Canyon Moon

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Mit einem letzten Blick in den Spiegel, einem charmanten Grinsen auf den Lippen und zufrieden mit meiner Kleiderwahl, die aus einer hellblauen, engen Jeans, einem braunen Gürtel, einem weißen Strickpullover, der mir nur bis kurz über die Hüfte ging und einem braunen Mantel bestand, verließ ich das Haus. Lucas würde eh nicht mehr hier auftauchen. Heute jedenfalls nicht mehr. Also hinterließ ich das Haus einfach in Unordnung und stieg in mein Auto.

Der Fakt, dass ich gar nicht genau wusste, welchen Ort der Fußballer meinte, machte mich noch skeptischer. Ich war schon spät dran, was mir eigentlich so ziemlich egal war, als ich erst am Trainingsgelände des Pariser Top-Clubs ankam. Ich parkte dort also meinen Wagen, ohne zu wissen, ob ich das überhaupt durfte. Letztendlich war mir das auch ziemlich egal, denn sollte das Auto abgeschleppt werden, würde ich Kevin dafür verantwortlich machen. Ich wusste trotzdem nicht genau wo ich hin musste, also sah ich mich um.

Es war schon dunkel geworden, was mich im Anblick, dass es bald Winter wurde und somit die Schlittschuhsaison erst richtig startete, gar nicht störte. Beim längeren Betrachten einer Stelle im Wald, auf einem etwas kleineren Berg, erkannte ich ein Licht. Vielleicht hatte ich mir es auch nur im Kopf eingebildet, trotzdem atmete ich einmal tief durch und nahm dann meinen Mut zusammen, um nicht doch wieder wegzurennen.

Ich lief ungefähr fünf Minuten, als ich einen kleinen See fand, den Kevin vielleicht gemeint haben könnte. Erneut blickte ich mich um, fand das Licht und einen Hügel, der doch steiler als zuvor aussah. Ich seufzte also über diese Erkenntnis, dass ich diesen jetzt zu erklimmen hatte und umso fröhlicher wurde ich, als ich eine Treppe fand. Als ich oben auf dem Hügel ankam, erkannte ich eine Mauer, welche von einer Ruine übrig geblieben war. Auf dieser Mauer saß Kevin, ließ die Beine baumeln und betrachtete den wahnsinnigen Ausblick, der sich uns bot. Von hier aus konnte man ganz Paris überblicken. Die Lichter der Stadt spiegelten sich in dem See und ließen diesen wie ein Feuer erleuchten.

"Wow." Brachte ich nur schweratmend raus, betrachtete weiter die Stadt und versuchte, meinen Blick von dem gewaltigen Eifelturm abzuwenden, welcher hell erleuchtet war.

"Hätte nicht gedacht, dass du wirklich kommst." Der Fußballstar drehte sich um, lächelte schief und ich nickte nur auf seine Aussage.

"Ich auch nicht." Machte ich schulternzuckend, überlegte kurz, ob ich mich vielleicht doch wieder von hier verziehen sollte und abhauen sollte, so wie ich es immer tat. Ich entschied mich dagegen, als mir der Torwart die Hand hin hielt und mir so anbot, mich neben ihn zu setzen. Keine Ahnung, ob es in diesem Moment um mich geschehen war, aber ich begann wirklich, diese Stadt zu lieben. Ich begann sie mit allem, was ich hatte, zu lieben. "Die Kopfhörer, die du-" begann ich, doch ich kam nicht weit, weil mich die Reaktion Kevins aus dem Konzept brachte. Er machte nämlich buchstäblich gar nichts.

Er fing nicht an, in seiner Tasche zu kramen, er wurde nicht nervös. Er machte genau gar nichts, was mich daran zweifeln ließ, ob er mir überhaupt zugehört hatte.

"Sind in deiner linken Innentasche." Grummelte er nur und mit großen Augen und sehr skeptisch starrte ich ihn an. Dann begann ich, meine Hand in die besagte Tasche zu stecken und fand sogar meine AirPods. Mit offenem Mund starrte ich ihn an und wollte so irgendwie aus ihm herauskriegen, ob er zaubern konnte. "Ein Zauberer verrät seinen Trick nicht." Schief grinste er, weshalb ich ihm leicht in die Seite boxte.

"Du bist ein Idiot, Kevin Trapp. Ein Idiot." Knurrte ich und nachdem ich realisiert hatte, was ich gerade ausgesprochen hatte, hoffte ich nur, dass der Fußballer mir nicht komplett zugehört hatte. Diese Hoffnung legte sich dann sich relativ schnell wieder, als Kevin wieder anfing zu grinsen.

"Da hat wohl jemand meinen Namen gegoogelt." Lächelte er und ich wusste, dass es nun um mich geschehen war und ich einfach nur meine vorlaute Klappe halten sollte. Ich nickte also kleinlaut und seufzte dann ruhig.

"Mein Bruder." Erklärte ich, was ihm scheinbar reichte. Er nickte nämlich nur und beschloss, zu meiner Bewunderung, das Thema an der Stelle zu beenden und mich damit in Frieden zu lassen, was ich ihm hoch anrechnete. Doch wir alle wussten, dass die Schwachen diesen Krieg verlieren würden.

Denn mittlerweile wusste ich, dass das hier alles mehr war, als nur ein gerechtfertigter Krieg zwischen zwei Fronten. Das war richtig Krieg.

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