45. Ultimatum

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Am nächsten Morgen schaltete sie zuallererst den Computer ein. Nachdem er am Vorabend abgestürzt war, hatte sie ihre Recherche vorerst auf Eis gelegt und sich endlich etwas Schlaf gegönnt. Zu ihrer Überraschung fuhr er nun ohne Probleme hoch.

Als Erstes suchte sie nach der Internetseite, die sie angeklickt hatte, bevor der Laptop den Geist aufgegeben hatte, doch war sie nirgendwo mehr aufzufinden. Auf der letzten Seite der Suchergebnisse wurde sie immer noch nicht fündig, also öffnete sie den Browserverlauf. Eigentlich hätte die Seite dort ganz oben auf der Liste stehen müssen. Auch dort war sie nicht mehr zu sehen.

Als sollte dies ein Omen für den Tag sein, ergab auch ihre Suche nach Verteidigung gegen Übernatürliches keine brauchbaren Treffer. Die Artikel, die ihr angezeigt wurden, empfohlen Praktiken, mit denen sie nur erreichen würde, sich lächerlich zu machen. Wenn sie also nicht mit Spiegelsplittern behangen gegen Azrael in den Kampf ziehen wollte, während sie gleichzeitig auf ein Holzscheit klopfte und Salz über ihre linke Schulter warf, dann musste sie sich etwas Besseres überlegen.

»Was machst du da?« Hinter ihr war das Rascheln einer Decke zu hören. Amir war wach.

»Unser Vorgehen planen«, sagte sie, in der Hoffnung, dass es sich anhörte, als hätte sie einen Plan.

»Das da lautet?« Er stand auf und sah ihr über die Schulter.

Mit einem Seufzen klappte sie den Laptop zu. Es brachte nichts, so zu tun, als hätte sie irgendein geniales Ass im Ärmel. »Dieser Laden in Cambridge könnte uns weiterhelfen.« Etwas anderes blieb ihnen nicht übrig.

Er nahm den Zettel mit der Adresse vom Tisch. »Jewel & Mason? Klingt nach dieser Art von spirituellem Laden, wo einem Glitzersteine angedreht werden.«

»Besser als gar nichts.«

Durch das Fenster des leeren Klassenraums schien die grelle Mittagssonne herein und blendete sie.

»Ihr beide seid doch total irre.« Alice schüttelte den Kopf. »Dieser Kerl läuft Amok und ihr wollt allein die Stadt verlassen? Was ist, wenn er nochmal Feuer legt, während ihr weg seid? Die Gelegenheit hätte er.«

»Ich weiß«, sagte Kalila und nahm ihr die Safttüte aus der Hand, mit der Alice vor ihrer Nase herumgefuchtelt hatte. »Aber momentan haben wir keine andere Möglichkeit, an hilfreiche Infos zu kommen.«

»Außerdem dauert es nicht lange bis nach Cambridge«, fügte Amir hinzu. »Wir sind nicht länger als einen Nachmittag weg.«

Ein Seufzen kam von Alice. »Kannst du das nicht alles sein lassen?«

»Was meinst du?«, fragte sie.

»Du hast gesehen, was er mit der Kirche angestellt hat. Dieser Gewalt willst du dich in den Weg stellen... wofür? Für ein paar undankbare Vollidioten wie Samuel? Soll Azrael doch seinen Körper klauen; den vermisst eh niemand.«

Nach seinem Verhalten von vor zwei Tagen war Kalila ebenfalls nicht sonderlich gut auf Samuel zu sprechen und auf Khemu aus Prinzip schon nicht. Aber darum ging es nicht. Niemand hatte es verdient, seinen Körper an einen Dämon abtreten zu müssen.

»Außer uns weiß niemand, was Azrael vorhat. Entweder wir versuchen, ihn aufzuhalten, oder er zieht seinen Plan durch. Dann hat er vier unschuldige Leute auf dem Gewissen... und wir indirekt auch.« Wie konnte sie einen Mord geschehen lassen, von dem sie wusste, dass er stattfinden würde?

»Ich weiß nicht«, sagte Alice und wandte den Blick ab, »ob ich meine Freunde in einer solchen Gefahr sehen will. Weder dich, noch James oder Caroline.«

Die Worte versetzten Kalila unwillkürlich einen Stich. Sie hatte gedacht, dass ihre beste Freundin hinter ihr stand. Hatte sie falsch gelegen? Sie brauchte Alice. Ohne ihre Unterstützung konnte Kalila es nicht mit jemandem aufnehmen, der ihr selbst bei Tageslicht eine Heidenangst einjagte.

Kalila Edward - DämonenpaktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt