ACHT

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Ich liebe dich weil, du dich mehr über meinen Erfolg freust als über deinen.
💫

Es ist circa eine Stunde später, als es an der Haustüre klingelt und Christina sich schwerfällig aufsetzt. Mit gemischten Gefühlen trottet sie in Richtung des Türöffners und lauscht dann den gleichmäßigen Schritten, welche langsam immer näher kommen. Nur im Augenwinkel realisiert sie Luca, welcher sich jetzt ebenfalls an die Tür gestellt hat und abwartend in den Flur blickt. Nur wenige Sekunden später erscheint Christinas Mama in ihrem Blickfeld, in der Hand eine kleine Reisetasche. Erst bei genauerem Hinsehen erkennt man das kleine Kind, welches sich eingeschüchtert hinter den Beinen seiner Oma versteckt. „Hallo. Es tut mir Leid, dass ich euch so überfalle, aber ich muss zu Natalia ins Krankenhaus und ich wusste nicht, wo ich Emma sonst hinbringen sollte.", fängt Christinas Mama an sich entschuldigend zu erklären, aber Luca winkt sofort ab: „Ist doch überhaupt kein Problem." Mit einem versuchten Lächeln streckt er die Hand nach der Reisetasche aus und stellt sie vorsichtig im Eingangsbereich ab. Kaum hat Christinas Mama beide Hände frei, zieht sie ihre jüngste Tochter in eine feste Umarmung. „Alles gut bei dir?", erkundigt sie sich leise und Christina zuckt in ihren Armen nur mit den Schultern. „Geht so.", haucht sie mit brüchiger Stimme und löst sich dann wieder von ihrer Mama, als ihr Blick plötzlich auf das kleine Häufchen Elend hinter ihr fällt. „Hallo Maus.", begrüßt sie jetzt auch ihre kleine Nichte, die nach diesen Worten erschrocken zusammenzuckt. Mit großen Augen mustert sie ihre Tante, die sich jetzt langsam vor sie auf den Boden hockt und auffordernd die Hand ausstreckt. „Kommst du zu mir?" Überfordert blickt Emma zwischen ihrer Oma und ihrer Tante hin und her und bewegt sich keinen Zentimeter. „Sie spricht nicht und lässt niemanden mehr so richtig an sich heran.", erklärt Christinas Mama jetzt seufzend und blickt mitleidig auf das 3 jährige Mädchen herab. Auch Luca beobachtet die Kleine betroffen. Normalerweise gibt es kein Halten mehr, wenn sie ihren geliebten Luca endlich wiedersieht, aber heute hat sie ihn noch nicht einmal angeschaut. Mit gesenktem Kopf steht sie im Türrahmen und drückt ihren kleinen braunen Stoffhasen fest gegen ihren Körper. „Kann ich euch alleine lassen? Wenn was ist könnt ihr natürlich gerne anrufen. Ich versuche im Krankenhaus auch ab und zu auf das Handy zu schauen.", beginnt sich Christinas Mama zu verabschieden und schiebt ihre Enkelin sanft durch die Türe. „Tschüss Emma. Ich wünsche dir ganz viel Spaß bei Tante Christina, ja?", versucht sie die Kleine ein bisschen zu motivieren, was seine Wirkung gekonnt verfehlt. „Mama.", schluchzt die Kleine stattdessen hilflos und sofort zieht sich Christinas Herz schmerzhaft zusammen. „Ich fahre jetzt zu deiner Mama und Sophia und pass auf sie auf. Versprochen.", versucht die ältere Frau das Mädchen zu beruhigen und winkt dann zum Abschied. „Ruft bitte an wenn was ist.", wendet sie sich noch einmal an Luca und Christina, die sofort beide bestätigend nicken.

Auch als die Türe Sekunden später ins Schloss fällt, bewegt sich Emma keinen Zentimeter. Noch immer steht sie starr im Eingangsbereich und blickt zu Boden. Christina wirft Luca einen hilflosen Blick zu, der aber ebenfalls ahnungslos mit den Schultern zuckt. „Hast du Hunger, Emma? Wollen wir was essen?", versucht Christina vorsichtig ihr Glück und will der Kleinen behutsam die Haare aus dem Gesicht streichen. Emma aber zuckt sofort erschrocken zurück und mustert ihre Tante beinahe panisch. Hastig schüttelt sie den Kopf und drückt sich ängstlich rückwärts gegen die weiße Wand neben der Eingangstüre. „Okay. Kein Problem. Du musst nichts essen.", rudert Christina sofort zurück und beginnt besorgt auf ihrer Unterlippe zu kauen. „Versuch du mal.", fordert sie jetzt hilflos ihren Freund auf, der die ganze Situation stumm beobachtet. Natürlich weiß auch Christina, wie vernarrt Emma sonst eigentlich in Luca ist und dass sie ihm im Normalfall quasi blind vertraut. Das hat sich schon bei der ersten Begegnung der beiden gezeigt und auch im vergangenen letzten Jahr wurde das Verhältnis nicht schlechter. Im Gegenteil. „Ich kann das nicht.", stottert Luca jetzt aber überfordert und schaut Christina erschrocken an. „Natürlich kannst du das. Sie vertraut dir, das weiß ich ganz genau.", versucht Christina Luca zu überzeugen, der sich offensichtlich dagegen sträubt. „Sie braucht dich.", haucht die Tänzerin einfühlsam und streicht einmal schnell über Lucas Arm, dem daraufhin ein angespanntes Seufzen entfährt. „Okay." Nur langsam nähert er sich Emma, die vorsichtig ihren Kopf hebt und jede seiner Bewegungen genauestens verfolgt. „Na du. Wollen wir mal deine Jacke ausziehen? Es ist doch viel zu warm hier drin.", begrüßt Luca seine kleine Freundin lächelnd und deutet währenddessen demonstrierend auf die hellrosa Winterjacke. Schüchtern nickt Emma und kommt einen kleinen unsicheren Schritt auf den jungen Mann zu, was Christina zufrieden lächeln lässt. Ermutigt von Emmas Reaktion, lässt sich Luca jetzt langsam auf den Boden sinken und streckt auffordernd seine Hand aus. „Dann komm mal zu mir.", lächelt er liebevoll und nach einem weiteren skeptischen Blick in das Gesicht ihrer Tante, stolpert Emma jetzt tatsächlich in Lucas Arme. „Soo. Erstmal die Mütze ausziehen.", erklärt Luca umsichtig sein weiteres Vorgehen, ehe er ihr diese tatsächlich vorsichtig vom Kopf zieht. Erschrocken hält er die Luft an, als das große bunte Pflaster zum Vorschein kommt, welches ihre Stirn ziert und auch Christina schnappt überrascht nach Luft. Einen kurzen Moment wissen beide nicht, wie sie reagieren sollen, aber Luca fängt sich glücklicherweise schnell wieder. Er räuspert sich leise, bevor er fortfährt: „Okay. Und jetzt noch die Jacke ausziehen. Die ist aber auch wirklich sehr schick." Emma reagiert auf diesen versuchten Themenwechsel von Luca allerdings nur, in dem sie vorsichtig mit dem Kopf nickt. Kaum hat Luca sie erfolgreich ausgezogen, macht sie wieder einen schnellen Schritt zurück und schaut sich überfordert in der kleinen Wohnung um. „Schau mal. Willst du dich aufs Sofa setzen?", versucht Christina jetzt erneut ihr Glück und Emma nickt sofort erleichtert. Sanft schiebt Christina die Kleine jetzt also in die richtige Richtung, während Luca nach der Reisetasche greift und sie im Schlafzimmer deponiert. Als er wieder heraus kommt, fällt sein Blick auf Emma, die mittlerweile verloren auf den weichen Polstern sitzt und ihre Beine über die Kante baumeln lässt, während sie den Tannenbaum anstarrt. Er zögert einen kurzen Moment, ehe er sich dann mit gebührendem Abstand ebenfalls auf das Sofa sinken lässt. „Möchtest du wirklich nichts essen? Ich habe nämlich ganz schön großen Hunger.", versucht er erneut ein Gespräch zu starten, aber Emma schüttelt vehement den Kopf. „Soll ich dir was zu essen machen Schatz?", schaltet sich jetzt Christina ein, die die letzten Worte ihres Freundes gehört hat. Mit einem Seitenblick auf Emma grinst Luca sie jetzt unsicher an: „Ich glaube ich habe ganz große Lust auf Nudeln mit Tomatensoße." Sofort werden die Kinderaugen groß, was auch Christina nicht verborgen bleibt. „Okay, dann bekommt der kleine Luca Nudeln mit Tomatensoße.", grinst sie zufrieden und streicht ihrem Freund einmal zärtlich durch die Haare. Dieser lächelt sie ebenfalls dankend an, bevor er ihr hinterherschaut und beobachtet, wie sie einen Topf mit Wasser auf den Herd stellt. „Was für Nudeln hättest du gerne?", erkundigt Christina sich nach einigen Minuten Stille, aber Luca zuckt nur unschlüssig mit den Schultern. „Mir egal. Überrasch mich." Im Augenwinkel beobachtet er weiterhin Emma, die jetzt langsam anfängt unruhig auf dem Sofa herum zu rutschen. „Alles okay, Emma?", erkundigt sich Luca deshalb besorgt und mustert die Kleine intensiv. Ein schnelles Kopfnicken lässt ihn dann wieder leise Seufzen und er zieht gezwungenermaßen sein Handy aus der Hosentasche. Dass Emma nicht reden, geschweige denn spielen will, ist ziemlich offensichtlich, weshalb er ihr jetzt einfach die Zeit gibt, die sie benötigt. Stumm sitzen sie also weiterhin einfach nebeneinander auf dem Sofa, während Christina in der Küche das Essen vorbereitet.

Als Luca plötzlich einen kleinen Finger an seinem Arm spürt, zuckt er überrascht zusammen und richtet seinen Blick auf Emma, die näher an ihn herangerutscht ist und ihn jetzt aus großen Augen anschaut. „Luta?", krächzt sie mit zerbrechlicher Stimme und sofort beginnt Lucas Herz schneller zu schlagen. „Ja?" „Emma auch Nudeln essen?", erkundigt sich die Kleine jetzt mit leuchtenden Augen und auf Lucas Lippen legt sich sofort ein zufriedenes Lächeln. „Aber natürlich darfst du auch Nudeln essen. Ich teile gerne mit dir." Dass Emma daraufhin ebenfalls anfängt zu lächeln lässt sein Herz noch schneller schlagen und er streckt unsicher seine Hand nach der Kleinen aus. „Sollen wir mal schauen, ob deine Tante genug Nudeln gemacht hat?", haucht er leise und nach einem kurzen Zögern nickt Emma zuversichtlich. „Na dann los.", schwungvoll steht Luca vom Sofa auf und wartet auf Emma, die aber weiterhin schüchtern zu ihm aufschaut. „Oh...willst du doch lieber hier sitzen bleiben?", wird Luca automatisch wieder ruhiger und zieht dann überrascht seine Augenbrauen nach oben, als Emma den Kopf schüttelt und ihre Arme nach ihm ausstreckt. „Ich...ich soll dich tragen?", versichert er sich leise und die Kleine nickt daraufhin erneut kräftig. Natürlich lässt sich Luca das nicht zweimal sagen und sofort hebt er den zierlichen Kinderkörper zu sich nach oben. Mit einem seligen Lächeln auf den Lippen beobachtet er, wie sich Emmas Arm um seinen Nacken schlingt und sie sich schützend gegen ihn drückt. „Na dann schauen wir mal, ob wir noch Nudeln für dich haben.", wispert er leise in die hellen Haare des kleinen Mädchens und macht sich dann auf den Weg zu Christina.

Magical ChristmasWhere stories live. Discover now