7. Kapitel

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»Was meinst du damit, du bist ein Egoist?«, stammelte Light nach einer Weile des Schweigens, während die Luft zwischen ihnen verführerisch zu knistern schien; endlich wurde ihm klar, dass er nicht genug von L bekommen hatte. Es war, als hätte er eine ganze Tafel Schokolade vor der Nase, hatte sich aber geschworen, nur ein Stück zu essen - doch nun wollte er die ganze Tafel, so süchtig war er nach dem süßen Aroma und dem flattriegen Gefühl beim Verzehr. Es hätte ihn nicht gewundert, wenn L genauso gefühlt hätte, doch der Detektiv sah einfach nur kalt und schön aus. Wunderschön. Und es war gut, es sich endlich mal einzugestehen; Light fand ihn anziehend, attraktiv - auch wenn er sich im Moment noch nicht bewusst machen wollte, was das für ihn hieß. Für seine Sexualität. Für seine Beziehung mit Misa und das Verhältnis zu seiner Familie. Würden sie es verstehen? Sie mussten einfach.
»Wenn ich mich recht entsinne, hast du eine Freundin und die wäre sicherlich nicht begeistert, wenn sie von den Sachen wüsste, die ich mit dir getan habe.«
Vielsagend zog L eine Augenbraue hoch.
»Aber was soll ich machen, du interessiert mich einfach, wie noch kein anderer zuvor.«
Kurz trat ein fast verträumt wirkender Ausdruck auf sein Gesicht, bevor er leicht den Kopf schüttelte. Light wurde gleichzeitig heiß und kalt und seine Gedanken überschlugen sich dermaßen, dass er kaum sprechen konnte.
»Es war ... ist meine eigene Entscheidung, ob ich mich auf dich einlasse oder nicht! Wenn es dir so wiederstrebt, sage ich Misa einfach die Wahrheit. Sie wird es schon verstehen.«
»Nein«, fiel ihm L ins Wort.
»Du hast ja keine Ahnung, was das für uns bedeuten würde. Ich könnte nicht mehr gegen dich ermitteln und wenn Gefühle im Spiel sind, müsste ich den Fall aufgeben. So habe ich es geschworen.«
L sprach in Rätseln, doch irgendwie verstand Light ihn schon. Klar, ihre momentane Situation war beschissen. So richtig beschissen. Für L war er immer noch der Verdächtige in einem Mordfall und würde die Sonderkomission von ihrer ›Beziehung‹ - wenn man das denn überhaupt so nennen durfte - erfahren, gäbe es eine Katastrophe. Geschlagen seufzte er. So richtig wusste er auch nicht, was jetzt zutun war und er begann zu zweifeln, ob das hier wirklich die Realität war; der normale Light, den er kannte, war perfekt, wusste immer eine Antwort auf alles, konnte jegliche Emotionen schauspielern und stand definitiv nicht auf Männer. Was für ein krasser Vergleich zu seinem jetzigen Ich, musste er feststellen. Was war hier denn noch normal? Schlichtergreifend gar nichts mehr!
»Aber ...«, versuchte er es noch einmal, zügelte sich aber sogleich; es würde nichts bringen, egal, was er sagte. komische Stille erfüllte kurz darauf den Raum und Light war so nervös, wie noch nie.
»Also ... Was machen wir jetzt?«
»Ich schätze, wir sollten so weiter machen, als wäre all das hier nie passiert.«
Es fühlte sich an wie ein Stich ins Herz; der Student wollte nicht aufhören und wusste gleichzeitig, dass er es unter diesen Umständen sowieso nicht konnte. Ja, es war zum Haare raufen.
»Eigentlich«, setzte der Detektiv dann hinterher.
»Aber wie gesagt, Light-kun, dazu interessiert du mich einfach zu sehr. Deshalb schlage ich dir einen Deal vor.«
»Ich nehme an!«, rief Light, ohne sich überhaupt um die Details zu kümmern. Er würde im Moment einfach alles tun, um das hier nicht aufzugeben - ob das wohl ein Vor- oder Nachteil war. Der Detektiv seufzte.
»Das dachte ich mir. Ob das nun gut oder schlecht ist, weiß allerdings nichtmal ich. Also: Wir halten das hier vor allen - und ich meine wirklich vor jedem - geheim. Wir sind diskret, du bist diskret. Und vorallem machst du, was immer ich von dir verlange. Alles, ohne Ausnahme.«
Der Detektiv stoppte und sah ihn eindringlich an.
»Bist du damit wirklich einverstanden?«
In Light drehte sich wieder alles und er konnte einfach nicht glauben, was hier gerade los war; zum Teufel, was war das für ein Deal?! Und an was dachte L »alles ohne Ausnahme«? Bezog er sich damit auf ... Oder schloss das wirklich alles ein, so dass er den Student auch zwingen könnte, zu gestehen, er sei Kira? Das würde dem Detektiv mitten in die Hände spielen! Tat er das hier also doch nur, um an Light ranzukommen und ihn festnehmen zu können?!
Als könnte er Gedanken lesen, sagte jener:
»Ich werde dich zu nichts zwingen, was du nicht willst - du kannst jeder Zeit austeigen, vergiss das nicht. Es ist deine Entscheidung.«
In Light kribbelte es, ein dezent roter Schimmer legte sich auf seine Wangen und er presste die Hände zu Fäusten.
»Du kannst mit mir machen, was du willst«, presste er beschämt hervor; so etwas hatte er, der immer einfach alles bekommen hatte, was er sich wünschte, noch nie gesagt. Noch schlimmer war es, sich auf etwas einzulassen, dessen genaue Bedingungen er nicht richtif kannte. Aber wenn das seine einzige Chance war, mit L ... Er musste sie nutzen, zumindest für den Moment, egal ob es ein totales Chaos und verdammt verrückt war.
Der Detektiv legte ihm also seine kalte Hand auf den Oberschenkel und kam bedrohlich näher. In seinen Augen lag ein verführerischer Schimmer.
»Hast du Angst?«, hauchte er und wirkte plötzlich ganz anders als sonst; nicht süß, eher dominant, fast männlich - Light hatte ihn eindeutig unterschätzt. Und er spürte, dass das »Spiel«, was sie spielten, gerade erst angefangen hatte.
»Muss ich mich den Fürchten?«, entgegnete er mit einem selbstsicheren Lächeln, das bisher jedes Mädchen hatte dahin schmelzen lassen.
»Vielleicht. Das kann ich erst hinterher sagen, Light-kun.«
Der Detektiv packte ihn am Nacken und zog ihn in einen langen, wilden Kuss, während er sich auf ihn setzte; er war leicht, so dass Light problemlos unter seine Schenkel fassen und aufstehen konnte, um ihn auf die Polster der gegenüber liegenden Couch zu drücken. Der Student lockerte seine Krawatte und machte - während sie sich immer noch mussten und liebkosten - die obersten Knöpfe seines Hemds auf; er konnte nicht abstreiten, dass ihn das hier scharf machte und er nie gedacht hätte, wie gut sich das alles anfühlen konnte. Er kribbelte immer noch und fühlte sich berauscht, als ihm klar wurde, wie der weitere Verlauf ihres Abends aussah - hatten diese ganzen Boyslove-Manga sich also doch gelohnt!
»Bist du nervös?«, fragte in der Detektiv, der halb auf der Couch lag und die Beine in einer gespreizt abgewinkelten Haltung hatte.
»Ein bisschen.«
»Brauchst du nicht, so schlimm wird es nicht. Glaub mir.«
»Wer hat den was von schlimm gesagt? Außerdem denke ich nicht, dass du dir da so sicher sein kannst«, murmelte Light, während er sich über ihn beugte.
»Stimmt, es ist mein erstes Mal.«
L legte den Kopf leicht schräg.
»Deins aber auch, oder?«
Light grinste und küsste ihn kurz.
»Ja. Und ich bin sicher, es wird schöner und besser als alles, was ich mir je erträumt habe.«

Liebe in KettenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt