sechsunddreißig.

102 17 0
                                    

„Blake?", fragt Aideen bereits zum zweiten Mal, ohne eine Antwort zu erhalten. „Hey!" Sie pufft mit dem Ellbogen in seine Seite, sodass er fast von dem beigestellten Stuhl, an ihrem Schreibtisch, fällt. „Wenn du schläfst, dann kommen wir mit unserer Gruppenarbeit nicht besonders gut voran."

In letzter Sekunde hält sich Blake an der Schreibtischplatte fest, um nicht in die Tiefen gerissen zu werden und unsanft auf Aideens Fußboden zu landen. Er quält die Augenlider nach oben, was nicht dazu beiträgt, dass er in irgendeiner Form fitter aussieht. „Entschuldige!", murmelt er unter einem Gähnen hervor. „Es ist eine ziemlich lange und intensive Nacht gewesen."

„Himmel! Flamant!", entfährt es Aideen mit weit aufgerissenen Augen. „Schlüpfrige Details über deine intensiven Nächte kannst du gerne für dich behalten."

„Nein!", dementiert er beschämt. „So war es überhaupt nicht gemeint. Also nicht, dass ich etwas dagegen einzuwenden hätte, mal wieder so ordentlich ... na, du weißt schon. Aber der Grund für meine Müdigkeit ist leider keine ausgiebige Nacht mit einer ausgehungerten Schönheit. Ich habe im Auftrag des Rud-" Er bricht ab, weil er bemerkt, dass er um ein Haar zu viel gesagt hätte.

„Ja?", wartet Aideen auf den Rest des Satzes.

„Ach, egal", tut er es ab. „Wo sind wir stehengeblieben?"

„Wir suchen noch immer nach einem Thema für unsere Projektarbeit", erinnert Aideen an den bisher mehr als nur mageren Erfolg.

„Wie sind die Vorgaben?", erkundigt sich Blake.

„Flamant, du machst mich wirklich fertig!" Sie lässt ihren Kopf auf die Tischplatte sinken, um zum Ausdruck zu bringen, dass sie bedauert, ihn als Gruppenpartner zugeteilt bekommen zu haben. „Der Leitfaden, den uns Smith vorgegeben hat, ist, ein Thema aufzugreifen, das etwas mit einem Zusammenschluss oder einer Gruppierung zu tun hat. Von bedeutenden Freundschaften, über Sekten oder irgendwelchen politischen Allianzen, bis hin zu Sportmannschaften ist alles möglich."

„Oh, richtig", fällt es Blake wieder ein. „Wie wäre es mit dem Rudelverhalten von Wölfen?", schlägt er spontan vor. Wenn er zurückliegende Nacht etwas herausgefunden hat, dann, dass es für ihn höchste Eisenbahn ist, sich mit dieser Materie auseinanderzusetzen.

🌒🌓🌔🌕🌖🌗🌘🌑

Karl steht in der Waschküche und wühlt durch die Dreckwäsche, die sich darin stapelt.

„Ich hoffe, du ziehst es nicht ernsthaft in Betracht, hier etwas zum Anziehen zu suchen", kommentiert Cara die denkwürdige Szenerie. Sie steht, mit gerümpfter Nase, im Türrahmen und wundert sich nicht wenig, über das Tun ihres Mannes.

„Ich suche etwas", erklärt Karl.

„Aha", ist alles, was Cara dazu einfällt.

„Meine Hose", schränkt Karl die Suche ein. „Die, die ich getragen habe, als ich am Tatort gewesen bin."

Da er sich zurzeit ständig auf irgendwelchen Tatorten herumtreibt, ist sich Cara nicht sicher, von welcher Hose er spricht. „All deine Hosen liegen dort drüben auf dem Vierzig-Grad-Stapel", gibt sie Einblicke in ihr Sortiersystem, das völlig im Widerspruch zu Karls Logik zu stehen scheint.

Schnurstracks wendet er sich dem besagten Wäschehaufen zu und hebt eine Hose nach der anderen hoch, bis er gefunden hat, wonach er sucht. Ungeduldig greift er in die Hosentaschen und kramt darin herum, während sich sein Gesicht zu einer vor Enttäuschung gezeichneten Grimasse verzerrt. „Wo sind sie?"

Cara schnauft tief durch. Wundervoll. Neben einem Teenager, der in der Blüte seiner Pubertät steckt, hat sie es jetzt auch noch mit einem Ehemann zu tun, der gerade dabei ist, seinen Verstand zu verlieren.

unleASH the WOLFWhere stories live. Discover now