Der Fluch der Topsy-Turvy | W...

By jinnis

4.9K 682 279

Kalina ap Theron braucht dringend einen Job, um sich und die gemischte Crew ihres Raumfrachters durchzubringe... More

1 - Der kurze Strohhalm
2 - Die Brutkammer
3 - Das Geheimnis von Tanencha sy Tyrin
4 - Der Fluch
5 - Unangenehme Begegnung
6 - Vom Regen...
7 - ... in die Traufe
9 - Wo ist der Eindringling
10 - Verloren im All
11 - Ruhe vor dem Sturm
12 - Auf Eis gelegt
13 - Neuland
14 - Lebenszeichen
15 - Im Anflug
16 - Topsys Fluch
17 - Erkundungstour
18 - Explosive Entdeckung
19 - Missgeschick
20 - Schatten der Vergangenheit
21 - Verzweifelte Pläne
22 - Von Schleudern und Vertrauen
23 - Topsilina
24 - Das Herz von Ajs an'Hlj
25 - Höllenritt
26 - Ausstieg aus dem fahrenden Zug
27 - Wie Zuckerwatte
28 - Das Lied von Sqia'lon Sieben
29 - Teamwork
30 - Ein Epilog

8 - Kalis Geschichte

165 24 28
By jinnis

Ich räusperte mich. „Also, ich schlich mich an Bord des Severill-Flaggschiffs, als ich noch ein Nestling war. Und zwar obwohl Lyxh mehrfach darauf bestanden hatte, dass es eine dumme Idee war."

Die Pilotin prustete aus beiden Nasen. „Kali wollte unbedingt diesen Gelenianer in unserem Astrophysik-Kursus beeindrucken, der sie nicht eines Blickes würdigte. Sie war über beide Kiemen in ihn verschossen."

„Ist gar nicht wahr. Ich tat es, weil ich es tun konnte, es war eine Wette." Meine Kiemen brannten mindestens so heiss wie der Ausstoß unserer Plasmatriebwerke, so peinlich war mir das alles.

Aalyxh kicherte. „Ja, deine Wette brachte uns die ewige Freundschaft der ganzen Severill-Bande ein. Ganz abgesehen davon hast du mir nie erzählt, was genau du getan hast, um ihren immer-währenden Hass zu verdienen. Es muss ziemlich unverzeihlich gewesen sein."

Ich musste zugeben, dass sie in diesem Punkt recht hatte. Damals hatte mich die Scham davon abgehalten, jemandem die Wahrheit zu erzählen. Aber wenn es jemanden gab, der meine Ehrlichkeit verdient hatte, dann war es die Crew, die mir treu und ohne Aufmucksen bis hierher gefolgt war, an den Rand eines schwarzen Lochs und in einen tödlichen Ionensturm.

Ich zog meine Gurte fest, um zu verhindern, dass ich in meinem Sessel herumgeworfen wurde, und fummelte nach den passenden Worten. Damals war ich so jung und arglos gewesen. „Nun ja, ich schlich mich beim Schichtwechsel der Werftarbeiter an Bord, die mit Unterhaltsarbeiten am Schiff des Flottenkommandanten betraut waren. Es war recht  einfach, mich als Kind einer oolianischen Arbeiterin auszugeben."

„Ernsthaft?" Ben schien zumindest seine Übelkeit vergessen zu haben.

Sein ungläubiger Ausruf nötigte mich zu einer Erklärung. „Ich hatte damals meine Babyhaut noch nicht vollständig abgeworfen und konnte problemlos für ein Kleinkind durchgehen. Alle Aliens habe Mühe, unser Alter einzuschätzen, vor dem Abschluss der Hautmetamorphose. Wir sehen für sie alle gleich aus. Allerdings habe ich es nicht weit geschafft. Eine Wache schnappte mich, fragte die Oolianerin hinter der ich herging, ob ich ihr Balg sei, und brachte mich zum Boss der Severills. Dort machte ich einen fatalen Fehler."

Alle Augen waren jetzt auf mich gerichtet. Ich sog Luft durch meine Kiemen, bereit, mein langgehütetes Geheimnis preiszugeben, als Hijac die Brücke betrat. Trotz der rollenden Schiffsbewegungen balancierte er ein Tablett, überladen mit Nahrungspaketen. „Sandwiches für Ben und Lyxh, eine Portion frittierter Gookookies für Hrrovr und für Captain Kalina ihre bevorzugten schwammigen Algen, eingelegt in Salzlauge."

Alle bemühten sich, die Pakete aufzufangen, die Hijac schwungvoll mit vier Armen verteilte. Ich verfehlte meines beinahe und ballte meine Hand hart genug um den Beutel, dass ich ihn mit einer Kralle perforierte. Salzige Flüssigkeit rann meinen Arm entlang und ich leckte sie hastig auf. Der Geschmack war himmlisch und erinnerte mich daran, dass ich meine letzte Mahlzeit vor dem Besuch auf Tyrin eingenommen hatte. Kein Wunder fühlte ich mich ausgelaugt. „Danke, Jac."

„Gerne." Der Karjkaner steckte einen Strohhalm in seinen eigenen Behälter und sog geräuschvoll an seinem Proteincocktail. „Habe ich etwas Wichtiges verpasst?"

Und damit löste sich meine heimliche Hoffnung in Luft auf, die Unterbrechung würde die Crew ablenken und mir das Weitererzählen ersparen. Aalyxh zwinkerte. „Wir haben Kali endlich dazu gebracht, uns die unverblümte Wahrheit über ihre mysteriöse erste Begegnung mit den Severills zu erzählen."

„Oh." Der scharfe Pfeffergeschmack, der die Brücke füllte, brannte in meiner
Nase, und Ben nieste laut in ein Taschentuch. Der Karjkaner klickte mit seinem Unterkiefer, ein Bild der personifizierten Neugier. Nein, für mich gab es keinen Ausweg. Ich musste da durch.

„Wo bin ich stehengeblieben?"

„Die Wache brachte dich zum Boss der Severills."

„Danke, Lyxh. Also, sie schleppten mich auf die Brücke. Und dort machte ich den entscheidenden Fehler. Statt wie geplant die Rolle des dummen Nestlings zu spielen, ließ ich mich von einem hübschen Severill-Jungling ablenken, der neben dem Kommandanten stand." Ich sandte Aalyxh einen Seitenblick.

Sie schüttelte den Kopf. „Du hast versucht, ihn zu bezirzen?"

„Nun ja, nicht direkt. Obwohl es wohl darauf herausläuft, genau genommen. Du erinnerst dich daran, dass ich ziemlich gut war mit der Schleuder?"

„Kali, wenn du nicht meine Freundin wärst, würde ich sagen du bist komplett durchgeknallt." Unberührt von den schlingernden Schiffsbewegungen kaute die Pilotin auf ihrem Sandwich und rollte ihre großen Augen. „Aber ich gebe zu, du warst ungeschlagene Meisterin mit der Schleuder auf der Station. Zumindest unter uns Kindern."

„Genau. Aber Erwachsene zählten damals nicht. Und ich war ja auch etwas stolz auf meinen Titel. Deshalb zog ich wohl auf der Brücke der Severills meine Schleuder, ohne mir viel dabei zu überlegen. Ich war schnell, und zu meiner Überraschung traf der Bolzen. Das war vermutlich der beste Treffer meiner Karriere. Während der Chef der Severills die Klauen auf sein blutiges Auge drückte und heulte wie ein ausgebranntes Feststofftriebwerk, riss ich mich los und setzte mich ab."

Ich unterbrach meine Erzählung, gefangen in der Erinnerung an meine Flucht. Während ich um Ecken in düsteren Korridoren schlitterte, verfolgt von Geschrei, prallten Schüsse sirrend von den Wänden ab. „Um ehrlich zu sein, ich habe keine Ahnung, wie ich es geschafft habe, zu entkommen. Meine Flucht ist nur eine Ansammlung von verwischten Eindrücken."

„Wir haben dich am nächsten Tag in unserem Versteck in den Unterhaltsschächten gefunden." Alyxh übernahm die Erzählerrolle. „Die Severills hatten die Station bereits verlassen, nachdem sie eine Protestnote gegen einen Attentäter bei der Stationsleitung hinterlassen hatten. Allerdings wusste niemand, gegen wen sie sich eigentlich richtete."

„Zum Glück. Wenn die Stationsleitung gewusst hätte, wer der Attentäter war, wäre ich bestimmt von der Schule geflogen."

Aalyxh schüttelte den Kopf. „Kali, du hättest sterben können."

„Das kann ich immer noch, wenn die Severills mich erwischen. Sie haben einen Preis auf meinen Kopf ausgesetzt seit sie die DNA auf dem Bolzen aus der Augenhöhle des Kommandanten mit jener verglichen, die ich auf einem Glas in der Hafenbar von Gogaloosh hinterließ."

„Moment, du sagst, dass du es warst, die den obersten Kommandanten der Severill-Flotte verstümmelt hat?" Bens Augen waren größer als unsere Frachtluke während des Ladevorgangs. „Wer hat dir von der DNA-Geschichte erzählt, Cap? Und was hattest du auf Gogaloosh zu suchen? Selbst die Grossmutter jedes Raumfahrers im Sektor weiß, dass die Stationsleitung fest in den Händen von Sympathisanten der Severills liegt."

Ben hatte natürlich recht, aber nach einer Dekade hatte ich mich sicher gefühlt, dass die Jagd auf mich längst abgeblasen war. „Ich konnte nicht ahnen, dass die so nachtragend sind. Auf jeden Fall wurde ich verhaftet und angeklagt. Vermutlich haben sie all die Jahre standardmäßig die DNA aller Oolianer überprüft."

„Und wie bist du entkommen?" Die pfeffrige Neugier des Karjkaners füllte meine Nase.

„Nun, das habe ich Hrrovr zu verdanken. Oder besser der Tatsache, dass er gerade ohne Schiff auf Gogaloosh gestrandet war."

„Konnte nicht zs'sus'ssehen, wie ein kuschliger Weichhäuter in winz'ssige Happen zs'serhackt wurde." Die Wahrheit war, dass er Kopf und Kragen riskierte, um mich da rauszuholen. Er verdiente sich damit einen Platz an Bord meines Schiffes, meine ewige Dankbarkeit—und den noch ewigeren Hass der Severills, die ihn gleich neben mich auf die Liste der meistgesuchten Individuen im Sektor setzten.

Hrrovr glättete seine Kopfschuppen mit einer Kralle. „War er es'ss wert, der Gelenianer aus'ss dem As'sstrophys'ssik-Kurs'ssus'ss?"

„Nicht wirklich. Ich konnte ja auch nicht gerade groß mit meiner Leistung angeben. Und so hat er mich einfach ignoriert und sich statt dessen bei der Lehrerin für Astrophysik eingeschmeichelt. Seitdem überlasse ich dieses Fach lieber Lyxh."

Inmitten des Gelächters meiner Crew machte die Topsy-Turvy einen Salto, der ihrem Namen gerecht wurde. Bens Sandwich flog in hohem Bogen durch die Brücke und landete klatschend auf der Navigationskonsole. Hijac kletterte sofort hinterher, um es einzusammeln, stoppte aber, als sein Blick auf den Nav-Schirm fiel. „Captain?" Eine minzige Wolke von Enthusiasmus hüllte mich ein. „Überprüfe den Radar. Rechts voraus könnte eine Zone mit ruhigeren Verhältnissen liegen. Kurs sechs-zwei-null."

Aalyxh stopfte sich den Rest ihres Sandwichs in den Mund und wendete sich ihrer eigenen Station zu. „Bestätige das. Kurs sechs-zwanzig. Vielleicht nähern wir uns dem Rand dieses Sturms. Sind wir in der Lage, die Haupttriebwerke zu zünden?"

„Negativ. Die Ladung ist immer noch unter fünfzehn und im Gefahrenbereich. Wir würden den Speicher beschädigen." Ben beugte sich konzentriert über seine Instrumente. Den Verlust seiner Mahlzeit schien er weggesteckt zu haben. „Was ist mit den Hilfstriebwerken? Die sind beinahe auf voller Kapazität. Wenn wir auf dem Sturm surfen, können uns gezielte kleine Korrekturschübe einen weiten Weg bringen."

Manchmal setzte mich der Mensch in Erstaunen. Sein einzelnes, weiches Gehirn war durchaus in der Lage, kreative Ideen zu entwickeln.

Die Pilotin schien ihm den Vorschlag auch abzukaufen. „Sehr gut, Matschgehirn. Lass uns das versuchen. Bereit bei den Hilfsmotoren in drei... zwei... eins." Ein Zittern lief durch den Rumpf der Topsy. Aalyxh unterbrach den Schub bereits nach einigen Mikroklicks, um das Schiff auf den neuen Kurs einschwenken zu lassen. Das Schlingern setzte wieder ein. „Es funktioniert. Aber es wird ewig dauern, bis wir so aus dem Sturm rauskommen, Kali. Wir sollten uns in Schichten aufteilen und versuchen, etwas Schlaf zu kriegen."

„Richtig. Wir werden alle unsere Sinne wieder beieinander haben müssen, sobald wir aus diesem Hexenkessel raus sind. Ben, Jac, legt euch schon mal hin und versucht euch zu erholen. Hrrovr, kannst du mit Lyxh die Brücke eine Weile länger halten?"

„Aye, Captain, kein Problem."

„Danke. Ruft mich, wenn etwas passiert. Ich löse dich in drei Klicks ab, Hrrovr."

Ben runzelte die Stirn und schien keine Lust zu haben, seinen sicheren Sessel zu verlassen. Schließlich ließ er sich aber von mir überzeugen, dass er sich in seiner Kabine und in seinem Bett bestimmt wohler fühlen würde. Gestützt von Hijac verließ er die Brücke. Ich folgte den beiden und glaubte bereits die kühle, entspannende Flüssigkeit meines Schlaftanks in meine Poren sickern zu fühlen. Meine verkrampften Nackenmuskel zuckten in Vorfreude, als Aalyxh mich zurückrief.

„Kali, da stimmt irgendetwas nicht." All ihre Augen waren von einer weißen Membran überzogen, ein Zeichen, dass sie sich gerade voll auf ihre telepathischen Fähigkeiten konzentrierte. „Ich spüre Gehirnwellen."

„Das will ich doch hoffen." Das angenehm kühlende Gefühl entschwand durch einen imaginären Abfluss bei meinen Füßen, während ich mich umwandte. „Wir sind schließlich fünf Personen an Bord. Ich wäre eher beunruhigt, wenn du keine Wellen mehr empfangen würdest."

Eine der Augenmembranen der Yuuol glitt zurück und ich fand mich als Zielscheibe eines Blicks, in welchem ich ‚Idiot' oder noch etwas Deftigeres lesen konnte. „Nicht unsere. Wir haben einen Eindringling an Bord."

Continue Reading

You'll Also Like

204K 17.5K 55
» „𝘋𝘰𝘤𝘩 ... 𝘦𝘴 𝘨𝘪𝘣𝘵 𝘦𝘵𝘸𝘢𝘴, 𝘥𝘢𝘴 𝘪𝘯 𝘥𝘦𝘳 𝘎𝘦𝘴𝘦𝘭𝘭𝘴𝘤𝘩𝘢𝘧𝘵 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘦𝘹𝘪𝘴𝘵𝘪𝘦𝘳𝘵." 𝘐𝘤𝘩 𝘴𝘦𝘩𝘦 𝘻𝘶 𝘙𝘶𝘯𝘦...
650K 58K 188
Mutanten. Genveränderte Menschen. Die neue Zukunft. Weltverbesserung. So sollte es zumindest laut Ambrosia sein, ehe das Experiment nach hinten losgi...
259K 14K 57
Jeder kennt doch die Geschichte von Romeo und Julia. Die beiden Kinder verfeindeter Familien verlieben sich, kommen zusammen, dürfen es aber nicht s...
BDSM-internat By Moonija

Science Fiction

225K 888 13
Die 16 Jährige Livia Berger wird von ihrer Mutter auf ein Internat geschickt. Was sie nicht weiß ist das dies ein BDSM-internat ist und ist deswegen...