Kapitel 10

619 31 5
                                    

Maude

Maude landete mit voller Wucht auf dem Waldboden. Ohne nachzudenken holte sie mit ihren Fingernägeln aus und rammte sie ihrem Angreifer in die Seite. Dieser stieß ein Jaulen aus und ließ von ihr ab.

Sie sprang auf und knurrte. Vor ihr stand ein Werwolf. Oder besser gesagt die Werwölfin, welche sie schon auf dem Schulgelände angegriffen hatte.

„Das wirst du bereuen!", fauchte Maude und stürzte nach vorne. Ehe sie die Werwölfin erreichen konnte, knallte ein weiterer Wolf gegen ihre Seite. Diesmal war sie etwas besser darauf vorbereitet und zog ihm die Fingernägel über die Schnauze. Gerade noch rechtzeitig hörte sie ein drittes Knurren hinter sie.

„Wirklich?", schnaubte Maude. „Drei gegen einen? Ihr seid erbärmlich!" Sie zögerte kurz. Was jetzt? Alleine könnte sie die Werwölfin problemlos erledigen, aber drei auf einmal?

Wegrennen war keine Alternative. Erstens, weil sie vor keinem Kampf davonlief, und zweitens, weil die Wölfe sie längst eingekreist hatten. Knurrend kamen sie näher und schnappten nach ihr.

Die erste Werwölfin stieß sich mit kräftigen Hinterbeinen vom Boden ab und stürzte sich auf sie. Maude schlug mit ihren Fingernägeln nach ihr, doch es half kaum: Der Wolf hinter ihr sprang ebenfalls und verbiss sich in ihrer Schulter. Sie taumelte unter dem Gewicht, dann ging sie zu Boden. Über ihr war nichts als Fell und Zähne.

Einer der Werwölfe erwischte ihr Bein und schnappte zu. Maude stieß einen Schrei aus und versuchte, sich aus dem Griff zu befreien. Der Wolf verbiss sich nur noch fester, während die Pfoten eines anderen ihren Brustkorb zu Boden drückten.

Langsam merkte sie, wie ihre Kräfte nachließen. Wenn das so weiterging, würde der Kampf nicht mehr lange dauern.

Sie versuchte, ihren Blick zu fokussieren. Wenn diese verdammten Werwölfe sie schon töten wollten, würde sie ihnen davor genügend Wunden zufügen, damit sie für den Rest ihres Lebens entstellt waren.

Auf einmal löste sich das Gewicht von ihrem Brustkorb. Maude blinzelte. Anstelle sich zu fragen, was los war, richtete sie sich auf und rammte dem Werwolf, der noch immer an ihrem Bein hing, die spitzen Fingernägel mit voller Wucht in die Flanke. Mit einem Winseln ließ er von ihr ab. Auch der dritte Wolf wich von ihr zurück, anstelle erneut anzugreifen.

Maude blickte zur Seite. Ihre Augen weiteten sich.

Dort stand ein gewaltiger, silberner Wolf. Er überragte die anderen bestimmt um mindestens zehn Zentimeter und stieß ein gewaltiges Knurren aus. Was zur Hölle? Wieso kam ihr ein Werwolf zu Hilfe?

Sie blieb vollkommen perplex am Boden sitzen, als die anderen drei Wölfe die Schwänze einzogen und winselnd davonliefen.

Jetzt drehte sich der silberne Wolf zu ihr. Seine leuchtend grünen Augen bohrten sich in sie, als er einen Schritt nähertrat. Maude runzelte die Stirn. Sie kannte diese Augen...

Um den Wolf herum begann es zu flimmern. Maude blinzelte einmal und vor ihr stand Mel, mit ihren roten Locken und stechend grünen Augen, welche Maude besorgt musterten.

„Hey, alles klar bei dir?", fragte sie und trat näher. Maude fauchte und holte mit ihren Fingernägeln aus. Mel wich zurück.

„Was zum Teufel?", spuckte Maude aus und hievte sich auf die Beine. Ihr verletzter Unterschenkel brannte.

„Vorsichtig, du bist verletzt." Mel trat erneut näher.

„Ja, weil deine verdammten Wölfe mich angegriffen haben!" Maude wich einen weiteren Schritt nach hinten und ihr verletztes Bein gab nach. Sie fiel unsanft zu Boden.

Die Bewohner von Harrowville (Band 1: Spinnen) | Wattys 2022 ShortlistWhere stories live. Discover now