33. Höllenfeuer

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Ihr erster Instinkt war, zu schreien. Der zweite brachte den ersten jedoch zum Schweigen und riet ihm, die Klappe zu halten. Stattdessen stolperte sie ein paar Schritte zurück. Um ein Haar fiel sie über die Türschwelle, hielt sich aber gerade noch am Türrahmen fest.

Der Glanz schwarzer Augen hob sich von der Finsternis dahinter ab. Kalila wagte es nicht, die spitzen Klauen oder die schuppigen Arme anzusehen; sonst würde sie garantiert schreien. Stattdessen fokussierte sie sich auf Azraels grinsendes Gesicht.

»Was willst du hier?«, fragte sie und trat unmerklich ein weiteres Stück zurück.

In seinem Lächeln erkannte sie flüchtig das Aufblitzen eines Zähnefletschens. »Dir einen Besuch abstatten.« Wie schon bei ihrem ersten Treffen vibrierte seine dunkle Stimme in der Luft.

»Das sehe ich.« Ihr Verstand raste auf Hochtouren. Wenn Azrael bei ihr Zuhause war, dann bedeutete es, dass ihre Eltern in Gefahr waren. Sie hoffte inständig, dass beide friedlich im Bett lagen und schliefen.

Ihre oberste Priorität war, ihn so weit von ihren Eltern fernzuhalten wie möglich. Sie wagte nicht, sich auszumalen, was er vorhaben könnte, aber sie würde ganz sicher nicht riskieren, dass es ihre Familie traf.

Als er sich ihr einen Schritt näherte, zuckte sie unwillkürlich zusammen. Ohne zu überlegen, griff sie hinter sich und umfasste mit schweißnassen Händen die Türklinke. Sie konnte so oder so nichts daran ändern, dass er nun hier war, allerdings sollten ihre Eltern außen vor bleiben. Mit einem Ruck zog sie die Tür hinter sich zu. Ein leises Klicken war zu hören, als sie ins Schloss fiel. Azrael hob fragend eine Augenbraue.

»Sag mir, warum du hier bist«, forderte sie. Ihre Stimme zitterte.

Er antwortete mit einem Schulterzucken und ließ die Hände in den Hosentaschen verschwinden – dort, wo Kalila sie zum Glück nicht sehen musste. »Wir haben etwas zu klären.«

»Das haben wir wirklich«, sagte sie. »Wenn du dich für das entschuldigen willst, was du Caroline angetan hast, wäre jetzt der richtige Zeitpunkt dafür.« Ihr war bewusst, dass er wohl kaum nachts vor ihrer Tür auftauchte, um sich zu entschuldigen. Doch brauchte sie etwas, das ihr ein paar Sekunden gestohlene Zeit einbrachte. Langsam wanderte ihre Hand zu ihrer Hosentasche.

»Samuel und seine Freunde haben mir erzählt, dass du ziemlich viele Fragen stellst«, sagte Azrael. Nun trat er von der Treppenstufe zurück. »Ich dachte mir, warum sie nicht beantworten?«

»Was erhoffst du dir davon?« Ihre Finger umschlossen vorsichtig die Münze und zogen sie so unauffällig wie möglich hervor.

»Dass Amir sich uns endlich anschließt, bevor mir diese Angelegenheit noch mehr Nerven raubt, als ohnehin schon«, antwortete er.

Im nächsten Augenblick warf sie die Münze in die Luft. Das Glänzen von Gold blitzte in der Dunkelheit, während sie sich um ihre eigene Achse drehte.

Ein kehliges Knurren ertönte. Ehe Kalila die Hand ausstrecken konnte, um die Münze aufzufangen, war er bereits über ihr, packte sie an den Armen. Azraels Klauen bohrten sich in das Fleisch ihrer Handgelenke, zogen und zerrten sie vorwärts. Ein kaltes Ziehen breitete sich in ihren Armen aus.

Sie wusste nicht wie, aber irgendwie schaffte sie es, die fallende Münze zu fassen.

Azrael zog sie mit einem heftigen Ruck nach vorn. Sie verlor das Gleichgewicht und stolperte. Während sie vornüber fiel, hielt sie die Münze in ihrer Hand festgekrallt, als ginge es um ihr Leben.

Erneut packte er sie an den Handgelenken. Wieder versuchte er ihr die Münze zu entreißen und sie aus dem Gleichgewicht zu bringen. Verzweifelt warf sie sich mit ihrem gesamten Gewicht nach hinten, um der Kraft seiner Krallen zu entgehen.

Kalila Edward - DämonenpaktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt