Der Fluch der Topsy-Turvy | W...

By jinnis

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Kalina ap Theron braucht dringend einen Job, um sich und die gemischte Crew ihres Raumfrachters durchzubringe... More

1 - Der kurze Strohhalm
2 - Die Brutkammer
3 - Das Geheimnis von Tanencha sy Tyrin
4 - Der Fluch
5 - Unangenehme Begegnung
6 - Vom Regen...
7 - ... in die Traufe
8 - Kalis Geschichte
9 - Wo ist der Eindringling
10 - Verloren im All
11 - Ruhe vor dem Sturm
12 - Auf Eis gelegt
13 - Neuland
14 - Lebenszeichen
16 - Topsys Fluch
17 - Erkundungstour
18 - Explosive Entdeckung
19 - Missgeschick
20 - Schatten der Vergangenheit
21 - Verzweifelte Pläne
22 - Von Schleudern und Vertrauen
23 - Topsilina
24 - Das Herz von Ajs an'Hlj
25 - Höllenritt
26 - Ausstieg aus dem fahrenden Zug
27 - Wie Zuckerwatte
28 - Das Lied von Sqia'lon Sieben
29 - Teamwork
30 - Ein Epilog

15 - Im Anflug

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By jinnis

Perfekt. Hier waren wir also, in einer unerforschten Ecke des Weltraums, auf Annäherungskurs mit einem mysteriösen Planeten, und beschenkt mit einer Ladung von Raumschnecken, die gerade aus dem Tiefschlaf aufwachten um in ihre hyperaktive Wachstumsphase einzutreten. Ich schloss meine Augen im Versuch, meine spontane geistige Abgeschlagenheit in den Griff zu bekommen. Es dauerte eine Weile, bis  ich mich wieder in der Lage fühlte, mit sicherer Stimme zu sprechen. „Gut. Gibt es sonst noch aufmunternde Neuigkeiten? Oder weitere Überraschungen?"

Ich erhielt keine Antwort, und als ich meine Lider wieder öffnete, begegnete ich zuerst einem verärgerten Blick von Aalyxh. Sie deutete wortlos auf die kleine Tyrinianerin, die ihre Augenstiele komplett ineinander verknotet hatte und ein klägliches Bild des Elends bot. Augenblicklich bereute ich meinen Ausbruch. Ajs war noch neu an Bord und bemühte sich sehr, sich an die Sitten und Gebräuche der Topsy zu adaptieren. Ich seufzte. „Tut mir leid, Ajs, es ist nicht dein Fehler."

Sie entwickelte ihre Augen mit einer schwindelerregenden Bewegung, während die Haut ihres Oberkörpers sich in ein tiefes Indigo verfärbte. „Das war nicht so geplant, Cap Kali. Die Programmierung der Tiefschlafeinheit sah vor, mich kurz vor unserer Ankunft im Sqia-System aufwecken." Die türkis und blauen Flecken auf ihrem Körper waren nun deutlich sichtbar und sie bebte. War ich wirklich so furchteinflössend? „Die zweite Ladung der Nestlinge sollte nach der Ankunft schlüpfen, sobald die Topsy-Turvy ihren Frachtlohn erhalten und das System bereits verlassen hätte. Es war nicht die Absicht der Tanencha, dich in ihre Vorhaben zu verwickeln."

Das ganz klang wie ein ausgetüftelter Komplott. Vielleicht etwas zu ausgetüftelt, um funktionieren zu können, besonders wenn unerwartet die Severills, ein schwarzes Loch und die Urgroßmutter aller Ionenstürme zu der Gleichung hinzugefügt wurden. „Verstehe ich das richtig, Ajs? Das Ganze sollte ablaufen, ohne dass wir etwas davon wissen?"

„Die Tanencha wollte dich nicht damit kompromittieren oder belasten. Der Transport hätte ganz problemlos verlaufen sollen."

Hätte. Nun, er hatte aber ganz eindeutig nicht. Ich seufzte. „In unserer momentanen Situation wäre ich trotz allem froh, ich wüsste, weshalb die Tanencha ihre Nestlinge gleich zu Hunderten nach Sqia'lon Sieben schickt. Und ich habe nicht die Absicht, dich oder deine Cousins auf dem Speiseplan zu setzen, also hör bitte auf zu zittern, Ajs."

Der bloße Gedanke an eine Mahlzeit aus fühlenden Lebewesen führte zu Knoten in meinen Innereien. Aber zumindest erfüllte die Bemerkung den Zweck, Ajs etwas aufzuheitern, und ihr Zittern ließ nach.

„Die Regierung von Sqia'lon hat ausdrücklich darum gebeten, Cap Kali." Ihre Stimme klang etwas zuversichtlicher und selbstbewusster.

Vielleicht hatte ich es geschafft, ihre fundamentalen Existenzängste etwas zu zerstreuen. In diesem Fall musste ich die Gelegenheit ergreifen, weitere Informationen zu sammeln. „Weißt du, warum die Einwohner der Kolonie eine Ladung gefrorener—„
Ich sagte beinahe Schnecken, aber glücklicherweise wurde ich rechtzeitig von Hrrovrs Ansage unterbrochen.

„Captain, wir erreichen Orbit. Die Zs'sus'ssammens'ssetzs'sung der Atmos'ssphäre scheint im Normalbereich für einen bewohnten Planeten zs'su ss'sein, ss'sauber und atembar. Und ich kann keine Waffenss'sys'ssteme lokalis'ssieren."

Seine ausgedehnte Sammlung von Zischlauten klang wie gute Neuigkeiten. „Gibt es Lebenszeichen? Die Satelliten wurden ja wohl von jemandem gebaut."

„Bisher kein Nachweis einer intelligenten Spezies, Captain." Hijac roch wie ein fermentierter Fruchtkompott. Während ich seine Faszination über unsere Entdeckung verstehen konnte, hätte ich gerne auf die alkoholische Manifestation seiner Begeisterung verzichtet. Aber er war zu sehr in seine Beobachtungen vertieft, um die Auswirkungen seiner Düfte auf den Rest der Crew zu bemerken. "Es gibt auf dem Planeten organisches Leben, in manchen Regionen ist es sogar recht präsent. Allerdings handelt es sich um vergleichsweise rudimentäre Organismen. Bakterien, Pilze, einige Pionierpflanzen und simple Mollusken. Sonst kann ich nichts feststellen."

Ich versuchte, tief durchzuatmen, ohne von den Alkoholdünsten schwindlig zu werden. „Aber weder Bakterien noch Pionierpflanzen bauen normalerweise Satelliten."

„Richtig, Captain. Zu einem gewissen Zeitpunkt gab es hier eindeutig eine hochentwickelte Gesellschaft. Hochentwickelt genug, um den Orbit des Planeten mit dem Müll ihrer Technologie zu füllen, aber nicht intelligent genug, hinter sich aufzuräumen."

Mir fiel auf, dass der Karjkaner die Vergangenheitsform benutzte. „Gab? Wo sind diese hochentwickelten Bewohner jetzt?"

„Keine Ahnung, Captain. Ich würde sagen, sie sind weg. Aber um mehr darüber herauszufinden, müssten wir vermutlich landen. Es ist denkbar, dass eine Epidemie sie auslöschte, ein Krieg, eine Klimakatastrophe. Die üblichen Stolpersteine der Zivilisation, eben." Hijacs wohlklingende, modulierte und melodische Stimme stand in starkem Gegensatz zu den Szenarien, die seine Worte heraufbeschworen.

Plötzlich schien es mir auf der Brücke ungewöhnlich kalt und ich war versucht, Ben um eine Erhöhung der Raumtemperatur zu bitten, um meine durchfrorenen Knochen aufzuwärmen. Stattdessen rieb ich meine Arme. „Wenn ihnen die Ausrottung drohte, haben sie möglicherweise eine Nachricht für Besucher aus dem All hinterlassen. Hast du die üblichen Kanäle überprüft, Lyxh?"

„Hab ich, Kali. Wenn sie eine Abschiedsnachricht oder eine Warnung hinterließen, dann nicht auf einem Kanal, den ich finden kann. Bereiten wir uns auf eine Landung vor?"

„Noch nicht. Lass uns zuerst den Planeten umkreisen. Vielleicht gewinnen wir noch bessere Daten, oder finden irgendwas, das diese Stille erklärt. Ich will die Topsy nicht in einem Seuchengebiet landen, wenn es sich verhindern lässt."

Die letzte Bemerkung bracht mir einen unergründlichen Blick von Ajs ein. Sich kroch etwas näher an meinen Sessel heran und ich fragte mich, ob unseren jungen Gast ebenso ungute Gefühle über diesen mysteriösen Planeten plagten wie mich. „Ajs, würde es dir etwas ausmachen, nach Ben zu sehen? Ich möchte wissen, ob alles in Ordnung ist, da unten im Maschinenraum."

Mit einem kurzen Zucken der Augenstiele machte sich die Tyrinianerin auf den Weg. Natürlich hätte ich Ben problemlos über Komm rufen können, ganz abgesehen davon, dass er vermutlich den Kanal zur Brücke offenhielt und unsere Gespräche mithörte. Aber es ist eine alte Weisheit, dass es den Grünschnäbeln hilft, wenn man sie in kritischen Situationen beschäftigt hält.

Aalyxh schenkte mir ein Lächeln. „Danke, Kali. Sie gibt wirklich ihr bestes, sich hier anzupassen. Aber sie hat immer noch Angst und riesigen Respekt vor dir. Du hast auf Tyrin offenbar eine Reputation."

Es dauerte eine Weile, bis ich das verdaut hatte. Obwohl mir klar war, dass die Tanencha einen Grund gehabt haben musste, ausgerechnet mich persönlich für diesen Transport anzufragen, war mir immer noch unklar, welchen. Ich würde wohl bei Ajs nachbohren müssen. Aber zuerst mussten wir einige dringendere Probleme angehen. „Jac, hast du einen Moment Zeit, herauszufinden ob und wie wir die Tyrinianer wieder schlafen schicken können? Ich bin nicht bereit, unser schönes Schiff in einen Kindergarten und Krabbelraum umzuwandeln, ganz egal wie nett Ajs auch ist."

„Schon unterwegs, Captain." Der verbrannte Karamellgeruch, der durch die Brücke flutete und seine Enttäuschung ausdrückte, überraschte mich weniger, als die Tatsache, dass er meinem Befehl ohne Zögern Folge leistete. Es war bestimmt hart für ihn, die Erkundung uns anderen zu überlassen.

„Danke. Hrrovr, bitte zeichne alle Daten und Beobachtungen auf, damit Jac sie später analysieren kann. Lyxh, bring uns näher ran. Wir müssen herausfinden, ob es tatsächlich kein intelligentes Leben mehr gibt auf dieser Welt."

„Aye, Kali."

Ich musste ihr nicht extra sagen, dass sie auf den Raummüll aufpassen sollte. Trotzdem krallte ich meine Finger während der Annäherung um die Lehnen meines Sessels, als ob ich damit eine Kollision verhindern könnte.

„Wir pass'ssieren jetzs'st den hohen Orbit. Hier hat ss'sich der meis'sste Müll anges'ssammelt. Weiter drin wird es'ss etwas'ss bess'sser."

„Danke Hrrovr. Ich denke, wir installieren uns zwischen zwei Ebenen von Satellitenorbits. Da sollten wir vor Kollisionen sicher sein. Was meinst du, Kali?"

„Einverstanden." Ich war mir bewusst, dass ich Aalyxh und Hrrovr besser machen ließ, was sie für richtig hielten.

Kurz darauf klettere Ben den Niedergang hoch, begleitet von Ajs. Er ließ sich in seinen Sessel fallen während die Tyrinianerin wieder ihren Platz auf dessen Lehne einnahm. Beide starrten gespannt auf die Anzeige seiner Konsole. „Der Ladevorgang hat sich jetzt beschleunigt. Je näher wir zu dem Stern kommen, desto rascher sind wir wieder voll aktionsfähig."

„Ausgezeichnet. Lyxh, Versuch das Schiff so auszurichten, dass wir möglichst viel Energie auffangen können."

„Mach ich, Kali. Aber wir werden trotzdem die Schattenseite überfliegen müssen, wenn wir die volle Tour des Planeten machen wollen."

„Das dauert ja nicht ewig." Gebannt beobachteten wir den Planeten, während Aalyxh das Schiff in einer am Pol beginnenden Spirale um die Kugel führte. Nichts deutet daraufhin, dass es da unten Leben gab, weder auf der Tag- noch auf der Nachtseite.

Hrrovr speiste die Daten in unseren Katalog ein, aber er fand keinen Hinweis darauf, dass diese Welt bereits kartiert worden war. „Keine Übereins'sstimmung. Wir ss'sind in einem unbekannten Ss'sektor."

Das hatte ich bereits befürchtet. Bevor ich mich aber zu dem Problem äußern konnte, riss mich Hijacs Berührung am Ellbogen aus meinen Gedanken. „Captain, ich konnte die letzte  Gruppe der Tyrinianer stabilisieren."

„Gelobt sei die galaxienverschlingende Raumschlange." Ich fühlte, wie das Gewicht eines soliden Asteroiden von meinen Schultern fiel. Aber ein modriger Dunst karjkanischer Belustigung ließ mich vermuten, dass ich mir zu früh Erleichterung erlaubt hatte. „Was ist daran so lustig?"

„Ich habe von der letzten Gruppe gesprochen, Captain, also von der dritten. Für die zweite ist es leider zu spät. Morgen werden wir mehrere hundert neuer Crewmitglieder auf der Topsy begrüßen dürfen."

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