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"Und nächstes Jahr, bei der Europameisterschaft, da kommst du dann zur Fanmeile und ich erkläre dir Alles." Ich seufzte. Wenn Phillip sagte alles, dann meinte er auch wirklich alles. Alles, alles. Ich nickte kurz in die Kamera und lächelte dann. Ich vermisste diesen Mistkerl schon. "Zweitausendundsechzehn wird unser Jahr! Ich werde nicht nur achtzehn, sondern meine Lieblingsschwester kommt auch einmal mit Fußball gucken. Dass ich sowas noch einmal erlebe!" Mein kleiner Bruder japste nur so vor Euphorie und ich wischte mir nur mit der Hand durch das Gesicht.

Wie war ich nur wieder darein geraten?

"Mein kleiner Bruder wird erwachsen." Ich dramatisierte alles mit einigen Gestiken und tat dann so, als würde ich weinen. Diesem Fanmeile-Gedöns wollte ich eigentlich irgendwie aus dem Weg gehen, ich hatte aber noch gute acht Monate Zeit, um mir etwas wie eine Ausrede auszudenken.

"Shut up, Emma!" Lachte mein Bruder, wank einmal und lächelte dann. "Wir hören uns nächste Woche. Gleiche Zeit, gleicher Tag?"

Ich nickte "Gleiche Zeit, gleicher Tag." Dann beendete ich den Anruf auf Skype, klappte meinen Laptop zu und ließ mich nach hinten auf mein Bett fallen. Ich grinste kurz, freute mich darüber, ein so gutes Verhältnis zu meinem Bruder zu haben und legte dann meine Arme unter den Kopf.

Ich sah schließlich auf die Uhr und musste erschreckender Weise feststellen, dass es spät war. Sehr spät. Viel zu spät, um jetzt noch frühstücken zu können, also sprang ich vom Sofa, rannte die Treppen meiner Wohnung hinunter, schwang mich in mein Auto und hechelte nicht schlecht, als ich den Motor des Wagens anwarf.

Na wundervoll, dachte ich, als ich das kleine Cafè betrat, in welchem ich für die nächsten Monate arbeiten würde. Ich wollte schließlich etwas zu tun haben und nicht stundenlang auf der Couch sitzen und da mir die Idee meines Bruders ziemlich gut gefiel, da ich so nicht nur unter Leute kommen würde, sondern auch meine französisch Kenntnisse auffrischen konnte, stimmte ich dem zu und besorgte mir schnell eine Stelle im Cafè de luxe.

"Bonjour!" Eine blonde, junge Frau in meinem Alter kam mit einem strahlenden Lächeln auf mich zu. Sie trug einen hohen Zopf, die Schürtze stand ihr (zu meiner Bewunderung) sehr gut und ihre blauen, klaren Augen leuchteten in der herbstlichen Sonne. Ich lächelte sofort, streckte ihr meine Hand entgegen, doch als hätte sie diese übersehen, zog sie mich in eine Umarmung.

"Du musst Emma sein! Schön, dich kennen zu lernen, endlich bin ich nicht mehr so allein hier!" Grinste sie und nuschelte mir mit einem niedlichen französischen Akzent auf Deutsch ihre Begrüßung entgegen. Etwas überfordert lächelte ich und nickte dann schief grinsend. "Du sprichst doch Deutsch, oder habe ich da etwas verwechselt? Oh Gott, das wäre richtig peinlich, wenn-"

"Alles gut, ich bin Deutsche!" Lachte ich, bevor die junge Frau vor mir einen Herzinfarkt erleiden musste. Die Erleichterung stand ihr ins Gesicht geschrieben und sie nickte freudig grinsend und fummelte dann etwas nervös in ihren Haaren herum.

"Sprichst wohl nicht so viel, oder?" Murmelte sie und ich nickte. Ich war eigentlich immer schüchtern. Schlagfertig, aber schüchtern. Also seufzte ich kurz gelangweilt und sah dann wieder die Dame vor mir an. "Entschuldigung, ich bin unhöflich. Ich bin Lèa!" Freudig nickte sie mir zu und ich lächelte.

"Freut mich sehr, dich kennen zu lernen."

Nachdem Lèa mir alles erklärt hatte, mich in alle möglichen Getränke des Cafès eingewiesen und mir die Kuchenkarte erklärt hatte und mir genau gezeigt hatte, welcher Kuchen zu welchem französischen Schriftzug passte, öffneten wir den Laden um punkt zehn Uhr. "Auf den Punkt, schlag ein!" Lachte Lèa und ich stieg in ihr Lachen mit ein, klatschte ihre Hand ab und versteckte mich dann hinter dem Tresen.

"Woher kannst du eigentlich so gut deutsch sprechen? Ich habe das Gefühl, hier gibt es mehr Deutschsprechende, als Französischquakende." Lachte ich, erinnerte mich kichernd an das Treffen mit dem Unbekannten Möchtegern-Fußballprofi und sah Lèa dann schief an.

"Quakende?" Fragte sie nur und wieder musste ich lachen, erklärte ihr den Begriff und sah sie dann auffordernd an, um eine Antwort von ihr zu erhalten. "Ich habe damals ein Auslandsjahr gemacht, daher muss es wohl kommen." Lächelte sie und ich nickte, weil ich mich mit der Antwort zufrieden geben wollte.

"Dein erster Kunde!" Lächelte die Blonde dann, zeigte auf einen großgebauten, braunhaarigen Mann, der mir nach längerem Betrachten doch bekannt vor kam. Ich schnappte also Zettel und Stift und seufzte leicht.

Es hätte jeder sein können. Jeder.

"Sie verfolgen mich."

deux paires de chaussures   Where stories live. Discover now