Kapitel 2: Alles okay?

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"Mensch Larissa, war das wirklich nötig?", fahre ich meine Freundin an, als wir kurz alleine sind. Ich liege inzwischen auf einer Liege mit einer Nadel im Arm. "Ja, das war es allerdings", erwidert diese. "Hast du nicht gehört? Du hast vielleicht eine Gehirnerschütterung!"
"Ja, ich bin ja nicht taub", sage ich genervt.
"Och Rebecca, jetzt schau mich nicht so sauer an, ich mache mir doch nur Sorgen um dich", seufzt Larissa. Da tut sie mir auf einmal leid. "Ja okay, ich find das ja süß von dir. Ich hatte mich halt so auf's Wochenende gefreut und jetzt fängt es schon so blöd an. Tut mir leid, dass ich gerade so zickig war", entschuldige ich mich bei meiner Freundin.
"Schon gut", lächelt diese und streckt die Arme zu einer Umarmung aus. Ich lächle zurück, doch als ich mich aufrichte, um sie zu umarmen, wird mir plötzlich schlecht. In diesem Moment kommt Schwester Linda herein. "Ich wollte mal nach euch schauen, ob noch alles in Ordnung ist", sagt sie während sie zu mir kommt. "Oh, du siehst ein bisschen blass aus, ist alles okay?"
"Ich glaube, ihr ist schlecht", meldet sich Larissa zu Wort.
Schwester Linda kann gerade noch eine Nierenschale holen, als ich auch schon meinen Mageninhalt hochwürge.
"Geht's wieder?", fragt sie besorgt und gibt mir ein Papiertuch. Ich nicke nur langsam und will am liebsten im Erdboden versinken. Das Ganze ist mir so unangenehm. "Tut mir leid..", murmle ich. "Alles gut, ist nicht schlimm. Wir sehen hier in der Notaufnahme manchmal ganz andere Sachen, glaub mir", lächelt Schwester Linda.
Da geht die Tür auf und Dr. Rohde kommt herein. "Also Rebecca, ich glaube.. oh was ist hier passiert?", unterbricht sie sich, als sie aufschaut. "Ihr ist auf einmal schlecht geworden und jetzt hat sie sich gerade übergeben", erklärt Schwester Linda ihr.
"Hm okay, ja das seh ich. Was mich jetzt aber wundert ist Folgendes. Ich hatte ja eine Gehirnerschütterung bei dir vermutet und das Erbrechen jetzt würde natürlich gut dazu passen. Allerdings hatte ich das eigentlich vorhin ausgeschlossen, deswegen wollte ich dich eigentlich gerade gehen lassen..", meint die Ärztin. "Hast du denn irgendwelche Vorerkrankungen, Allergien, Unverträglichkeiten, irgendwas?" Ich schüttle nur den Kopf, da mir schon wieder schlecht wird.
Nachdem ich mich nochmal übergeben habe und wieder einigermaßen normal atmen kann, sagt sie: "Also in deinem jetzigen Zustand möchte ich dich auf keinen Fall nach Hause lassen, sondern ich würde dich gern stationär hier aufnehmen."
"Nein, bitte nicht!", flehe ich sie an. "Kann ich nicht auf eigene Verantwortung einfach nach Hause gehen?"
"Nein, das geht leider nicht. Ich nehme an, dass du noch minderjährig bist, deswegen müssten wir außerdem noch deine Eltern verständigen", erklärt sie mir ruhig.
Auch das noch. Als ob das nicht alles schon blöd genug wäre, sollen jetzt auch noch meine Eltern herkommen. Beziehungsweise mein übervorsichtiger Vater, denn seit meine Mutter vor fünf Jahren gestorben ist, macht er sich immer viel zu viele unbegründete Sorgen um mich.
"Muss das denn wirklich sein?", frage ich. "Mein Vater rastet komplett aus, wenn er erfährt, dass ich hier bin."
"Warum meinst du denn, dass er ausrastet?", fragt die Ärztin mich verwundert.
"Naja, also es ist so, meine Mutter ist vor 5 Jahren gestorben und seitdem behandelt mein Papa mich, als sei ich aus Zucker, weil er Angst hat, auch mich zu verlieren", erkläre ich. Ich rede sehr ungern über meine Mutter, da ich das, was passiert ist, lieber verdränge, als die Trauer zuzulassen. Ich unterdrücke meine Tränen, doch alle scheinen trotzdem zu merken, dass es mir nicht nur körperlich nicht gut geht.
"Ach Rebecca, das tut mir Leid", sagt Dr. Rohde, während Schwester Linda mir tröstend die Hand auf die Schulter legt. "Aber es wäre wirklich ganz wichtig, dass wir mal deinen Vater verständigen."
"Ich kann das für dich machen, wenn du willst", bietet Larissa mir an. "Ja okay, danke", bedanke ich mich bei ihr. Es passt mir zwar gar nicht, aber es hilft ja nichts. "Okay, dann gehe ich mal raus und rufe ihn an, ich hab ja die Nummer", sagt Larissa und geht nach draußen.

Klinik am Südring - RebeccaWhere stories live. Discover now