Was ist eigentlich Schicksal?

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Kapitel 20

Doch was jetzt kam, damit hatte ich nicht wirklich gerechnet. „Ich... also, als ich damals mit eurem Vater auf Great Inagua war und wir die Ruinen erkundet hatten, mussten wir über einen Wasserfall entkommen. Und... es war einfach... Ich wusste, dass jetzt die Zeit für meine Abreise war und das ließ mich alles um mich vergessen. Edward und ich, wir BEIDE vergaßen alles um uns, wenn ihr wisst, was ich meine?"

Sie war so rot angelaufen, wie vorhin schon einmal und starrte mich jetzt an. Aber ich brachte nur ein „Ihr meint... ihr habt..." zustande. Mein Verstand konnte gerade nicht damit umgehen!

Und es wurde nicht besser. „Haytham, es ist einfach passiert. Aber das war nicht das einzige Mal. Bei meinem ersten Besuch in London, da... also, es war nicht geplant. Es war einfach merkwürdig, als ich Edward wieder sah. Und es ist dann einfach passiert und ich gebe zu, ich habe es vermutlich auch ein wenig provoziert. Danach reiste ich dann aber auch unverzüglich ab." Ich spürte nur, wie sie meinen Mund schloss, ich hatte nicht bemerkt, dass ich sie so anstarrte. „Haytham, könntet ihr vielleicht etwas sagen. Ich fühle mich gerade nicht sehr wohl, wenn ihr mich so anstarrt, als würde eine Schlange auf ihre Beute warten."

Ich schüttelte meinen Kopf, um ihn wieder frei zu bekommen, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte und tat es ich auch kund. Nur Mrs. Frederickson wusste es auch nicht und meinte nur, sie hätte das Gefühl, vor Gericht zu sitzen oder einem Verhör. Ganz unrecht hatte sie ja nicht, ich richtete gerade über sie, über meinen Vater. Und dann erzählte sie mir von einer dritten Nacht mit meinem Vater. „Aber... es... als ich dann noch einmal zurück reiste und Edward und ich beide wussten, dass wir uns nie wieder sehen würden, war es wieder wie beim Wasserfall. Und auch dieses mal reiste ich am nächsten Tag ab."

Das war zu viel und ich stand auf, ich musste mich bewegen. Das war... ich kann es nicht in Worte fassen! Doch langsam kehrte mein Verstand zurück und versuchte eine Erklärung zu finden. Keine Entschuldigung, denn die gab es nicht. Doch es war, als hielte Alex einfach der moralische Aspekt und der Anstand von mir fern. Was durchaus lobenswert ist, aber ich bin sein Sohn. Es war absurd, denn ich spürte, dass ich diese Frau trotzdem begehrte. Ich wollte sie trotzdem haben! Sie stand plötzlich vor mir, sah zu mir auf und in ihrem Blick lagen Entschuldigungen und Bedauern, aber jetzt war dort nichts mehr von dieser Angst zu sehen. „Haytham, jetzt sagt doch etwas. Ich fühle mich eh schon schuldig genug. Und ihr lasst mich hier weiter schmoren. Und ja, ich weiß, dass es nicht richtig war..." Die Verzweiflung in ihrer Stimme ließ mich einen Entschluss fassen. Ob ich ihn irgendwann einmal bereuen würde? Das kann ich jetzt schlecht sagen.

Wie für mich selber, erklärte ich ihr, wie ich darüber dachte. Denn es war VOR meiner Zeit und ja, es war mein Vater, mit dem sie das Bett geteilt hat. Ich hatte Verständnis dafür, dass sie aus diesem Grunde mir fern bleiben wollte. Doch ich war jemand ganz anderes. Ich war eine eigenständige Persönlichkeit, auch wenn ich das gleiche Blut wie mein Vater hatte. Und dann erinnerte ich Alex an ihre eigene Aussage, dass wir erwachsen wären und uns auch so verhalten sollten.

Ich ging zum Schreibtisch und goss jedem von uns ein Glas Brandy ein, ich brauchte gerade irgendetwas alkoholisches. Als ich ihr das Glas reichte, sah sie mich kurz an und dann auf das Glas, machte aber keinerlei Anstalten etwas zu trinken. Ich konnte nicht anders, sie sah gerade einfach bezaubernd aus, wie sie so da stand und mich plötzlich ansah. Ich nahm ihr das Glas ab und leerte es. Jetzt ging es mir etwas besser.

„Haytham, ich...könnt ihr mir verzeihen?" Jetzt stand sie direkt vor mir und ich umschlang ihre Taille wieder und hielt sie fest. Ihre Arme legten sich ebenfalls um mich. Es war wieder dieses Gefühl von Ruhe, welches diese Umarmung in mir und auch in dieser Frau hervorrief. Ich meinte nur leise, dass wir klein anfangen sollten. Obwohl mir eigentlich nicht nach kleinen Schritten zumute war, musste ich mir insgeheim dann doch eingestehen.

Dann sah sie zu mir auf. „Haytham, darf ich euch etwas fragen?" Ein wenig Angst machte mir die Frage schon, aber bitte. Immer raus damit! „Warum seid ihr heute wie ausgewechselt? Was ist passiert? Ihr habt mir heute den ganzen Tag ein wenig Angst gemacht, so kannte ich euch nicht. Ihr wart so ... ruhig, gerade so als würdet ihr in euch selber ruhen!"

Also hatte sie es doch bemerkt, ich hatte nicht beabsichtigt ihr Angst zu machen. Aber ich erklärte ihr, dass es eigentlich so ähnlich wäre und SIE daran Schuld sei! Und jetzt war mir egal was passierte, ich hob sie auf meine Hüfte und ihre Beine schlangen sich automatisch um meine Taille, um Halt bemüht! So trug ich diese Frau zum Bett und als sie so unter mir lag, konnte ich ihre Verwirrung sehen.

Alex versuchte sich zu konzentrieren, aber hatte durchaus ihre Schwierigkeiten damit. Sie wollte eine Erklärung von mir hören, was diesen Wandel hervorgerufen hat. Also erklärte ich auch das. Denn ihr Satz, dass es ihr leid täte, war etwas, dass ich so noch nie von einem Menschen gehört hatte. Es waren immer nur Heucheleien, Entschuldigungen und Ausreden.

Ich versuchte ihr zu erklären, dass es für mich auf die Ehrlichkeit dieser Worte ankommt und sie waren in ihrem Falle echt, ich hatte es gefühlt. Auch erzählte ich ihr, dass ich sie habe weinen hören und das mich das alles, zum Nachdenken gebracht hatte. Ich sah in ihre Augen und verlor mich wieder ein kleines Stückchen weiter darin.

Bei den Worten „Haytham, ich... ich habe es ernst gemeint!" füllten sich diese Augen mit Tränen, aber gleichzeitig spürte ich ihre Hände in meinen Haaren und sie zog mich zu sich hinunter und ich konnte sie endlich berühren!

Diese Lippen, die ich schon den ganzen Tag angestarrt hatte. Sie fühlten sich einfach so weich an und ich wollte mehr. Nichts deutete mehr auf diesen Abstand hin, nichts was mich von dieser Frau noch fernhalten konnte. Wir versanken förmlich ineinander. Es war egal, ich wollte sie, egal was es kostet. Ihr Nachthemd wurde Opfer meiner Kraft und landete neben dem Bett. Genau wie meine Beinkleider achtlos daneben lagen.

Wir sahen uns die ganze Zeit an und behielten diesen Augenkontakt, ich wollte sie sehen und spüren und schmecken. Es war unglaublich, als sie mich völlig in sich aufnahm. Es war überwältigend und ich konnte ein lautes Stöhnen einfach nicht unterdrücken und sie fand schnell einen Einklang mit mir und als sie ihre Augen schloss, befahl ich ihr, mich anzusehen. Doch es schien in ihr etwas anderes noch ausgelöst zu haben, sie schlang wieder ihre Beine um mich. Nein, ich dirigierte uns beide und ließ mich nicht mehr davon abhalten.

Wir wollten uns beide haben und sie bekam mich und ich spürte wie sie dem Höhepunkt immer näher kam und unser Rhythmus schneller wurde. Ich hörte plötzlich nur noch wie sie meinen Namen im wahrsten Sinne des Wortes rief, aber es war mir egal, denn auch so konnte ich mich völlig vergessen und ihr Name kam lauter als gedacht über meine Lippen! Ich hatte meinen Kopf an ihrer Schulter vergraben und musste wieder zu Atem kommen. Auch Alex lag schwer atmend unter mir, aber ein seliger Ausdruck lag auf ihrem Gesicht.

Erst jetzt bemerkte ich, dass ich die ganze Zeit ihre Arme über ihrem Kopf festgehalten hatte. Nicht ganz, ich hatte mich daran festgehalten. Als ich sie losließ, schlang sie sie sofort um mich und ich gab ihr einen vorsichtigen Kuss auf die Stirn. Ich hatte plötzlich Angst, etwas kaputt zu machen.

Als ich neben ihr lag, zog ich sie an mich heran und deckte uns beide zu. Sie lag ruhig atmend in meinen Armen und es fühlte sich richtig an und ich wollte, dass es für immer so bliebe. Irgendwann war Alex eingeschlafen und murmelte in ihrem Schlaf etwas von „Ich liebe dich!"

Aber das würde ich ihr nicht erzählen. Es war einfach etwas, was nur mir galt und ich wollte es am liebsten wegschließen und nie wieder hergeben!

Die Tagebücher des Haytham E. Kenway - Die verlorenen Seiten - Part 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt