• Kapitel 23: Tür & Angel •

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Er hatte einfach aufgelegt. Ohne irgendwas zu sagen hatte er mich einfach weggedrückt und ließ mich fassungslos und enttäuscht zurück. Ich schlurfte in die Küche, setzte mich wortlos an den Tisch und aß weiter. Dörte und Samra hakten nicht weiter nach und folgten meinem Beispiel,, wobei sie versuchten, die Stimmung mit Gesprächen über belanglose Dinge etwas aufzulockern. Doch während ich in meinem Essen stocherte, waren meine Gedanken nur bei ihm. Was hatte er sich gedacht? Hat er wirklich geglaubt, ich würde es nicht herausfinden? Und hätte er es mir irgendwann erzählt?
Nach ungefähr einer halben Stunde wurde Samras Erzählung über einen Fauxpas seines Bruders jäh von meiner Klingel unterbrochen. Tief in meinem Inneren wusste ich genau, wer vor der Tür stand. "Ich geh schon." Mit diesen Worten stand Dörte auf und lief zur Tür, um sie zu öffnen. Und ich hatte recht behalten. Sofort erkannte ich seine Stimme, doch sie klang nicht wie sonst. In seinem Tonfall schwang noch etwas mit, was ich so nicht von ihm kannte: Reue. Dörte und Capi diskutierten kurz im Flur, doch ich verstand nichts von dem, was sie sagten. Zu vertieft war ich in meinen eigenen Gedanken. "Alles wird gut, okay?", murmelte Samra und sah mich mit einem aufgesetzten Lächeln im Gesicht an. In meinen Augen sammelten sich Tränen und ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Immer wieder kreiste mir die selbe Frage im Kopf umher: Warum vertraut er mir nicht?
Irgendwie fühlte sich für mich alles an wie in Zeitlupe: Während Samra vor mir auf mich einredete hörte ich im Hintergrund meine beste Freundin mit dem Mann streiten, den ich zu kennen geglaubt hatte. War eigentlich irgendwas wahr von dem, was er mir erzählt hatte? Konnte ich ihm irgendwas glauben? Mein Sichtfeld verschwamm und in meinen Ohren vernahm ich nur noch einen Tinnitus. Ohne darüber nachzudenken, was ich tat, stand ich auf. Ich war komplett überfordert mit der Situation und hielt es einfach nicht mehr aus. Schnell lief ich in den Flur und auf die Haustür zu. Capi stand noch im Hausflur und Dörte im Türrahmen. Als er mich sah, versuchte er natürlich sofort, auf mich einzureden, aber ich schlug ihm einfach die Tür vor der Nase zu. Erneut liefen mir die Tränen das Gesicht hinunter und ich schrie durch die Tür hindurch: "Hau ab!" Dörte hatte sich wieder zu Samra in die Küche zurückgezogen und die Tür geschlossen, um uns wenigstens etwas Privatsphäre zu lassen. "Baby bitte, ich kann dir alles erklären", flehte er mich an und ich ließ mich an der Tür hinab auf den Boden gleiten. "Du hast mir verschwiegen, dass du verdammt nochmal zwei Söhne hast! Wie willst du das erklären? Vertraust du mir nicht?", schoss ich zurück und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. "Natürlich vertrau ich dir", begann er seinen Satz, während auch er sich auf den Boden zu setzen schien, denn nun vernahm ich seine Stimme auf meiner Höhe, "Aber ich hatte Angst, dass du mich sitzen lässt, wenn du das erfährst. Ich wollte es dir sagen, aber ich wollte dich auch nicht verlieren!" "Dachtest du echt, ich würde das nie rausfinden?", hakte ich weiter nach und wischte mir Tränen aus meinem Gesicht. "Ich wollte es dir selbst erzählen, aber erst, wenn ich mir sicher war, dass ich gewonnen habe. Meine Ex will nicht, dass ich die Jungs sehe, aber das kann und will ich nicht zulassen." Ich wusste nicht, wie ich darauf antworten sollte. Natürlich bewegte mich seine Geschichte zutiefst, aber ich war gleichzeitig auch so verletzt darüber, dass er wirklich dachte ich würde ihn wegen seiner Kinder sitzen lassen. "Das mit den beiden war nie einfach", begann er auf einmal, "Versteh mich nicht falsch, ich wollte immer Kinder, aber nicht so verdammt früh. Als meine Ex dann doch mit unserem ersten Sohn schwanger geworden ist, haben wir uns gegen eine Abtreibung entschieden. Unsere Beziehung lief vor den Kids schon nicht so gut, aber wir sind trotzdem zusammen geblieben. Wir haben uns auch während der Schwangerschaft so oft gestritten, aber kaum war Dima dann da, war irgendwie alles gut. Wir haben uns für ihn wieder zusammengerauft, was dann im Endeffekt so gut lief, dass meine Ex dann gleich nochmal schwanger geworden ist. Von da an ging alles bergab: Wir haben uns noch mehr gestritten, als davor. Ich bin oft abgehauen und hab die Nächte bei Kumpels oder im Studio verbracht, wo ich mich dann hirnlos gekokst oder gesoffen hab. Mir war klar, dass wir das nicht mehr retten konnten. Sascha kam dann kurz nachdem Dima ein Jahr alt geworden war. Ich war zwar innerlich echt gefickt, aber ich wollte für meine Kinder stark sein. Wir haben der Beziehung eine aller letzte Chance gegeben, aber Sascha war nicht mal drei Monate alt, als wir es einfach nicht mehr beieinander ausgehalten haben. Sie hat natürlich alles auf mich und meine Drogenprobleme geschoben, deshalb wollte sie mir auch verbieten, die beiden zu sehen, aber ich hab's doch irgendwie geschafft, dass ich sie einmal im Monat sehen darf. Jetzt, wo ich so gut wie weg bin von den Drogen will ich mehr Zeit mit ihnen verbringen, aber sie versucht natürlich weiterhin alles, damit sie das alleinige Sorgerecht bekommt, aber das kriegt sie nur über meine Leiche." Er atmete hörbar aus, als er zum Ende seiner Erzählung kam. Das so viel Drama dahinter steckte, hatte ich nicht erwartet. "Dima ist jetzt vier und Sascha ist gerade drei geworden", fügte er noch an, "Sie sind schon richtig groß. Leider sprechen sie nicht viel russisch, weil wir uns ja nicht oft sehen können, aber was nicht ist, kann ja noch werden." Während er das sagte, klang er unheimlich stolz. Ich sah ihn mit ganz anderen Augen: Er war Vater mit Leib und Seele, wenn man ihn nur ließ.
"Weißt du, was mein Traum ist?", riss er mich aus meinen Gedanken. "Was denn?", hinterfragte ich mit schwacher Stimme und lehnte meinen Kopf gegen die Tür. Vielleicht irgendein Auto oder ein Haus? "Ich will frühs um sieben mega abgefucked vom Wecker neben dir aufwachen, total übermüdet die Kinder fertigmachen und sie mit dir in die Kita bringen." Damit hatte ich nicht gerechnet. Und ich wollte wirklich noch sauer auf ihn sein, aber ich konnte ihn irgendwo verstehen, so dumm das auch klingen mochte. Langsam stand ich auf und öffnete die Tür, vor welcher Capi sich gerade aufrichtete. "Du hast mich verletzt", sagte ich und er senkte seinen Blick, "Aber ich liebe dich. Und ich verstehe, dass du dir erst sicher sein wolltest. Trotzdem ist das nicht einfach gegessen, weil das für mich schon ein großer Vertrauensbruch war." "Es tut mir so verdammt Leid, Kiska. Ich schwöre dir, ich habe keine Geheimnisse, von denen ich dir sonst erzählen könnte. Du bist das wichtigste in meinem Leben, abgesehen von meinen Jungs, und ich werde unsere Beziehung nie wieder aufs Spiel setzen. Ich hab dich verletzt und enttäuscht und das wird nie wieder vorkommen." Mit diesen Worten zog er mich an sich und umschloss meinen Körper mit seinen starken Armen. Etwas in mir sträubte sich noch dagegen, seine Nähe zuzulassen, doch ich schob es beiseite und gab mir der Umarmung hin. "Ich...naja, du weißt schon", murmelte Capi in mein Haar und gab mir einen Kuss auf den Kopf. "Ich dich auch. Aber bitte, lüg mich nie wieder an. Ein drittes Mal verzeih ich dir nicht mehr", erwiderte ich und konnte spüren, wie er nickte. Seine Intentionen waren nie schlecht gewesen, sie waren nur nicht gut überdacht. Vielleicht wollte er sich selbst auch irgendwo vor Zurückweisung schützen, indem er mir nichts von seinen Kindern erzählt hatte. Vielleicht war es manchmal auch das, was die Liebe ausmachte: Vergebung.

Capi kam noch mit herein und klärte Dörte auf; Samra wusste ja über alles Bescheid. Wir saßen noch stundenlang in meiner Wohnung und Capi erzählte alles, was es wichtiges über seine Kinder zu wissen gab. Wenn er über die beiden sprach, funkelten seine Augen vor Stolz und man bekam das Lächeln nicht mehr aus seinem Gesicht. Ich hoffte inständig, die beiden würden mich wirklich mögen, so wie Samra es prophezeit hatte, denn sonst wüsste ich nicht, wie das mit mir und Capi funktionieren würde. Es war so, wie er gesagt hatte: Ich war das wichtigste in seinem Leben, neben seinen Kindern.

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Meddl Leude,
Wir hoffen euch hat das dramatische Kapitel gefallen! Lasst uns doch gerne eure Gedanken und euer Feedback in den Kommentaren da, wir würden uns freuen.
PS: Wir wissen weder wie Capis Kinder wirklich heißen, noch wie irgendwas zwischen ihm und der Mutter seiner Kinder abgelaufen ist bzw. abläuft. Das ist alles frei erfunden! ALLES!
PPS: Ihr könnt euch morgen auf einen Lesetag freuen! Wir werden über den Tag verteilt die LETZTEN DREI KAPITEL dieser Fanfiction hochladen!

thx lg,
l&d.

bad neighbors :: capital braOù les histoires vivent. Découvrez maintenant