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Visions
Skye Varic

Ich war gerade auf dem Weg in die Trainingshalle, als Luna mir entgegen lief. Ich wunk ihr zu, doch sie setzte nur gedankenverloren einen Schritt vor den anderen, als würde sie etwas bedrücken. Ich blieb genau vor ihr stehen und wedelte mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. Eigentlich wollte ich sie so gut es ging meiden, denn mein Instinkt sagte mir, dass sie mir immer weiter misstraute und irgendetwas im Schilde führte. Doch falls dies der Fall sein sollte, musste ich es herausfinden und dem Rat davon berichten. »Erde an Luna! Hallo! Bist du da?«, fragte ich sie mit großen Augen. Sie schnappte aus ihrer Tagträumerei in die Realität zurück. »Oh, hallo Skye. Ich war gerade so in Gedanken versunken, tut mir leid«, entschuldigte sie sich und versuchte an mir vorbei zu gehen. »Hey, warte! Hast du das in letzter Zeit nicht öfter?«, bemerkte ich neugierig und schaute sie skeptisch an. Sie wollte abwinken, doch ich ließ sie nicht an mir vorbei. »Luna, erzähl mir was los ist. Ich habe dir vertraut und dir immer wieder erzählt, was los ist. Jetzt musst du mir vertrauen«, forderte ich und hielt sie am Arm fest. Sie seufzte tief und gab sich geschlagen. »Na schön, aber nicht hier. Lass uns woanders hingehen«, sagte sie und ging in Richtung Trainingshalle. Ich folgte ihr wortlos, bis wir die leere Halle betraten. Die Türen schlossen sich und sie zückte ihr Lichtschwert. Zögerlich nahm ich meine erst neu gebaute Waffe ebenfalls von meinem Gürtel und begutachtete die Lage gründlich. »Ich hab gesehen, dass du dein Lichtschwert fertig gestellt hast. Es sieht gut aus«, meinte sie, »Es ähnelt dem deines Meisters.« Ich zog die Augenbrauen hoch und spürte ein ungutes Gefühl, doch wollte ich nichts absichtlich anzetteln. »Ja, ich konnte es mir auf der Erde genau ansehen und fand den Stil ganz schick. Ich habe mich von seinem inspirieren lassen«, antwortete ich ihr aufrichtig. »Wir können ein wenig trainieren, während wir reden, wenn du magst«, fuhr sie fort und ich atmete erleichtert aus. Ich hätte jetzt etwas anderes erwartet. Doch ich verstand Luna wohl vollkommen falsch. Sie aktivierte ihr Lichtschwert, welches eine blaue Farbe besaß und drehte sich anschließend in meine Richtung. »Wir fangen erstmal mit deinen Haltungen an. Du hast dich zwar schon sehr verbessert, aber deine Körperspannung lässt nach einiger Zeit nach. Im Gefecht könnte das dein Todesurteil sein«, sagte sie in einem etwas strengeren Ton und ich befolgte brav ihre Anweisungen und hielt mich minutenlang in Posen, die sie mir zeigte. »Dein Lichtschwert besitzt eine gelbe Klinge. Das passt irgendwie zu dir«, bemerkte sie am Rande an und kicherte, woraufhin ich schmunzelte. »Danke, dein blaues betont deine Ausdruckskraft ebenfalls«, lachte ich und konzentrierte mich dann wieder auf die Position und meine Körperspannung. »Ist auf deiner Mission etwas passiert, weshalb du so angeschlagen bist?«, fragte ich währenddessen. Ich wechselte die Position in eine andere Abwehrhaltung und schaute sie an, während sie vor mir auf und ab ging und mich musterte. »Nicht wirklich«, antwortete sie und ich schaute sie mit gerunzelter Stirn fragend an. »Was ist es denn dann?« Sie verbesserte meine linke Armhaltung. »Vergiss nicht, diese Waffe ist dein Leben. Du darfst sie niemals aus den Augen verlieren«, merkte sie bei ihrer Korrektur an. »Danke, das merke ich mir. Bekomme ich jetzt eine ehrliche Antwort?«, lenkte ich auf das Thema zurück und sie bedeutete mir, eine andere Position anzunehmen. Da das Lichtschwert ziemlich schwer war, konnte ich meine Ausdauer in den Armen gut trainieren. »Seit einiger Zeit träume ich von einem Ende der Jedi und der Republik. Die Seperatisten existieren nicht länger. Der Krieg ist zuende«, erzählte sie in einem ruhigen, aber besorgten Ton. »Ist es eine schöne oder eine schlimme Vorstellung?«, fragte ich sie. Ich stellte es mir eigentlich friedlich vor. Die intergalaktischen Känpfe würden enden. Das Ende der Jedi, der Sith, der Republik und der Seperatisten würde eine neue Ära des vollkommenen Friedens einleiten und keiner müsste mehr in Furcht oder Zwang leben. »Ich befürchte, dass ich für jemanden mehr empfinde, der mir nicht so nahe steht wie ich es gern würde. In dieser Vorstellung leben er und ich zusammen, in Frieden. Und ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen. Doch dann gibt es diese Träume, in denen er und ich den Untergang von allem einleiten«, erzählte sie. Ich spürte, wie emotional sie wurde und wie sehr es sie mitriss. Es musste nicht leicht für jemanden sein, der dem Kodex der Jedi sein Leben lang gefolgt war, durch Träume mit anderen Szenarien gepeinigt wurde. Ich wusste nicht, wie schwer es für sie sein musste, den Schmerz ihrer Träume zu ertragen, wie sie für den Untergang von allem verantwortlich sein musste. »Und was gedenkst du jetzt zu tun?«, fragte ich sie, nachdem ich meine Position erneut wechselte und die Twi'lek mit geneigtem Kopf anschaute. Sie schüttelte den Kopf. »Ich weiß, dass ich ein Jedi bin. Und diese Vision, diese Zukunft...«, sie stoppte und schnappte laut nach Luft, als würde ihr der Entschluss schwer fallen. »...kann nicht wahr werden.« Ich sah sie mitleidig an. Ich konnte sie gut verstehen, denn ich war ja in so ziemlich derselben Lage wie sie. Anakin war schon lange fort und mit jedem Tag, an dem er nicht zurückkehrte, verlor ich langsam an Hoffnung, ihn je wieder zu sehen. Und wenn ich ihn überhaupt wiedersah, was dann? Wie konnten wir uns in die Augen schauen und reden nach alldem, was passiert war. Nach allem, was er als mein Meister verpasste. Was er als Freund verpasste. Und auch als mein Geliebter. »Skye«, holte mich Luna aus meinen Gedanken zurück. Ich hatte nicht bemerkt, wie ich nur auf den Boden sehend im Raum stand. Mein Lichtschwert fest umschlungen, deaktiviert. »Wer ist es, den du magst?«, fragte ich sie, die zunächst einen schockierten Ausdruck in ihren Augen hatte, dann jedoch sich am Arm hielt und mit dem Kopf schüttelte, während sie den Blick senkte. »Es würde es vermutlich schlimmer machen, wenn ich jetzt anfangen würde, darüber zu reden. Also belassen wir es hier, ja? Wir sollten noch ein wenig kämpfen üben, wenn es für dich schon wieder möglich ist«, antwortete sie mir und ich nickte seufzend. Ich stellte mich ihr gegenüber, verbeugte mich für ein paar Augenblicke und zündete anschließend meine gelbe Lichtschwertklinge, die hell empor strahlte. Ich streckte meine freie Hand nach vorne aus und verlagerte mein Gewicht auf mein hinteres rechtes Bein. Die Klinge hielt ich über meinen Kopf in Richtung Luna und wartete auf einen Angriff meines Gegenübers. Luna flitzte mit ihrem blauen Lichtschwert auf mich zu und preschte auf mich ein, doch ich blockte jeden einzelnen Schlag ab und versuchte mich auf ein Angriffsmuster zu konzentrieren, um ihre Schritte hervorzusagen. Ein Angriff von links, ein Hieb von rechts, ein Tritt von vorne, eine Umdrehung mit einem Sprung. Das war meine Chance. Ich benutzte die Macht um Luna in ihrem Sprung in der Luft zu halten und schleuderte sie mit einem Tritt in die Magengrube gegen die Wand. Als ich auf dem Boden wieder aufkam, knickte ich ein. Die Narbe war wieder aufgerissen. Ich versuchte tief durchzuatmen und mich darauf zu konzentrieren, es nicht noch schlimmer zu machen, doch Luna war wieder angriffsbereit und sprang über mich. Ich drehte meinen Körper über die linke Schulter, doch ich war nicht schnell genug, um den Hieb abzublocken. Lunas Lichtschwertklinge striff über die Haut an meinem Rücken und prägte sie schmerzvoll mit einer oberflächlichen Wunde, die ohne Ende brannte. Ich schrie auf und fiel auf die Knie. Luna drehte sich erschrocken um, nachdem sie die Klinge im Sprung zu weit zu meinem Körper gestreckt hatte und ließ ihre Waffe fallen. Besorgt schmiss sie sich auf den Boden neben mich. »Skye! Skye, es tut mir so leid«, rief sie auf mich ein, doch unter meinem Ächzen hörte ich sie immer schlechter, bis ihre Stimme nicht mehr hörbar war und ich mich an einem anderen Ort befand. Der Schmerz in meinem Rücken ließ nach, ich öffnete meine Augen Stück für Stück. Der Boden war warm. Ich hob meinen Kopf und schaute auf. Die Berge waren dunkel, der Himmel war rot. Die Temperatur stieg, ich fing an zu schwitzen. Ich versuchte aufzustehen, doch die Schmerzen fingen wieder an. Ich sackte zurück in den braunen Sand mit den warmen Steinen, die Augen zusammengekniffen und ein Schluchzen unterdrückend. »Ruhig«, sagte jemand. Ich riss die Augen auf und erhob mich unter krampfenden Schmerzen. Ich nahm mein Lichtschwert in die Hand und atmete hektisch, während ich es aktivierte. Ich schaute panisch um mich und hielt mir die linke Seite meines Körpers, um die Blutung der wieder aufgerissenen Narbe aufzuhalten. Wenn ich jetzt zu viel Blut verlor, war ich dem Untergang geweiht, denn ich war nicht allein. Ich schaute weiter um mich, als ich eine zwielichtige Gestalt ausmachte, die auf mich zu kam. Der Rauch vernebelte meine Sicht. Ich hielt mein Lichtschwert der Gestalt entgegen, um mehr sehen zu können. Meinen Puls konnte ich in meinem ganzen Körper spüren. Ich stand unter massivem Druck. Die Gestalt blieb genau vor der Klinge stehen und ich sah ihn. Augenblicklich deaktivierte ich mein Lichtschwert und ließ mich auf die Knie wieder. Tränen bildeten sich in meinen Augen und ich war zu Tode erschöpft. Ich fühlte mich als hätte mich alle meine Kraft verloren und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, wollte ich gegen ihn auch nicht ankämpfen. Er ließ sich ebenfalls auf die Knie nieder. Es war kein Platz zwischen uns. Langsam, aber wissentlich hob er seine Arme und legte sie um mich. Er zog mich in die innigste Umarmung, die ich seit meinem Leben auf der Erde nicht mehr erhalten hatte. Ich schloss die Augen und ließ ihn mich zu sich ziehen. Ich hörte seinen Herzschlag laut und deutlich und ich verspürte das Gefühl, aufgeben zu wollen. Seit ich hier war, passierte nur Schreckliches. Mir blieb nichts mehr und das einzige, was mich antrieb, war ihn endlich wiederzusehen. »Ich will nicht mehr«, murmelte ich in Anakins Brust. »Ich weiß«, antwortete er trocken. Wie viel schlimmer konnte es werden? In einer Welt zu leben, wo Anakin mein Gegner ist, war für mich nicht lebenswert. »Alles, was ich fühle, ist Schmerz«, redete ich weiter, meine Stimme gebrochen und doch ausdrucksstark. »Ich spüre denselben Schmerz.« Ich löste mich aus der Umarmung und schaute auf, ihm ins Gesicht. Seine gelben Augen waren geschwollen und Tränen erfüllten sie. Er schenkte mir keinen Blick, er starrte nur über meinen Kopf hinweg in die Ferne. Ich atmete laut aus und schubste ihn um, stieg über ihn und er schaute mich ausdruckslos an. Meine langen Haare fielen neben seinem Gesicht auf den sandigen Boden. »Ich kann dich nicht töten«, stammelte ich. Keine Antwort. »Ich kann mich nicht töten«, fuhr ich fort, »Mir bleibt nichts anderes übrig als dich zu finden.« Anakins Hände glitten über meine Oberschenkel zu meiner Taille. Immer noch sagte er nichts. Eine Gänsehaut befiel meinen gesamten Körper. War mir wirklich all das gleichgültig geworden? Alles außer ihm? Wie konnte ich das nur zulassen? Sein Griff verfestigte sich und er rappelte sich auf, setzte sich in den Schneidersitz und zog meine Beine über seine. Er hielt mich wieder fest, legte seinen Kopf auf meiner Schulter ab und seine schulterlangen Haare kitzelten angenehm auf meiner Haut. Ich hörte ihn atmen. Laut und deutlich. »Vergiss mich.« Ich schlug die Augen hektisch auf. Wieder das Zimmer auf der Medistation. Allmählich verhasste ich diesen Ort. Für meinen Geschmack war ich zu oft hier. Ich blickte im Raum umher. Luna schlief auf einem Stuhl gegenüber vom Bett. Ansonsten war niemand im Raum. Ich lehnte mich nach vorne und glitt mir mit der Hand durch die Haare. Dieser Traum. Diese Träume plagten mich immer wieder. Ich musste endlich etwas unternehmen. Ich stöpselte mich von der Maschine ab und setzte mich auf die Bettkante. Vielleicht gehörte ich wirklich nicht hierher wie der Rat es sagte. Auf die Erde gehörte ich allerdings auch nicht länger. Ich war wohl aufgeschmissen und die einzige Person, die mir helfen könnte, war spurlos verschwunden und hatte die Seiten gewechselt.

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[2001]

wieso fällt es einem
so viel leichter sich
auszudrücken, wenn man
emotional ist?

würdet ihr euer leben hier
aufgeben, um in der
weit, weit entfernte
galaxis zu existieren?

ich auf jeden fall.
ich träumer.

feedback ist motivierend.

may the force
be with you!

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 11, 2020 ⏰

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