderben. Du weißt nicht zufällig wie dieser merkwürdige Film namens Twilight ausgeht? Den mit dem glitzernden Typen, meine ich?"

„Und dennoch verwendest du seit Neusten so etwas wie Wimperntusche und Lippenstift", erwidert Dylan neckend.

„Ich wusste gar nicht, dass ausgerechnet du Ahnung von Kosmetikartikeln hast", spotte ich.

„Hab ich auch nicht", entgegnet er seufzend. „Aber irgendjemand muss sich schließlich all die Jahre Allisons neusten Stylingtipps anhören, wenn Dad arbeiten ist und Tyler sich bei der nächsten Gelegenheit in sein Zimmer eingeschlossen hat."

Das Bild von Allison und Dylan, wie sie ihm versucht den Sinn von Wimperntusche oder Mascara zu erklären schiebt sich unweigerlich in meine Gedanken, ehe ich es zwei Sekunden später auch schon wieder bereue.

Er schweigt und ich kann nicht anders, als seinen Blick einfach nur zu erwidern. Wieso hat ausgerechnet er es geschafft mich von diesem verdammten Dach herunter zu holen? Warum ist es ausgerechnet er, der mich mit jedem weiteren Tag mehr davon abhält, mich von dieser Welt zu verabschieden, indem er mir von Stunde zu Stunde wichtiger wird?

Verflucht, ich hasse diese Gefühle!

„Du hast mich gefragt, was ich mache, wenn du nicht da bist", fange ich nach einer Weile noch einmal an. Meine Worte klingen mehr wie eine Feststellung, als eine Aussage. „Warum?"

Dylan zuckt mit den Schultern. „Na ja", Er klingt fast schon verlegen. „Ich dachte du willst vielleicht hier raus und da ich heute ein paar Stunden weniger Dienst habe..."

Er beendet seinen Satz nicht, aber ich weiß auch so, worauf er hinaus will.

Ich bringe mich doch tatsächlich dazu zu lächeln. „Ob du es glaubst oder nicht, aber hier weg zu kommen ist so ziemlich das Einzige, was ich zurzeit will. Egal wohin, einfach nur weg."

Einfach nur weg von dieser engen Wohnung, wo ich wegen Dylan meine letzten Tage absitze.

„Ich überleg mir etwas, okay?" Auf seinem Gesicht spiegelt sich einmal mehr dieses verschmitzte Grinsen, mit das er mich wie so oft gekonnt in den Wahnsinn treibt. „Vorausgesetzt du hast nicht noch irgendwelche Extrawünsche."

„Und was ist, wenn es so wäre?"

Meine Hand wandert zu meinem Glas, nur um festzustellen, dass es leer ist. Vielleicht ist das der Moment in dem ich ganz beiläufig Orangensaft nachschütten sollte.

Er seufzt, doch das gewohnten Augen verdrehen bleibt aus. „Das kommt auf den Extrawunsch an."

„Also gut", antworte ich dieses Mal leiser als zuvor und schaffe es seinen Blick zu erwidern. „Es ist mir egal wo wir am Ende landen, solange du dabei bist."

Ich kann nicht fassen, dass ich das gerade wirklich gesagt habe. Es ist fast schon auffällig wie sorgsam ich versuche den Orangensaft in mein Glas zu schütten, nur um von meinen Worten abzulenken.

„Heißt das, du vermisst mich?", entgegnet er neckend.

Ich stöhne genervt. Manche Menschen sind einfach zu sehr von sich überzeugt. - Auch wenn Dylan mit seinen Überzeugungen in letzter Zeit immer häufiger richtig liegt.

„Sollte ich das?", fragend hebe ich die Augenbrauen. „Schließlich bist du gerade anwesend."

Irgendwie macht es mir Spaß ihn zu provozieren. Vielleicht sollte ich eine Art Sport daraus machen.

„Ich meine, wenn ich nicht da bin." Dylan verdreht die Augen.

Vor einer Woche ist auch nicht da gewesen, wenn ich jemanden wie ihn gebraucht hätte. Und dennoch weiß ich, dass es nicht seine Schuld ist. Eigentlich sollte er nicht einmal jetzt hier sein, doch insgeheim weiß ich, dass ich ihn nicht einfach wieder gehen lassen kann. Ich kann nicht zu dem Zeitpunkt zurückkehren, als ich noch auf dem Dach stand ohne nicht mindestens einen Gedanken an Dylan verschwendet zu haben.

„Wenn du da bist, ist die Welt irgendwie nicht ganz so deprimierend", gestehe ich ihm schließlich und kann nicht anders, als meinen Blick für wenige Sekunden von ihm abzuwenden und stattdessen auf die Tischplatte zu starren, in der Hoffnung, dass er mich nicht für den erstbesten verliebten Teenager hält.

„Degradierst", beginnt Dylan. „Degradierst du mich gerade zu deinem Psychotherapeuten?"

„Wolltest du das nicht ursprünglich sein?" Der alte Spott ist zurück, doch ich irgendwie bin ich mir nicht einmal mehr sicher, was ich davon halten soll.

„Definitiv nicht", antwortet er und auf seinem Gesicht spiegelt sich wenigstens für einen kurzen Moment ein Ausdruck, der einem Lächeln gleichkommt. „Eher derjenige, der dein Leben nur halb so deprimierend macht, wie es laut dir ist."

Ich rümpfe die Nase.

„Was ich scheinbar geschafft habe."

Wenn er nur wüsste, wie sehr.

„Woher weißt du, dass ich nicht bluffe?" Ich sehe ihn an, hoffend, dass er mir die Lüge wenigstens dieses Mal abkauft und ich es schaffe meine Fassade aufrecht zu erhalten.

„Weil du solche Tatsachen für gewöhnlich leugnest, wenn du sie nicht ausstehen kannst." Jetzt lächelt Dylan doch.

„Kann schon sein", gebe ich schließlich zu. Ich kann es nicht leiden, wenn er mich durchschaut, ebenso wenig wie den triumphierenden Blick, den er mir gerade zuwirft.

„Stimmst du mir gerade zu?", will er wissen.

„Ich hasse es, wenn du versuchst mich zu durchschauen und dann auch noch richtig liegst", spreche ich meine Gedanken schließlich laut aus.

„Und da war die Bestätigung."

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