Alexander

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Magnus,

Sie überraschen mich immer auf's Neue. Ich werde Sie gerne so nennen und verabschiede mich von dem Gedanken, Sie sind ein Mann, Mitte fünfzig, verheiratet und haben drei Kinder. Ich denke, den Gedanken kann ich getrost ziehen lassen, denn die Beschreibung ihres Lebens hört sich anders an.

Mittlerweile sehne ich ihre Briefe herbei, nicht nur wegen meiner Fragen, die Sie beantworten, sondern auch weil ich sehr gerne mehr über Sie erfahre und Ihr Interesse an meiner Person ehrt mich außerordentlich.

Als Erstes werde ich nun auf Ihre Fragen eingehen. Meine Schwester Isabelle, genannt Izzy, ist vierundzwanzig, studiert Jura und ist neben ihrer Position als meine Schwester, meine engste Vertraute. Leider sehen wir uns nicht sehr häufig, denn sie ist eine fleißige Person und absolviert neben dem Studium ein Praktikum in einer renommierten Anwaltskanzlei in New York. Ich bin mir sicher, sie wird eines Tages sehr erfolgreich, sie ist der ehrgeizigste Mensch, den ich kenne und ihr kann man nichts vormachen. Die Richter werden ihre helle Freude an ihr haben.

Neben ihr habe ich noch zwei Brüder. Zu einem Max, er ist der Nachzügler der Familie, ist erst zwölf Jahre alt und unser Sonnenschein. Stets ist er fröhlich und optimistisch, unabhängig davon, was passiert.

Jace ist mein anderer Bruder und genau so alt, wie ich. Er ist nicht mein Zwilling, nein, viel mehr haben meine Eltern ihn adoptiert, als seine Eltern bei einem Flugzeugunglück um ihr Leben kamen. Unsere Mütter waren beste Freundinnen und meine Mum hätte nie zugelassen, dass Jace zu fremden Menschen kommt, also wurde er unser Bruder.
Er ist anders als ich, er ist selbstbewusst, chaotisch und ist die Person, die den meisten Spaß in mein Leben bringt. Er ist mein bester Freund, mein Bruder, mein Fels in der Brandung. Jace leitet eine Schule für Selbstverteidigung und ist einer der Besten, die ich kenne. In einigen Monaten macht er mich zum Onkel und ich freue mich sehr darauf. Seine Frau Clary ist die optimale Ergänzung für unseren Chaoten Jace und ich bin sicher, sie werden wunderbare Eltern.

Magnus, ich habe den Laden für einen Tag geschlossen und habe mich nur Ihren Büchern gewidmet. Bisher habe ich mich immer für einen aufmerksamen Leser gehalten, aber anscheindend habe ich mich geirrt. Vielleicht lehne ich mich gerade sehr weit auf dem Fenster, aber ich habe mich selbst innerlich geohrfeigt, wie mir diese Tatsache entgehen konnte.

Es ist so offensichtlich und doch gut versteckt, dass man in der Tat sehr genau hinsehen muss, um dieses Detail zu entdecken. Während des Lesens fiel es mir wie Schuppen von den Augen, denn die Liebe zwischen Helen und der Köchin Aline ist so klar und gleichzeitig gut getarnt. Wie konnte ich das übersehen?

Natürlich hat Helen keinen Mann und keine Kinder, denn sie liebt eine Frau. Zu dieser Zeit absolut verpönt und verboten und das Ganze musste im Verborgenen stattfinden. Sie gehen nicht ins Detail, aber ich hoffe sehr, die beiden sind glücklich miteinander und haben eine gemeinsame Zukunft. Sie haben es beide verdient.

Wie steht es um Ihr Liebesleben Magnus oder ist es unverschämt, danach zu fragen? Wenn ja, ignorieren Sie meine Frage bitte und nehmen Sie meine stumme Entschuldigung an. Sie machen mich einfach neugierig und ich hoffe, dass ist für Sie in Ordnung.

Um meinerseits diese Frage zu beantworten und ich bin mir sicher, Sie fragen danach und um Ihnen mein Vertrauen zu beweisen, gestehe ich, der gleichgeschlechtlichen Liebe nicht abgeneigt zu sein. Lange habe ich mich dagegen gewehrt, dieses offen zuzugeben, aber mittlerweile stehe ich zu dem, was ich bin.

Es erforderte viel Mut, laut auszusprechen, dass ich an Frauen keinerlei Interesse habe und zu meinem Erstaunen, hat es niemanden in meiner Umgebung überrascht. Offenbar habe ich ungewollt alle Signale dafür ausgesendet und niemanden hat es jemals gestört.
Es macht mich zu keinem anderen Menschen, als der, der ich nunmal bin. Ich hoffe sehr, Sie sehen das genau so und verurteilen mich nicht für meine Orientierung.

Dieses Mal werde ich diesen Brief mit laut schlagendem Herzen abschicken und genau so nervös auf eine Antwort hoffen. Ich habe zu oft Ablehnung erfahren müssen, was meine Homosexualität angeht, aber ich halte Sie für einen toleranten Menschen, der mich nicht verurteilt.

Etwas macht mir große Sorgen seit ihrem letzten Brief. Die Tatsache, dass Sie schreiben, einige ihrer Leser bedrohen Sie. In welcher Form geschieht dieses und muss ich Angst um Ihre Sicherheit haben Magnus? Bitte antworten Sie mir schnell, sodass ich wieder ruhig schlafen kann.

Ihr Alexander Lightwood

Written Letters  -Malec-Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt