.:𝙰𝚕𝚕𝚎 𝚆𝚎𝚐𝚎 𝚏𝚞̈𝚑𝚛𝚎𝚗 𝚗𝚊𝚌𝚑 𝚁𝚘𝚖:.

45 14 20
                                    

𝙵𝚛𝚎𝚒𝚝𝚊𝚐, 𝟽.𝟷𝟶.𝟷𝟼

Ihre Beine trieben sie vor die roten Backsteine des Polizeireviers.
In der Dunkelheit legte das bläuliche Neonlicht einen violetten Schleier über das Gebäude.
Harley drückte ihren Körper gegen die kalte Fassade und rutschte zu Boden.
Das kalte Nass der abgestandenen Pfützen sog sich in ihre Kleidung, aber diesem Umstand schenkte sie keine Beachtung.

Ihr klägliches Wimmern belastete die Stille des frühen Morgens.
Sie wusste selbst nicht mehr, wo sie den ganzen Tag und die Nacht darauf herum irrte,
doch nun saß sie bereits seit zwei Stunden hier.
Jedem besorgten Beamten gab sie die selbe Antwort.

"Ich warte auf Sir Panagopoulos."

Die junge Frau wollte sich all ihre Schuld von der Seele reden und der junge Polizist weckte, durch seine optimistische Art, wohlige Gefühle in der Brünetten.
Wenn sie ein Geständnis ablegen konnte, dann vor ihm.

"Dir verdanke ich also meinen verfrühten Feierabend."
Nur zaghaft verließ ihr Blick das sichere Versteck hinter ihren Armen.
Harley beherbergte immer noch die Straße, ihre Knie ganz nah an ihren bebenden Körper gedrückt.

Panagopoulus lächelte sie an. Für wenige Sekunden wunderte sie sich über seine Kleidung, doch dann besann sie sich wieder auf sein Gesagtes. Sie beendete seine Schicht und vor ihr stand ein einfacher Mann, kein Beamter.

"Nein, nein, nein... Sie müssen sich wieder umziehen. Ich will etwas gestehen, hören Sie. Bitte ziehen Sie sich wieder um."
Das verzweifelte Mädchen sprang auf und klammerte sich am Kragen des Mannes fest.
Sie tastete sein weißes Shirt ab, suchte nach einer Marke, oder etwas anderem Formellem,
um endlich reden zu dürfen.

"Harley, beruhige dich!"
Er packte ihre Schultern, zwang das quirlige Etwas vor sich zum Stillstand und es funktionierte.
Mit aufgerissenen Augen, sah sie in die seinen.
Schwarze Wimperntusche zerrann auf ihren gerröteten Wangen.

"Wir werden jetzt zu meinem Auto gehen und ich werde dich heimfahren. Du schläfst eine Nacht über deine Probleme und dann kannst du zu jeder Zeit zum Revier kommen, okay?"

Ihr Körper gab ein Nicken von sich, doch ihr Geist schwebte weit entfernt, da wo das Ungewisse begann und nie zu enden schien.

Ich habe verloren.

Sie wusste, sie würde sich nie wieder trauen, ihren Mund zu öffnen.
Dieser junge Polizist bestahl sie unbewusst ihrer einzigen Chance,
die Wahrheit zu sagen.

"Und nenn' mich bitte einfach nur Zach. Dieses Sir hört sich so nach Altersheim an. Du bist siebzehn, oder? Uns trennen nur sechs Jahre."
Zach redete munter drauf los,
indessen er die Abwesende sicher über den Gehweg führte.
Manchmal vernahm sie sein Lachen und lächelte dann aus Höflichkeit auch selbst.
Ihre Augen erreichte es jedoch nicht, genauso wenig wie sein gut gemeintes Gerede ihr Gehör.

Er parkte sie auf einem weichen Sitz, worauf Harley sich zunächst die Knie am Cockpit stieß.
Für eine Sekunde überflog sie das einfache Interieur, nachdem Zach den Schlüssel einführte.
Es musste sich um ein altes Exemplar von Auto handeln.

Was hätte ich da eben fast getan?!

Ihre Gedanken trieben sie wieder in die Verzweiflung.
Sie dachte an ihre Familie und wie sie diese verloren hätte.
Aber sie konnte zum Glück kein Geständnis abgeben, dank ihm.
Harley beobachtete kurz wie Zach konzentriert die Straße musterte.
Sein ausgeprägter Kiefer spannte sich manchmal an und dann blinzelte er, mehrmals hintereinander.

Er hat mich gerettet, oder auch nicht.
Ich habe keine Ahnung.
Mein Kopf ist einfach nur leer.

Mal verurteilte sie den Polizisten,
mal schätzte sie sein Handeln.
Die Grenzen zwischen Richtig und Flasch verschwammen.

UNbekanntWo Geschichten leben. Entdecke jetzt