Ausgebrannt

8K 463 23
                                    

Dylan:

„Was ironischerweise nicht an der Tatsache liegt, dass du hier deine Sozialstunden ableistest", stellt Ginger spöttisch fest, aber dieses Mal hält sie ihr Grinsen nicht zurück. Für einen kurzen Moment glaube ich ihre Grübchen zu erkennen, doch als ich erneut zu ihr herüberblicke, sind sowohl ihre Grübchen, als auch ihr Grinsen verschwunden.

„Nein."

„Aber an deiner Familie."

„Ich kann es nicht ausstehen, wenn jemand nicht nur sarkastisch, sondern auch noch scharfsinnig ist", gebe ich Grace zu verstehen, was sie jedoch weitgehend unbeeindruckt lässt.

„Menschen, die Sarkasmus verstehen sind laut einer Studie klüger als diejenigen, die es nicht tun", bemerkt sie neben mir, obwohl sie wahrscheinlich weiß, dass der Begriff Studie nicht immer die Realität widerspiegelt. „Solltest du auch mal versuchen."

Immerhin hat Ginger aufgehört ihre Füße gegen die Fassade zu stemmen, was heißt, dass sie erst einmal nicht vor hat zu springen. Wäre auch zu schade gewesen ihre Überreste vom Pflaster kehren zu müssen, denn ehrlich gesagt hat die Welt ihren Tod nicht verdient. Selbst wenn sie glaubt, dass es besser ist zu sterben, weil sie der Welt überdrüssig ist, wäre es eine Lüge, denn ohne Menschen wie Grace würde sie in geradezu Übelkeit erregender Perfektion versinken.

Du bist ein grauenhafter Poet, Dylan.

Ich verdränge den Gedanken daran, kann aber nicht leugnen, dass ich ihren Sarkasmus auf jeden Fall vermissen würde.

„Bin dabei", erwidere ich schließlich in Grace Richtung. „Zumindest, wenn ich nicht gerade versuche dich zu verstehen."

„Der besorgte Psychologe steht dir nicht."

„Als ob die mich jemals als Psychologen einstellen würden." Möglicherweise noch als Kinderpsychologen, weil ich es immerhin schaffe regelmäßig auf Allison und Tyler aufzupassen, ohne dass die Wohnung in die Luft fliegt, aber selbst der Job im Krankenhaus scheint meinen Vorgesetzten weniger Spaß zu machen, seit ich ihnen dabei helfe Rentnern den Katheder zu wechseln oder das Filmprogramm in der Kinderecke auszuwählen. Ich meine, was ist bitte so schlimm daran, wenn sie sich bereits frühzeitig an Chucky, Pennywise oder Michael Myers gewöhnen? Tyler war gerade einmal acht Jahre alt gewesen, als Freddie Krueger sein bester Freund wurde.

„Entweder hast du keine Ahnung, wie du dich selbst einschätzen sollst oder", Merida sieht mich beinahe erwartungsvoll an, während sie fortfährt. „Oder du bist noch durchgeknallter, als du vorgibst zu sein."

„Wie war das nochmal mit dem Psychologen?"

Ginger hat in ihrem Leben sicherlich schon mehr als nur einen Psychologen gesehen. Zumindest lässt ihre Vorahnung über solche Dinge, gemischt mit ihren sonstigen Verhaltensweisen darauf schließen. Ihre Mutter hat diese Kosten allerdings sicher nicht übernommen, weshalb es wahrscheinlich das Jugendamt war, dass auf die Idee gekommen ist, dass sie nicht ganz dicht sein könnte.

„Was ist mit deiner Familie passiert?" Ich kann es nicht leiden, wenn Grace mir diese Frage stellt. Stattdessen wandert mein Blick über ihre Converse sechs Stockwerke tiefer, wo sich noch immer etwas abspielt, was mich an eine Szene aus einem schweren Verkehrsunfall erinnert. Ironischerweise ist dieser Unfall direkt vor dem Krankenhaus geschehen, sodass es der Krankenwagen nicht allzu weit haben sollte, um die Opfer zu versorgen. Bei genauerem Hinsehen kann ich die einzelnen Sanitäter wie Ameisen herumlaufen sehen, mit dem Ziel die Verwundeten schnellstmöglich zu versorgen.

„Meine Mum ist tot." Es ist nicht einmal eine Tatsache, auf das Grace nicht auch selbst hätte kommen können. ,,Sie hat sich aus dem Küchenfenster gestürzt, als ich 12 Jahre alt war."

Auf das, was warOnde as histórias ganham vida. Descobre agora