V. honigbraun.

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Gedankenversunken schlürfte ich meinen Kaffee.

»Kannst du dein Buch auf Seite 150 aufmachen?«, Elster griff genervt nach einem Keks und ich setzte mich seufzend auf.

»Natürlich, Schatzi.«

Mir wurde nicht einmal ein böser Blick zugeworfen. Wow.

»Hier«, ich griff wieder nach der weißen Tasse. Sie hatte ihr eigenes zuhause vergessen und jetzt musste eben ich hinhalten, wenn ich schon meinen Text über Napoleon nicht hergeben wollte.

»Bist du wirklich, wirklich, sicher, dass du mir deinen Text nicht geben willst?«, fragte sie in exakt dem Moment und zog eine Schnute, was mit ihrem kirschroten Mund ziemlich lustig aussah.

Ich lehnte mich grinsend zurück. »Nein. Das kannst du schön selber machen. Ist ja nicht mein Problem, dass ich so unglaublich viel besser—«

Ich verschluckte mich fast, als ich einen Serviettenball an den Kopf bekam.

»Vielleicht, wenn du heute ganz lieb und nett bist, Schatzi«, zog ich sie lachend auf und Elster zeigte mir den Mittelfinger.

»Wenn du mich weiter so nennst, kauf ich dir noch eine Topfpflanze. Dann musst du dich nicht nur mit Karl auseinandersetzten«, schnauzte sie mich an und ich zog ein Knie an meinen Oberkörper heran.

»Ich und Karl«, ich kratzte mich dramatisch am Kinn, »wir kommen gut miteinander aus.«

Ihr Mund öffnete sich ungläubig. »Nicht dein Ernst, oder?«

Zufrieden mit mir selbst zuckte ich mit den Achseln und trank einen Schluck Kaffee. »Ich würde sogar sagen, wie haben eine... angenehme Beziehung.«

Elster schnaubte ganz leise.

»Das mit dem Gießen ist natürlich noch eine andere Geschichte«, fügte ich schnell hinzu und stellte die Tasse auf dem Tisch ab, mein zerfleddertes Taschenbuch lag aufgeschlagen vor mir.

»Meine Güte«, sie schüttelte ihren Kopf und wandte sich dann wieder ihrem kleinen Laptop zu.

Schmunzelnd griff ich nach dem Taschenbuch und markierte einen langen Satz. Ich liebte es, in meine Bücher zu schreiben, mein Traum, irgendwann ein Schriftsteller zu sein, war noch immer tief in mir verankert.

Wahrscheinlich Dank meiner Deutschlehrerin, die mir in der Oberstufe einmal gesagt hat, dass sie nur noch auf mein erstes Buch wartet. Aber Papa hat immer gewollt, dass ich einmal seinen Laden übernehme, deswegen hat er mich in der Hinsicht nie unterstützt. Und irgendwie würde ich mich eher erhängen, als so ein Leben wie er zu führen. Wortwörtlich.

Also bin ich weggegangen. Bin lieber vor dem Streit weggelaufen, als mich dem Problem zu stellen. Tolles Vorbild. Aber um ehrlich zu sein, hatte ich auch keine besseren gehabt, wie schon gesagt.

»Entschuldigung«, Elster riss mich aus meiner Gedankenwelt, eine Hand in hoch in der Luft, ihr Blick bei der Theke.

Ich hielt die Luft an, als sich der Blondhaarige Kellner näherte. Den ganzen Nachmittag hatte ich schon Ausschau nach ihm gehalten, immer wieder. Wieso, das wusste ich nicht ganz.

Er wischte sich die nassen Hände an der Schürze ab und schaute Elster dann abwartend an. »Ja?«

»Könnte ich bitte vielleicht noch ein Glas Wasser oder so haben?«, er nickte, bevor sein Blick kurz zu mir huschte.

Langsam zog ich einen Mundwinkel in die Höhe, noch immer nach hinten gegen die dunkelrote Bank gelehnt. Vielleicht erkannte er mich ja.

»Willst du auch was?«, fragte er und ich schüttelte meinen Kopf, blickte ihm direkt in die honigbraunen Augen. Ich wollte wissen, wie sie in der Sonne aussahen. Wahrscheinlich wie flüssiges Licht. Auf jeden Fall ganz hell, so wie seine Haare.

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