Er küsste meinen Hals, knabberte leicht daran. Ich keuchte und versuchte die Knöpfe an seinem Hemd zu öffnen, doch es gelang mir nur schwer. Meine Hände zitterten zu sehr.
"Warte. Ich helfe dir." Er schob meine Hand zur Seite und begann selbst, sich zu entkleiden. Wie gebannt sah ich ihm zu. Ich wollte keinen Augenblick verpassen. Seine nackte Brust kam zum Vorschein, breit und männlich. Vorsichtig berührte ich seine Haut und strich darüber. Sie war so viel fester als meine. Nathan küsste meine Stirn, während ich ihn betrachtete und wie gebannt von seinem Körper war. Ich konnte sogar die kleine Narbe auf seiner Schulter erkennen, von der er erzählt hatte. Es war eine längliche Einkerbung mit dunkler Färbung, die von seiner jugendlichen Dummheit zeugte. Irgendwie gefiel sie mir. Nicht, weil sie gut aussah - das tat sie wirklich nicht - sondern, weil sie zu ihm gehörte. Es war wie ein Muttermal. Daran könnte ich ihn aus einer Menge von tausenden Männern wiedererkennen.
"Hast du das schon mal gemacht?" Er sah mir schwer atmend in die Augen, worauf ich den Kopf schüttelte. Erleichtert atmete er aus.
"Ich auch nicht. Ich muss zugeben, ich bin echt aufgeregt." Er war noch Jungfrau? Von dieser Information war ich überrumpelt. Diese Situation war so surreal. Ich lag mit dem halbnackten Grafen auf seinem Bett und wir waren drauf und dran unsere Unschuld aneinander zu verlieren? Unmöglich! Aber doch lag ich hier unter ihm und wollte ihn.
"Ich auch." Mein Verstand war ausgeschalten. Das Einzige, das zählte waren wir. Der Rest der Welt schien nicht mehr zu existieren.
Wir küssten uns wieder und wieder. Über all spürte ich seine Berührungen, die mich leise zum Stöhnen brachten. Ihm ging es jedoch nicht anders. Seine Hände schoben sich unter meinen Rücken und ergriffen die Schleife, die die Schnürung meines Korsetts an Ort und stelle hielten. Er kontrollierte mit einem Blick meine Reaktion darauf und als er feststellte, dass er fortfahren durfte, zog er an dem Band. Die Schleife löste sich und automatisch lockerte sich mein Korsett ein Stück. Nun würde es ernst werden. Wenn ich ohne Kleidung vor ihm liegen würde, könnte er meinen Körper genauso betrachten wie ich seinen. Wollte ich das? Vielleicht fand er mich dann nicht mehr so attraktiv? Immerhin sah meine Brust in dem Kleid üppiger aus als sie tatsächlich war. Sie war nicht das, was die meisten Männer von einer Frau erwarteten. Als hätte er meine plötzliche Angst bemerkt, begann Nathan wieder meinen Hals zu küssen.
"Alles gut." hauchte er zwischen den Küssen. Es war wie Magie. Jedes Mal, wenn seine Lippen meine Haut trafen, vergas ich alles um mich herum und meine Sorgen verschwanden. War das normal? Er wanderte an meinem Oberkörper weiter nach unten, bis er an meinem Dekolletee ankam. Er griff nach dem festen Stoff und wollte es gerade hinabziehen, als es an der Tür klopfte.
Erschrocken zuckte ich zusammen und versteckte mich unter der seidenen Decke. Hier durfte mich keiner sehen!
"Warte hier. Ich komme gleich wieder." Er strich über die Decke unter der ich mich befand und stand auf. Ich hörte Schritte und wie sich die Tür leise aufschob.
"Was gibt es denn?" sagte er in einem ernsten Ton, den ich noch nie von ihm gehört hatte. Zum Glück konnte man das Bett von der Tür aus nicht sehen, doch ich traute mich trotzdem nicht mein Versteck zu verlassen.
"Die Störung tut mir leid, Sir. Ihre Mutter ließ nach Ihnen suchen." Der Angestellte war höflich, wie man es von ihm erwartete. Nathan seufzte genervt.
"Worum geht es denn?"
"Der Baron von Delle möchte Sie mit der Baronesse bekannt machen. Ihre Mutter hält es für überaus wichtig, dass sie dieses Angebot annehmen." Eine Baronesse? Damit konnte ich nicht mithalten. Mein emotionales Hochgefühl war schlagartig verschwunden und es blieb nur noch ein unangenehmer Druck in meinem Bauch. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Mit dem Grafen! Als hätte unsere Verbindung auch nur eine winzige Chance gehabt.
"Sagen Sie ihr, dass ich bald dazustoße. Ich muss noch etwas anderes erledigen." Mit einem einfachen "Sehr wohl, Sir." verschwand der Angestellte. Die Tür schloss sich, woraufhin ich sofort aufstand.
"Ich sollte gehen." Ich richtete mein Kleid und versuchte die Schleife an meinem Rücken wieder zu schließen. Nathan kam auf mich zu. Wann hatte er sich sein Hemd angezogen?
"Können wir uns morgen sehen? Ich würde gerne mehr Zeit mehr mit dir verbringen." Er legte seine Hand auf meine Schulter. Seine Berührung verursachte kein Feuerwerk an Gefühlen mehr, sondern hinterließ nur Trauer. Ich konnte ihn nie wieder sehen. Es hatte keine Zukunft. Ein Kloß bildete sich in meinen Hals, den ich versuchte herunterzuschlucken.
"Das wäre keine gute Idee." Ich hatte es endlich geschafft die Schleife zu binden und ging zur Tür. Ein letztes Mal betrachtete ich den Grafen. Er sah mich an wie ein geschlagener Hund.
"Adeline... Ist es wegen der Baronesse? An arrangierten Beziehungen habe ich kein Interesse, glaube mir!"
"Darum geht es nicht. Es würde einfach nicht funktionieren. Wir sind schon viel zu weit gegangen." Das was wir getan haben, war schon genug um meinen Ruf zu ruinieren. Es wäre mein sozialer und finanzieller Tod. Niemand würde mir mehr Aufträge geben. Nicht der Hure des Grafens.
"Noch ein letztes Mal?" Seine Lippen zitterten, genauso wie seine Stimme. Ich wusste nicht worauf er hinauswollte, doch bevor ich nachfragen konnte, küsste er mich. Ein letztes Mal. Kurz erwiderte ich den Kuss. Ich konnte einfach nicht anders, doch löste mich nach kürzester Zeit von ihm. Seine Augen waren glasig, so wie meine. Ich durfte meine Meinung nicht ändern. Er wäre mein Ruin.
Ohne ihn anzusehen verließ ich sein Schlafgemach und somit auch sein Leben. 

Der süße Geschmack von BlutWhere stories live. Discover now