2. Kapitel

813 60 21
                                    

Mit einem schmerzhaften Druck am Oberkörper schlug Light am Morgen, bzw. war es eher Mittag, die Augen auf. Er lag auf der eisernen Kette der Handschellen, die sich eiskalt in sein Fleisch bohrte.
»So ein Mist!«. fluchte er lauter als beabsichtigt und stieg aus dem Bett, nur hatte er nicht bedacht, dass er L mit sich zog. Dieser rollte auf Lights Seite des Bettes und schließlich fiel er auf den Boden. Das laute Geräusch ließ Light erschrocken auf den Boden sehen, wo L nun ausgestreckt lag und leise Wimmerlaute von sich gab. Er war also aufgewacht, oder hatte er denn überhaupt geschlafen? Seine Augenringe sahen jedenfalls aus wie immer.
»Ryuzaki, geht es dir gut?«
Besorgt ging Light vor dem Detektiv in die Knie und musterte diesen.
»Ja, gut dürfte hinkommen.«
Er stand schwerfällig auf, gähnte und wollte zum Schrank gehen, aber Light zog ihn an den Handschellen wieder zu sich.
»Was hast du denn, Light-kun?«
L zog sein Shirt etwas weiter runter, er fror wohl etwas.
»Du hast dir dein Knie aufgeschlagen«, stellte Light fest und kniete sich hin, um den Schaden zu begutachten. Dabei berührte er leicht Ls Bein, dieser zuckte zurück.
»Entschuldigung. Hab ich dir weh getan?«
Etwas erschreckt richtete sich Light wieder auf.
»Nein«, sagte L knapp und wollte sich wieder dem Schrank zuwenden, aber Light hielt in an sanft an den Schultern fest. Sanft bedeutete in diesem Fall, dass er Ls Schultern nur berührte, ganz sacht, aber dieser blieb trotzdem stehen und wehrte sich nicht dagegen.
»Dein Knie muss verarztet werden. Also zumindest sollten wir, also du, ein Pflaster drauf kleben.«
»Wenn du meinst, Light-kun.«
L zuckte mit den Schultern und zog Light hinter sich her ins Bad. Dieser war etwas verlegen, da L auf seinen Ratschlag zu hören schien, aber er wusste selbst nicht recht wieso. Im Bad suchte L aus dem Schrank ein Pflaster heraus und drückte es Light in die Hand. Dieser sah es verwundet an.
»Und was soll ich jetzt damit?«
»Deine Idee, also kümmer dich jetzt auch drum.«
»Du hast keine Ahnung, wie man ein Pflaster aufklebt, oder?«
L zuckte mit den Schultern. Irgendwie fand Light das süß. L war manchmal einfach wie ein Kind, so süß und hilflos. Diese Gedanken brachten ihn wieder zu seiner mentalen Diskussion von gestern. Nein, er fand L immer noch nicht süß! Nur manches an ihm verdiente diese Bezeichnung. Rein objektiv betrachtet natürlich.
Er ging in die Hocke und riss den Pflasterklebeschutz ab und klebte es vorsichtig auf Ls Knie. Seine Haut fühlte sich so zart an, so verletzlich, stellte Light fest. Er wollte gar nicht mehr von L ablassen, doch musste er es tun und nahm etwas beklommen seine Hände von Ls Knie.
»Das war's schon«, sagte er und richtete sich wieder auf. Warum hatte er L berühren wollen? Auf diese Frage kannte er keine Antwort. Ohne dass er es merkte, versank er in Gedanken, sodass L erst nah an seinem Gesicht in die Hände klatschen musste, um ihn zurück in die Wirklichkeit zu holen.
»Was ist los, Light-kun? Bist du hungrig?«
L zog eine Augenbraue hoch und musterte Light. Dieser hatte gleich ein aufkeimend warmes Gefühl, seit dem Moment, wo Ls Augen seinen Körper streiften. Er war außerstande sich zu bewegen, geschweige denn etwas zu erwidern. Seine Muskeln wollten sich nicht einen Millimeter bewegen, seine Kehle war trocken. War er etwa nervös?
Nein, das konnte nicht sein. Warum auch? Aber wieso war er dann so außerstande, etwas zu tun?
»Light-kun?«, fragte L wieder.
Langsam kam Lights Körper wieder in Bewegung. Er räusperte sich kurz, dann antwortete er:
»Ja, alles in Ordnung. Wir sollten uns wohl mal langsam umziehen.«
Hektisch zog er L zurück zum Kleiderschrank.

Was war mit ihm los gewesen? L hatte ihn doch nur angesehen.
Gedankenverloren schnappte Light sich eine Makrone, von denen ein ganzer Stapel auf dem Tisch stand. Ls Vorstellung von ›Frühstück‹ war eine beliebige Zusammenstellung von süßen Backwaren, die während seiner Arbeit verzehrt wurden. Nicht wirklich gesund, aber sich zu beschweren, das würde Light auch nicht weiter helfen. Er saß zusammen mit L wieder auf der Hotelzimmercouch und balancierte einen von Ls Laptops auf den Oberschenkeln. Da es Sonntag war, zogen alle Ermittler es vor, bei ihren Familien zu sein, sogar Lights Vater ließ sich nicht blicken. Er war also, wenn man von Watari absah, ganz allein mit L.
»Light-kun?«, klang Ls Stimme fragend und ein prickeln durchfuhr dessen Körper.
»J-ja, L?«, stotterte er sich kurz darauf zusammen, ohne den Detektiv dabei anzusehen, irgendwie konnte er sich nicht rühren.
»Du sollst mich Ryuzaki nennen, Light-kun.«
L klang vorwurfsvoll, wärend er die Worte geradezu in die Länge zog.
»Misa Amane und du sind doch ein Liebespaar oder? Was habt ihr denn bisher so gemacht?«
Trotz dieser Art von Frage klang Ls Stimme zuckersüß und unschuldig.
Nun schnellte Lights Kopf doch hoch und er starrte L leicht geschockt an. Ein unergründliches schnelles Herzklopfen setzte ein, wärend er verzweifelt nach Worten rang.
Warum war ihm nur so komisch, wenn L ihn ansprach? Oder war er ganz einfach nur krank?
»Das ist eine sehr intime Frage, Ryuzaki«, antwortete er schlicht, als er sich wieder einigermaßen gefangen hatte.
»Habt ihr also noch garnichts getan?«
Der Detektiv klang leicht enttäuscht.
»Wie schade, ich dachte, du hast wenigstens ein bisschen Erfahrung...«
L setzte ein hinterlistiges und zugleich so unschuldiges Lächeln auf, dass Light fasst das Herz stehenblieb.
»Erfahrung?! Wofür denn bitte?!«
Er versuchte spöttisch zu klingen, doch seine Stimme hörte sich selbst in seinen Ohren zu schrill an.
Wollte L ihn mit diesen ganzen Fragen verwirren?
Verdammt, was wollte dieser Kerl?
»Darf ich dich daran erinnern, dass wir auch zusamnen duschen müssen? Und das bestimmt nicht mit Badehose... «
Das hatte Light verdrängt. Sie mussten ja auch duschen. Zusammen. Nackt.
Allein bei der unschuldigen Vorstellung wurde er ganz rot im Gesicht.
»Tjah, du kannst jeder Zeit gestehen, dass du Kira bist. Schon löse ich die Handschellen.«
Wieder dieses Grinsen, es trieb Light schon fast in den Wahnsinn.
Doch eins war ihm klar, das Spiel hatte begonnen.
L tat alles nur um ihn zu verwirren, oder nicht?
Dabei war L doch heute Morgen noch so süß gewesen und jetzt... Ein verdammt süßer, schlauer Teufel!
Wie sollte er aus dem Schlamassel nur wieder rauskommen?

Liebe in KettenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt