Kapitel 9: Der König von Rohan

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Es war still geworden in der goldenen Halle. König Théoden war gemeinsam mit Gandalf zu den Hügelgräbern hinaus gegangen um seinen Sohn zu betrauern, während Éowyn dafür gesorgt hatte, dass man Ivriniel und den anderen etwas zu essen brachte. Fleisch und Früchte waren aufgetischt worden und Gimli langte eifrig zu.

„Gibt es noch etwas, das ich für euch tun kann?", erkundigte sich Éowyn höflich.

Aragorn verneinte im Namen ihrer Gruppe. Mit einem Nicken wandte die junge Frau sich ab und machte sich auf den Weg, die Halle zu verlassen.

Ivriniel stand auf.

„Entschuldigt mich", verabschiedete sie sich von ihren Reisegefährten und lief Éowyn nach.

In einem Gang, der an den Thronsaal anschloss, holte sie sie schließlich ein.

„Erlaubt, dass ich Euch begleite", bat sie die junge Frau. Die Angesprochene genehmigte es mit einem Kopfnicken.

„Ihr scheint dem König sehr nahe zustehen", stellte Ivriniel fest.

„Théoden ist mein Onkel", antwortete Éowyn.

Ivriniel betrachtete sie genauer. Ihr hübsches Gesicht wurde von langen, blonden Locken eingerahmt und in ihren Augen schimmerte Müdigkeit.

„Ich habe ihn gepflegt und mich um ihn gekümmert. Wir alle drei haben dafür gesorgt, dass das Reich nicht untergeht – Théodred, mein Bruder Éomer und ich. Doch Théodred fiel im Kampf gegen die Horden Isengarts und Éomer war bei Hofe nicht gern gesehen, als Gríma Schlangenzunge meinem Onkel wichtiger wurde als wir. Nicht einmal der Tod seines eigenen Sohnes hatte ihn interessiert." In ihrer Stimme war der Schmerz deutlich zu hören, den die beschriebenen Ereignisse in der jungen Frau hervorriefen.

„Ihr scheint ihn gern gehabt zuhaben, den Sohn des Königs", merkte Ivriniel mitfühlend an.

„Éomer und ich, wir haben ihn verehrt. Er war ein großartiger Feldherr und ein liebenswerter Mensch."

„Ich verstehe eure Trauer. Auch ich habe einen Freund verloren."

Éowyn sah sie überrascht an.

„Man sagte mir immer, Elben wären die besten Krieger Mittelerdes und niemand könnte sie töten."

Ivriniel lächelte sie traurig an.

„Ich wünschte, es wäre so, doch leider ist es nur ein Märchen. Wir Elben sind ebenso aus Fleisch und Blut wie ihr Menschen oder die Zwerge. Auch uns kann ein Pfeil oder ein Schwerthieb vernichten."

„Und doch habt ihr die Möglichkeit, die zu verteidigen oder zu rächen, die ihr liebt, während ich..." Éowyn wischte das Satzende mit einer Handbewegung fort.

„Verzeiht mir, die letzten Ereignisse waren sehr nervenaufreibend", sagte sie und umfasste den Griff der Tür, vor der sie stehen geblieben war.

„Ich sollte zusehen, dass ich etwas Ruhe bekomme." Mit einem entschuldigenden Lächeln wandte sie sich ab und öffnete die Tür.

Sie war schon fast hindurchgegangen, als Ivriniel sie zurückrief.

„Éowyn!" Die junge Frau drehte sich zu ihr um. Ivriniel lächelte sie an.

„Ich bin mir sicher, noch ehe das hier zu Ende ist, wird die Zeit kommen, in der Euer Stern hell erstrahlt."

Éowyn nickte dankbar, schloss die Tür hinter sich und ließ sie auf dem Gang zurück.

Sie mochte die junge Frau. Sie hatte König Théoden nicht aufgegeben, als die Dunkelheit nach ihm griff und sich ihren Mut nicht nehmen lassen, ihn zu unterstützen, auch wenn er schon verloren schien.

Sternenlicht - Legolas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt