Teil 28

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Am Sonntagmorgen fühlte ich mich überraschenderweise ziemlich ausgeruht. Vielleicht lag es daran, dass ich keinen Alkohol getrunken und am Tag zuvor lange geschlafen hatte. Jedenfalls war ich voller Energie und Motivation.

Um acht Uhr wachte ich bereits auf und kümmerte mich zunächst um eine grobe Ordnung in der kleinen Wohnung. Wie immer räumte ich sowohl Kartons als auch Flaschen weg, machte den Müll und frühstückte anschließend. Danach erledigte ich all den Schulkram.

Am kommenden Dienstag hatte ich meine Physikklausur zu schreiben, weshalb ich trotz weniger Hausaufgaben fast drei Stunden am Schreibtisch zubrachte.

Um 14 Uhr war ich mit allem fertig und beschloss Clea anzurufen. Vielleicht könnte ich bis zu meiner Schicht im Diner zu ihr rüber gehen und mit ihr gemeinsam One Tree Hill schauen.

Es piepte einige Male ehe sie abhob.

„Hallo?" keuchte sie atemlos in den Hörer.

„Hii." Entgegnete ich gedehnt.

Schweres Atmen und dann ein leises Flüstern war am Ende der Leitung zu hören. „Oh Brooke." Cleas Stimme klang abgehackt und irgendwie auffällig überrascht, dabei war es nicht einmal selten, dass ich sonntags anrief. „Was gibt's denn?"

Ich zögerte. „Ich wollte eigentlich fragen, ob ich zu dir kommen kann." 

Schweigen.

„Ähm, bist du noch da?"

„Oh, ja sorry, aber ich bin sehr beschäftigt, vielleicht ein anderes Mal, ja?"

Ich nickte perplex. „Klar, gut. Dann bis morgen."

„Bis morgen!" und schon einen Herzschlag später hatte sie aufgelegt.

Immer noch etwas verwirrt starrte ich auf mein Handy. Hatte ich es mir nur eingebildet oder hatte Clea mich abwimmeln wollen? Und was zur Hölle war das für Geflüster gewesen? 

Etwas Unangenehmes drängte sich in meine Gedanken. Vielleicht war Clea verabredet gewesen und hatte nichts gesagt, weil sie mich nicht dabeihaben wollte. 

Ich stellte mir vor, wie sie mit Thalia und Milo zusammen auf dem Sofa saß und eine Serie schauten. Es versetzte mir einen Stich und nur um mir selbst zu beweisen, dass dem nicht so war, rief ich Milo an. Vielleicht hatte er ja Zeit.

Aber bei ihm ging lediglich die Mailbox ran. Ich bekam nicht mal ein Freizeihen.

Das mulmige Gefühl in meiner Magengegend wurde noch stärker. Seufzend legte ich mein Handy zur Seite und setzte mich im Schneidersitz ins Bett. Das Buch, das ich gerade las, legte ich aufgeschlagen auf meine Beine, aber dennoch starrte ich mein Telefon auf dem Schreibtisch an. Als könnte dort wie durch Zauberhand eine Nachricht eintrudeln. 

Keine Ahnung was ich überhaupt erwartete, aber das unwohle Gefühl war so stark, dass ich mich nicht einmal auf das Buch konzentrieren konnte.

Gerade las ich den ersten Abschnitt des Kapitels zum zwölften Mal als mein Handy ein Plinggeräusch machte. Ich sprang auf und stolperte zum Schreibtisch. Hektisch griff ich danach und entsperrte es. 

Vermutlich hatte ich eine Nachricht von Milo erwartet, denn als ich Levis Namen auf dem Display las, schwemmte eine kleine Welle der Enttäuschung durch mich hindurch.

Ernüchtert öffnete ich die Nachricht.

Levibaby: Meine Nachprüfung in Mathe ist in drei Wochen. Wie wäre es mit drei Terminen die Woche?

Ich warf einen Blick auf meinen Kalender im Handy ehe ich ihm zurückschrieb.

Ich: Wir treffen uns morgen nach dem Unterricht und dann schaue ich wie viel wir machen müssen. Wie oft und wann wir uns treffen, ist dann mir überlassen.

Ich las mir die Nachricht noch einmal durch bevor ich sie abschickte. Meiner Meinung nach klang das energisch und gleichzeitig nicht unhöflich. Zufrieden drückte ich auf Senden und beobachtete, wie drei Punkte im Chatverlauf anzeigten, dass Levi eine Antwort tippte.

Levibaby: Diese bestimmerische Art gefällt mir. Dabei warst du gestern noch ganz fügsam.

Ich: Nach der letzten Stunde vor dem Haupteingang. Aber komm erst zu mir, wenn Milo gefahren ist.

Levibaby: Wieso? Wird er sonst eifersüchtig?

Ich konnte mir nur zu gut vorstellen, wie er gerade vor sich hin grinste und kniff die Augen zusammen.

Ich: Halt dich an die Regeln oder das mit der Nachhilfe hat sich erledigt.

Wieder wartete ich auf die Pünktchen, aber diesmal erschienen sie nicht und die Nachricht wurde nicht als gelesen gekennzeichnet.

Seufzend schaltete ich das Handy aus und starrte erneut durch die Gegend. Mir war so langweilig, dass ich schließlich einfach entschied im Diner anzurufen und zu fragen, ob es dort eine Extra Schicht für mich gab.

Cain, mein Boss, der nur selten da war, wenn ich auch arbeitete, weil er Abends bei seiner Familie war, trug mich für eine zwei-Stunden-Schicht direkt vor meiner regulären Schicht ein und so machte ich mich bereits eine halbe Stunde später auf den Weg ins Diner.

Schon wieder zu fuß, weil ich zum wiederholten Male vergessen hatte mein Fahrrad zur Werkstatt zu bringen.

Ich setzte eine Erinnerung in mein Handy, damit ich es morgen nach der Nachhilfe nicht vergaß und ging dann los.


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