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Es ist mittlerweile Samstag Nachmittag und ich habe natürlich immer noch nichts von Wincent gehört. Mein Spruch war wohl nicht aussagekräftig genug. Zögernd nehme ich mein Handy in die Hand und öffne unseren WhatsApp-Chat. Die letzte Nachricht blinkt auf und ich werde sofort wieder traurig.

> Hi. <

Noch bevor ich es mir anders überlegen kann, schicke ich die Nachricht schnell ab. Es dauert nur etwa zwei Minuten ehe sich die zwei Häkchen blau färben. Sogleich erscheint oben 'schreibt...'. Immer wieder steht da, dass er schreibt, dann stockt es wieder, dann schreibt er wieder. Was zur Hölle schreibt er denn da?

> Hey. <

Oh, wow. Dafür hat er jetzt drei Minuten gebraucht?

> Wie geht's dir? <

Ich glaube Wincent und ich habe uns noch nie zuvor Nachrichten ohne Emojis geschickt, doch im Moment wären sie nicht angebracht.

> Gut, danke. Und dir? <

> Auch soweit. Was machst du? <

Wincent ist offenbar im Chat geblieben, denn die Häkchen werden sofort blau.

> Nichts, habe gerade ein paar Tage frei. Und du? <

> Ich mache auch nichts. <

Wincent liest meine Nachricht, antwortet aber nicht mehr darauf. Ich schicke also schnell eine Nachricht hinterher.

> Wo bist du? <

Er hat die Nachricht wieder sofort gelesen, lässt sich aber lange Zeit mit dem Antworten.

> München. <

Ich blicke aus meinem Fenster und denke mir, dass er hier ganz in der Nähe sein muss. Also nehme ich meinen ganzen Mut zusammen, bevor er mich wieder verlässt.

> Können wir uns sehen? <

Wieder dauert es ein paar Minuten bis er mir antwortet. Er scheint sich genau Gedanken darüber zu machen was er mir antworten möchte.

> Warum? <

> Wir sollten miteinander reden. <

> Worüber? <

Am liebsten würde ich sofort den Chat schließen und ihm nicht mehr antworten. Ich weiß, dass wir gerade nicht beste Freunde sind, aber muss er deshalb so unfreundlich sein?

> Über alles. Also? Bitte. <

Eigentlich möchte ich auf keinen Fall um ein Treffen betteln, aber er lässt mir ja keine andere Wahl.

> Wann? <

Ich atme tief durch. Am besten sofort, damit ich es hinter mir habe.

> Heute? <

> In einer Stunde bei dir? <

Ich weiß nicht, ob ich es gut finde, wenn dieses Gespräch bei mir zu Hause stattfindet. Aber das ist natürlich immer noch besser als an irgendeinem öffentlichen Ort. Wenn man uns zusammen sehen würde, würden sofort wieder Gerüchte hoch kochen. Und da ich auch nicht weiß, wie das Gespräch verlaufen wird, ist es vielleicht besser, wenn wir unter uns sind.

> Okay. <

Wincent liest die Antwort, reagiert aber nicht mehr darauf. Schnell hüpfe ich aus dem Bett und stelle mich unter die Dusche.

Als es pünktlich eine Stunde später klingelt, bin ich so nervös wie schon lange nicht mehr. Mit zitternden Händen drücke ich auf den Türöffner und öffne meine Wohnungstür. Ich höre, wie Wincent die Haupteingangstür schließt und die Treppe hinauf kommt. Mit jedem Schritt, den er näher kommt, geht mein Herz ein bisschen schneller.

Auf halbem Weg - WincentWeiss (Teil 2)Where stories live. Discover now