11. Kapitel

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»Ryuzaki ...«
Light zeriss es bei diesem traurigen Ausdruck in Ls Augen fast das Herz und er musste sich darum bemühen, in stetigem Rythmus ein- und auszuatmen, ohne noch einmal in Tränen auszubrechen. Der Detektiv wirkte plötzlich einfach so ... verletzlich, so schutzlos und so vollkommen anders als sonst. Schwächer, kam es Light in den Sinn, aber er mochte es nicht, L so zu sehen. Nur weil er selbst so ein Drama aus allem machte, unbedingt eine Entscheidung zu einer Sache wollte, die sie nicht mal beschreiben konnten und weil er einfach immer alles im Griff haben wollte. Aber so lief das Leben eben nicht, so viel hatte er inzwischen gelernt.
»Wir müssen das nicht jetzt besprechen«, meinte der Brünette deshalb sanft und sah dabei zu, wie Ls Gesichtszüge langsam aber sich wieder an Fassung gewannen.
»Ich hab wahrscheinlich nur überreagiert und ...«
Weiter kam er nicht, da der Detektiv sich in diesem Moment auf ihn stürzte und seine Lippen heiß und begierig an die seinen presste. Die Anspannung von eben war verschwunden und etwas anderem gewichen, so dass Light sich in die weichen Polster der Couch zurücksinken ließ, L auf seinen Schenkeln sitzend. Der Student sog den Duft des Älteren in sich auf, seine Wärme, sein Verlangen ... Und wusste, dass er auf keinen Fall mehr würde damit aufhören können. Egal welche Umstände sich ihm noch in den Weg stellten.

Am nächsten Morgen gingen Light Yagami vor allem zwei Dinge durch den Kopf; erstens, dass L diesmal kaum »Beschwerden« von ihrer nächtlichen Aktion hatte und wie verdammt schön der letzte Abend trotz ihrer Sorgen geworden war, zweitens dass Misa Amane laut seiner Vater heute noch bei den Herrschaften der Sondereinheit vorbeischauen wurde, bevor sie in zwei Tagen endgültig in das eigens für ihre Ermittlungen gebaute Hochhaus zogen. Das Problem daran war natürlich nur, dass er Misa kalt gesagt ja nie geliebt hatte und gerade zumindest ein wenig Gewissensbisse bezüglich ihr hatte; die ganze Zeit hatte er sie eigentlich nur benutzt, weil sie halbwegs gut aussah und alles tat was er von ihr wollte, ohne an seiner Liebe zu zweifeln - zumindest war es das, was vor seiner Verhaftung passiert war, an das er sich noch erinnern konnte. Und jetzt … brauchte er sie dank L eigentlich überhaupt nicht mehr. Aber sich deswegen und vor allem jetzt von ihr zu trennen? Außerdem war da ja auch noch Matsuda, der in diesem Fall bestimmt und trotz dessen, das er Matsuda war, eins und eins zusammen zählen würde.  Und wenn es um seine geliebte Misa-Misa ging, würde er sicherlich nicht länger dichthalten, wenn sie wegen der Trennung von Light durchdrehte.
»Du wirkst besorgt«, bemerkte Soichiro Yagami, der seinen Sohn schon eine Weile mit sorgenvollem Ausdruck beobachtete, während er auf seinem Laptop neue Beiträge über die Yotsuba-Firma durchklickte.
»Ryuzaki foltert dich doch nicht, oder?«
»Ich denke, es ist eher umgekehrt«, gab der Detektiv schnippisch zurück und spielte dabei auf seine Gesäßschmerzen an, ehe er einen Schluck von seinem Tee nahm. Light wurde ein klein wenig rot - hoffentlich bemerkte das keiner - und musste Widerwillen ein Lachen unterdrücken. Gott, sein Vater hatte wirklich keine Ahnung.
»Es geht mir gut«, begann er schließlich vorsichtig, ohne richtig zu wissen, ob er seinem Vater vielleicht wenigstens zum Teil seine Sorgen beichten sollte, besonders hier vor den anderen Ermittlern und L.
»Ich bin bloß etwas nachdenklich wegen Misa. Unsere Beziehung … ist gerade etwas kompliziert.«
Ein Scheppern war zu hören und sowohl Vater als auch Sohn drehten sich zu Matsuda, der eben verräterisch seine Teetasse umgestoßen hatte; er lauschte also wirklich und schien überraschend mühelos eine Verbindung zu neulich Abend herstellen zu können. Das bedeutete dann wohl Rückzug, wurde Light etwas enttäuscht klar, denn er hätte Soichiro - und natürlich auch L - wirklich gern gebeichtet, dass er mit Misa Schluss machen wollte. Wenigstens um schonmal etwas in seinem Leben geklärt zu haben.
»Also, was wolltest du sagen?«, griff Lights Vater in diesem Moment das Gespräch wieder auf und warf L dabei einen warnenden Blick zu, um jenem klarzumachen, das jegliche Anschuldigung von wegen sein Sohn war Kira gerade wirklich unpassend wären. (Er konnte ja nicht wissen, dass dem Detektiv das gerade total egal war, solange er andere Sachen mit Light machen konnte.) Der Brünette rang also kurz hilflos nach Luft, ehe er das kitschigste sagte, was in den letzten Tagen seinen Mund verlassen hatte:
»Ich mache mir einfach Sorgen, dass sie … mich nach dem ganzen Chaos in letzter Zeit nicht mehr will. Besonders weil wir uns kaum gesehen haben und ich immer etwas anderes zutun habe, wenn sie da ist.«
Er warf kurz einen Blick zu Matsuda, der sein Gesicht abgewandt zu dem Computer auf seinem Tisch hatte, weshalb Light seine Reaktion darauf nicht sehen konnte. Hoffentlich aber hatte der Polizist ihm das hier abgekauft - sein Vater hatte es jedenfalls und redete deshalb schon wie in Rage auf seinen armen Sohn ein:
»Ich verstehe schon, was du meinst, Junge, aber ich bin sicher, sie liebt dich nach wie vor. Das sieht man ihr einfach an - aber dass du dir Sorgen machst, ist klar, wo Ryuzaki dich die ganze Zeit so für sich beansprucht
Der Detektiv hustete fast in seinen Tee und sah aus als müsste er erneut ein Lachen unterdrücken - was für ein Tag der Gefühlsregungen! - und Lights Gesicht nahm kurzzeitig etwas mehr Farbe an, ehe er ein leises »Da kann man halt nichts machen« nuschelte. Aber Soichiro Yagami war mit seiner Tirade der Peinlichkeiten ja noch nicht fertig und präsentierte den armen Jungen hiermit einen wenigstens für ihn sehr guten Vorschlag:
»Wie wäre es deshalb, wenn du, Light, und Sie, Ryuzaki, sich heute Nachmittag frei nehmen und mit Misa etwas unternehmen? Sie würde sich sicher freuen, auch wenn Ryuzaki euch dabei überwachen würde.«
Diesmal verschluckte L sich wirklich an seinem Tee und Lights Kopf stand fast vor einer überforderten Explosion, während er dem Detektiv hastig auf den Rücken klopfte; ein Date?! Mit Misa, während L dabei wäre?! Das war noch schrecklicher als alles, was ihm in den letzten Stunden durch den Kopf gegangen war und L schien es genauso zu gehen, denn er erwiderte bloß kühl:
»Ich denke, sowohl Misa als auch Light wissen Ihren Vorschlag zu schätzen, aber wir haben hier doch noch viel zutun.«
Der Brünette nickte stumm.
»Aber darum können wir uns doch kümmern«, schaltete sich Aizawa mit einem freundlichen Lächeln ein und nickte Light aufmunternd zu. Mogi nickte ebenfalls.
»Genau, ich bin sicher … Misa-Misa wird sich freuen«, stotterte auch Matsuda und schaute etwas nervös zwischen dem Studenten und dem Detektiv hin und her.
»Es ist ja bloß ein Nachmittag …«
Light knirschte kurz mit den Zähnen und suchte fieberhaft nach einer anderen möglichen Lösung, gab unter dem bittenden Blick seines Vaters aber schließlich nach.
»Na schön. Ryuzaki, hast du sonst noch irgendwelche Einwände?«
»Wie könnte ich, Light-kun.«
Der Detektiv knallte kühl seine leere Teetasse auf den Tisch und sah den Studenten dann kühl an; den anderen fiel es wahrscheinlich nicht auf, aber Light konnte erkennen, dass in diesem Blick so etwas wie Wut lag und musste schlucken. Das hier hatte er wohl vollkommen verbockt und der Tag würde noch schlimmer werden, wenn er mit Misa - seiner völlig aufgeputschten Freundin - und L - seinem total angepissten irgendwie Liebhaber - auch noch ausgehen sollte. In diesem Moment hätte er wirklich gerne gestanden, Kira zu sein, um  stattdessen  eingebuchtet zu werden.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 10, 2020 ⏰

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