• Kapitel 4: Dörte & das Interview •

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Auch am nächsten Tag verließen Desiree und ich pünktlich um sechzehn Uhr die Arbeit. Mein erster Auftrag war es, mit ihr gemeinsam ein Interview zu führen. Unser Chef ließ uns völlige Freiheit, was das anging; wir konnten uns sogar den Interview-Partner aussuchen, da er Desiree vertraute und mich auf eine erste Probe stellen wollte. Die einzige Bedingung war, dass es ein zur Zeit angesagter Künstler seien sollte, um die junge Leserschaft anzusprechen. Da Desiree sich besonders auf Musik spezialisiert hatte, durchstöberte sie auf der gemeinsamen Heimfahrt gleich mal die aktuellen Charts. "Wie wär's mit einem Deutschrapper? Ist gute Musik und fast alle Jugendlichen hören das ziemlich gern", schlug sie vor während ich mich in die viel zu enge Parklücke vor meinem Haus quetschte. Wir hatten in der Mittagspause beschlossen, dass sie nach der Arbeit noch mit zu mir fahren würde, damit wir uns Gedanken über das Interview machen konnten.
Zehn Minuten später fanden wir uns in meiner Wohnung wieder. Während ich für uns beide zum Abendessen einen Hähnchensalat zubereitete, öffnete Desiree eine Flasche Weißwein und goss uns etwas in zwei Weißweingläser. Ich stellte einen Teller vor ihr ab und setzte mich ihr gegenüber an den kleinen Küchentisch. Wir stießen an und nahmen einen kleinen Schluck, bevor wir begannen, zu essen. Währenddessen machten wir uns weiterhin Gedanken über unseren Interviewpartner. "Wie wär's mit Mero?", schlug ich vor, doch Desiree war viel zu vertieft in ihr Essen um mir zu antworten. "Desiree?", riss ich sie aus ihrem Tagtraum. Mit vollem Mund antwortete sie einfach nur: "Du kannst mich übrigens auch Dörte nennen. Alle meine Freunde nennen mich so, weil sich mein alter Mathelehrer nie meinen Namen merken konnte, weswegen er mich immer mit Dörte angesprochen hat. Außerdem mag ich meinen Namen nicht. Ich erlaub das auch nur guten Freunden, also fühl dich geehrt, denn so früh hab ich das noch nie Jemandem erzählt." Nach ihrer Erzählung brachen wir beide in lautes Gelächter aus und aßen weiter.
Doch nur ein paar Minuten später wurde unsere Unterhaltung durch meine Klingel unterbrochen. Ich entschuldigte mich kurz, stand auf und öffnete die Tür. Und erneut hätte ich sie verdammt gerne wieder zugeschlagen, aber er war schneller. "Hey Kiska, der war wieder bei uns im Briefkasten. Hast du irgendwas angestellt oder wieso kriegst du Post von der GEZ?", fragte mich Capital schmunzelnd, bevor er mir den Briefumschlag gab. "Ich bin erst hier eingezogen, schon vergessen? Normal das die sich melden", antwortete ich stumpf und versuchte, ihn so wenig wie möglich anzusehen. Nach der Sache von gestern war mir das alles einfach nur peinlich. "Hey Lora", begrüßte mich auch Samra, der hinter ihm stand und seinen Schlüssel aus der Tasche kramte während er in der anderen Hand zwei Döner hielt. Ich schenkte ihm ein schwaches Lächeln und wand mich wieder seinem nervigen Kumpanen zu: "War's das?" "Stell dir vor Lora", hörte ich Dörte aus der Küche rufen und vernahm ihre Schritte auf uns zusteuern, "Ich hab die perfekte Idee: Wir interviewen einfach Capital Bra oder Sa-" Bevor sie ihren Satz beenden konnte, richtete sie ihren Blick auf uns und verstummte schlagartig. "Was ist mit mir?", meldete sich Capital nun und grinste dumm. Auch Samra konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, während Dörte rot anlief. "Darf ich vorstellen: Meine Nachbarn", war alles, was ich rausbekam. Wieso hatte ich da nicht vorher dran gedacht? Ich hätte auch nur Samra fragen können. "Oh Gott, ähm..", stammelte Dörte vor sich hin, bevor sie die Situation erklärte: "Lora und ich sind auf der Suche nach Partnern für ein Interview. Würde sich einer von euch bereiterklären oder vielleicht sogar ihr beide?" Während ich ein "Nein" von mir gab, antworteten meine Nachbarn gleichzeitig mit "Ja", und zwar beide.
Fünf Minuten später fand ich mich mit Capital und Samra in meinem Wohnzimmer wieder. Die beiden aßen seelenruhig ihre Döner auf meinem Sofa während Dörte nebenan mit unserem Chef telefonierte und ihm die Situation erklärte. "Stell dir vor, der Chef meinte, wenn wir ihm bis morgen ein fertiges Interview hinlegen, kriegen wir den Tag frei! Das würde für uns heute zwar noch 'ne Menge Arbeit bedeuten, aber mir ist es das wert", erklärte sie und ich nickte zustimmend. Vor allem würde das einen guten ersten Eindruck hinterlassen. "Ich bin übrigens Desiree, hab mich vorhin gar nicht vorgestellt", sagte sie nun an unsere Interviewpartner gewandt, welche gerade aufgegessen hatten. "Hussein, aber Samra ist mir lieber. Hussein werd ich eigentlich nur von meiner Mutter genannt, wenn ich Scheiße gebaut hab", erklärte Samra bzw. Hussein. "Man nennt mich Capital, doch ich hab tausend Namen", sagte nun auch Capital und begann zu lachen, "Nein Spaß, heiße eigentlich Vladislav, aber Capi reicht." Vladislav also. "Können wir dann anfangen?"; warf ich in die Runde und alle nickten. "Also Jungs, erstmal cool, dass ihr das hier macht. Ihr seid ja jetzt mitten in der Promophase zu eurem kommenden Collabo-Album 'Berlin lebt 2'..."
Dörte und Ich stellten den beiden hauptsächlich Fragen zu ihrem kommenden Album, vergangenen Erfolgen und zukünftigen Projekten. Während des Interviews merkte ich, wie Capis Blick von Zeit zu Zeit auf mir lag und er mich musterte. Ich versuchte so gut wie es ging den Blickkontakt mit ihm zu meiden. Seitdem ich mich gestern aufgeführt hatte wie ein hormongesteuerter Teenager, wusste ich nicht mehr, wie ich mit ihm umgehen sollte. Ich merkte, wie mein Gesicht bei dem Gedanken an seinen trainierten Oberkörper leicht errötete. Natürlich musste er mich genau in diesem Moment ansehen. Er grinste, als wüsste er genau, an was ich dachte. Während Samra Dörte eine Frage über seinen Erfolgshit 'Cataleya' beantwortete, merkte ich, wie Capis Hand langsam mein Knie striff. Ich erschrak mich leicht und sog scharf die Luft ein. Währenddessen spürte ich genau, wie mein Gesicht noch mehr errötete und sah ihn aus dem Augenwinkel noch breiter grinsen. Bastard. "Lory? Ist alles gut bei dir?", fragte mich Dörte besorgt und ich konnte nicht anders, als zu nicken. "Ich muss kurz ins Bad", verkündete ich daraufhin schnell und lief schnellen Schrittes in mein Badezimmer. Dort schloss ich die Tür, stellte mich vor den Spiegel und sah mich an: Mein Gesicht war verdammt rot und meine Atmung war schwer. Was macht er mit mir? Ich kenne ihn erst ein paar Tage, wobei kennen auch wirklich übertrieben war. Eigentlich konnte ich ihn nicht mal leiden. Eigentlich.
Schnell wusch ich mir mein Gesicht mit etwas kaltem Wasser, um wieder einen klaren Kopf zu fassen. Dann atmete ich durch und richtete meine Frisur. Kaum war ich damit fertig, klopfte es leise an der Tür. Ich öffnete sie, und natürlich: Capi stand vor mir. "Bist du fertig? Ich muss hier mal rein", fragte er und grinste mich an. Dann sah er mich wieder mit diesem durchdringlichen Blick an, der irgendwie dafür sorgte, dass ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Mal wieder konnte ich nur nicken, was ihn dazu veranlasste, sich an mir vorbei ins Bad zu bewegen. Dabei striff er, wahrscheinlich mit vollster Absicht, mit seiner Hand meine eigene. Ich atmete hörbar aus und sah im Augenwinkel, wie sich ein Grinsen auf sein Gesicht schlich. Er wusste genau, was er tat, denn mittlerweile war die Spannung zwischen uns nicht mehr nur negativer Natur, und ob mir das so unbedingt gefiel, wusste ich nicht. So schnell ich konnte flüchtete ich also aus der Situation zurück ins Wohnzimmer, wo ich mich aufs Sofa zu Dörte und Samra setzte, welche in ein intensives Gespräch verwickelt waren.
Als Capi aus dem Bad kam beendeten wir das Interview und Dörte und Ich machten uns direkt an die Bearbeitung des Artikels. "Habt ihr Bock, nachher noch was zu machen, wenn ihr morgen freibekommt?", fragte Samra und Dörte und ich sahen uns an. Der Artikel bedarf nicht so viel Arbeit, wie wir Anfangs dachten, da das Interview ziemlich reibungslos verlaufen war. "Von mir aus gerne", antwortete Dörte für sich und Samra lächelte sie an. Eigentlich wollte ich Capi aus dem Weg gehen, aber gleichzeitig konnte ich meine Freundin auch nicht mit den beiden Idioten alleine lassen. Also gab ich nach und nickte. "Würde schätzen, dass wir so in 'ner dreiviertel Stunde spätestens fertig sind", erklärte Dörte und ich sah auf die Uhr: erst 18:30 Uhr. "Dann gehen wir solange rüber und machen uns fertig. Ich hab auch schon 'ne Idee. Heute solls ziemlich warm bleiben, auch nachts. Zieht euch Bikinis an und klingelt, wenn ihr fertig seid." Während Capi das sagte, sah er Samra an, welcher ihm grinsend zunickte. Die beiden verabschiedeten sich für den Moment und ließen uns in Ruhe arbeiten.

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Meddl Leude,
Wir hoffen, euch hat das vierte Kapitel gefallen! Langsam wird's zwischen Capi und Lora interessant...
Lasst uns doch eure Meinung in den Kommentaren da!

thx lg,
l&d.

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