Vergangenes Ich

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Meine Logik scheint Früchte zu tragen. Die beiden Vampire nicken sich zu und ich nicke ebenfalls lächelnd, ehe ich voraus wieder zurück gehe. An dem Sportheim vorbei und einen kleinen Weg auf den Sportplatz. Aber es wird nicht hinterfragt. Das hier ist meine Umgebung und ich kenne mich hier am besten aus. Links von uns ist das große Feld, welches für die Erwachsenen als direktes Spielfeld benutzt wird. Hier hat man kleinere Tribünen, um alles verfolgen zu können. Der Sportplatz ist eigentlich echt schön. Alles ist von Wald umgeben. Bis auf einen Teil, der das Dorf zeigt. Rechts gehen noch ein paar kleinere Spielfelder ab, mitsamt einem Tennisplatz. Danach kommen zwei Felder und dann schon das erste normale Haus. Ich fühle mich schon irgendwie wie zuhause, während ich hier durch gehe. Ich kann schon fast die Anspannung spüren die herrscht, wenn die letzten Minuten eines Spiels beginnen und es steht noch unentschieden.

Ab dem Eintritt in den Wald jedoch kommen andere Erinnerungen hoch. Hier hat uns unser Trainer immer hergebracht, um zu laufen und Ausdauer zu trainieren. Der steile Berg auf der linken Seite, an welchem wir vorbei gehen, war unser Trainingsplatz. Hochsprinten. Langsam wieder runter. Immer nacheinander. Sprinten, langsam wieder runter. Sprinten, langsam wieder runter. Bis wir komplett fertig waren. Erschwert wurde der Sprint bergauf nicht nur mit einer extrem steilen Steigung, sondern auch noch mit Wurzeln. Ist man mit den Stollen falsch aufgetreten, wars das mit dem Sprunggelenk! Im Nachhinein, fast 10 Jahre später gesehen, ziemlich unverantwortlich. Aber es hat geholfen. Wir waren gute Sprinter und hatten eine gute Ausdauer. Das hat uns die Spiele nicht gewonnen, aber dabei geholfen. Gegner austricksen und mit der Ausdauer spielen... Was soll man sagen? Dorfkinder trainieren eben anders, als Stadtkinder. Besonders, wenn die nicht einmal einen Wald in der Nähe haben, den sie nutzen könnten.

Mitten im Wald biege ich auf einen kleinen Pfad nach rechts ab, der uns weiter durch den Wald bringt. Ich bin die Einzige, die man hört. Alucard und Seras sind lautlos. Vampire eben. Das alte, zusammengefallene Haus auf der rechten Seite ist immer noch ein wenig unheimlich. Obwohl eigentlich nichts daran unheimlich wäre. Es ist sich selbst überlassen worden. Wir haben als Kinder darin gespielt. Bis... wir ein komisches Knacken gehört haben. Wir sind alle schreiend rausgerannt und dann ist es in sich zusammengekracht. Ein, oder zwei Minuten später und es hätte einige Kinderleichen gegeben. Jetzt ist ein Zaun drum herum! Der aber niemanden davon abhält, darüber zu klettern und alles zu erkunden. Tue ich selbst ja auch immer noch. Oder habe es getan. Aber nur wegen den Erinnerungen. Nicht wegen der Neugierde. Es ist einfach ruhig hier. Nur der Wald, nichts anderes.

An einer kleinen 'Kreuzung' von Trampelpfaden angekommen, gehe ich rechts und nehme den Weg, der nach links weiter führt. Wieder kommen wir aus dem Wald heraus, auf eine Wiese. Dort gehen wir ebenfalls den kleinen Trampelpfad entlang. Zwar war früher einmal ein Weg zwischen dem großen Wald, in dem wir gerade waren und dem kleinen Abschnitt zwischen den Häusern und dem Kinderspielplatz, aber der ist komplett zugewachsen. Und auf Dornen habe ich zugegebenermaßen keine Lust. Der Weg durch die Wiese sind nur 50 Meter, ehe wir in das kleine Waldstück eintreten, in welchem ich einen sehr großen Teil meiner Kindheit verbracht habe. Rechts ist der Kinderspielplatz. Leer. So, wie es die meiste Zeit der Fall ist. Einfach deswegen, weil da kaum noch jemand drauf ist. Als ich ein Kind war, war der ständig besetzt. Wir sind auf den Bäumen herumgeklettert, deren unterste Äste, an denen wir hoch gekommen sind, nun abgeschnitten wurden. Zur 'Sicherheit'.

Kurz vor dem Ausgang des kleinen Wäldchens, welcher zu einem gepflasterten Weg und somit den Eingängen der Häuser führt, bleibe ich stehen. Ich höre das Kreischen eines Babys. Der Herbst hinterlässt seine Spuren und eigentlich dürfte sich der erste Schnee bald ankündigen. Fast Augenblicklich geht mein Kopf in die Richtung des Kindes. Ich bin kein Fan von ihnen. Aber... keine Ahnung, wieso ich so reagiert habe! "Babys. Musstest du uns unbedingt hier her führen?", brummt Alucard entgeistert und ich sehe kurz zu ihm, ehe ich aus dem Wald trete. Und da sind sie. Eine Frau, Anfang 30 mit einem Baby auf dem Arm. Ein Mann neben ihr. Sie reden mit den Nachbarn über den Zaun hinweg und zeigen das kleine Würmchen her. Ein weißblonder Junge rast an uns vorbei, sprintet in den Nachbarsgarten und spielt dort mit einem braunhaarigen Jungen. Ich sehe gerade meine Vergangenheit.

Als sie uns bemerken, werden wir erst einmal misstrauisch gemustert, ehe ich freundlich lächelnd die Hand hebe und brav auf Deutsch Hallo sage. Meine Mutter nickt uns zu, ehe sie sich wieder den Nachbarn zuwendet. Mein Vater lächelt und dreht sich ebenfalls wieder um. Ich kann meinen Blick nicht von meinem eigenen kleinen Ich lassen. So klein. So zerbrechlich. So unschuldig. Beschützt. Noch keine Ahnung, wie unheimlich, bösartig und hinterlistig die Welt sein kann. "Kann ich Ihnen helfen?", fragt jemand und ich komme aus der Starre heraus. Mein Vater ist an den Zaun gekommen und scheint ziemlich misstrauisch zu sein. Bevor ich jedoch etwas sagen kann, mischt sich Alucard ein. "Soll ich diesen Menschen töten?", knurrt er und starrt meinen Vater an. Langsam sehe ich zu ihm hoch. "Tu das und du bist mich für immer los." Die Stille ist für ihn um einiges unangenehmer, als für mich. Sollte er das wirklich machen, bin ich weg.

Dann wende ich mich aber wieder meinem Vater zu und lächle. "Tut mir leid. Aber... das Baby ist so niedlich!" Ich hebe eine Hand und grinse sogar ein wenig. "Wie heißt es denn?" Zwar bin ich in einer anderen Welt, aber so einen großen Zufall mit Namen- "Florentina.", erwidert er und ich nicke lächelnd. Sehe wieder zu dem Baby. Das bin ich. "Ein schöner Name. Und ein guter Spitzname! Sogar zwei, wenn man es so nehmen will. Flo und Tina." Mein Vater fängt nun ebenfalls das Lächeln an. Nickt mir zu. "Unsere kleine Flo ist der ganze Stolz. Ich hoffe einmal, dass sie alles erreicht, was sie jemals will! Das kleine Würmchen hält uns schon seit ein paar Monaten auf Trab und vielleicht sehen wir ja einmal, wie sie heiratet! Unsere kleine..." Jetzt würde ich einfach nur gern heulen. Denn meine richtigen Eltern werden nicht anders gedacht haben. Und jetzt haben sie keine Ahnung, was mit mir passiert ist. Ich verabschiede mich schnell und gehe weiter. Hinter mir her, die beiden Vampire. Die aufgewühlten Emotionen muss ich irgendwie wieder runter bringen!

Point of no returnTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang