Magnus

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Lieber Alexander,

mir ist bewusst, dass Sie mich darum gebeten haben, Sie Alec zu nennen, aber seit ihrem ersten Brief, heißen Sie in meinem Kopf Alexander und ich bevorzuge es, dabei zu bleiben. Meinerseits bitte ich Sie darum, mich Magnus zu nennen. Mr. Bane klingt, als wäre ich ein alter Mann.

Es wird Sie überraschen, wenn ich Ihnen sage, dass ich genau das eben nicht bin. Sicher bin ich nicht mehr so agil, wie mit Zwanzig, aber auch noch nicht so alt, dass ich es nicht alleine über die Straße schaffe. Um Klarheit in die Altersfrage zu bekommen und das Thema damit abzuschließen, ich werde in vier Monaten einunddreißig, wobei ich es bevorzuge meinen Geburtstag nicht zu feiern.

Als Erstes komme ich zu Ihren Fragen und ich muss zugeben, lange darüber nachgedacht zu haben.
Carolines Mutter ist aus bisher unbekannten Gründen davon gelaufen und ich muss Ihnen leider sagen, dass ich diese Frage nicht beantworten kann, aber sie ist es wert darüber nachzudenken. Was veranlasst eine Mutter ihr Kind zu verlassen? Angst, Depressionen, Kalkül, ein anderer Mann, das Streben nach Freiheit und Ungebundenheit?

Es gibt Fragen im Leben, die niemals beantwortet werden können und vielleicht kann Carolines Mutter das nicht einmal selbst. Bleibt nur noch die Tatsache, sie hat ihr Kind verlassen und das wissentlich bei einem Menschen, der ihr nie gewogen war, aus Neid, Gier und Eifersucht.

Kommen wir zu Helen. Ihre Frage hat mich mehr als überrascht, Alexander. Bisher hat sich nie Jemand für genau diese Person interessiert, sie alle haben sie nur als liebevolle und aufrichtige Ziehmutter betrachtet, aber wer hat schon daran gedacht, dass auch Hausangestellte ein Privatleben haben?

Ihre Fragen bezüglich Helen können Sie sich selbst beantworten. Lesen Sie zwischen den Zeilen, blenden Sie Details nicht aus und konzentrieren Sie sich auf Kleinigkeiten. Ich bin mir sehr sicher, Sie finden die Antworten alleine, wenn Sie aufmerksam sind. Bitte tun Sie mir den Gefallen und finden Sie es heraus. Ich glaube an Sie.

Sehr interessant für mich war, zu lesen, dass Sie sich selbst als Romantiker bezeichnen, es begeistert mich. Das geben, wenn wir ehrlich sind, nur die wenigstens Männer zu. In mir selbst wohnt ein romantisches Herz und ich empfinde es als erfrischend, Jemanden gefunden zu haben, dem es ähnlich geht.

Die Beschreibung ihres Lebens klingt einfach himmlisch. Ruhe ist es, was mir manchmal fehlt und ein morgendlicher Blick auf einen ruhenden See wäre fantastisch.
Ich wohne weder in einer Großstadt, noch in einem ruhigen Vorort. Es ist eher eine Kleinstadt, aber man ist hier anonym und als ich mich damals entschlossen habe, Schriftsteller zu werden, hielt ich es für eine gute Idee aus New York wegzugehen. Ja, Sie lesen richtig. Auch ich komme aus dieser großen und lauten Stadt. Allerdings ist es hier auch laut und ich bin oft in Gedanken dabei, meine Koffer zu packen und weiterzuziehen. An einen Ort, der mir die nötige Ruhe gibt, mich wieder selbst zu finden und meine Worte wieder fließen zu lassen.

Ein eigener Buchladen. Ich sehe ihn förmlich vor mir. Klein, persönlich und gemütlich. Die Menschen kommen gerne zu Ihnen, denn hier ist ein Ort, an dem man sich zurück ziehen kann und in andere Welten eintauchen kann, während Sie stumm einen Kaffee oder Tee servieren. Allerdings stelle ich mir Ihre Stimme als sehr beruhigend vor und somit nicht als störend.

Sie sprachen von ihrer Schwester Isabelle. Erzählen Sie mir von ihr. Haben Sie noch mehr Geschwister? Was ist mit Ihren Eltern? Bitte schreiben Sie darüber. Helfen Sie mir dabei, ihre Welt zu verstehen und meiner eigenen einen Moment lang zu entfliehen.

Vielleicht ist es egoistisch, Sie darum zu bitten aber verstehen Sie meine Neugierde und meinen Drang danach, etwas anderes zu lesen, als Leserbriefe, die mich schrecklich langweilen, denn sie beinhalten immer das Gleiche. Es wird bebettelt und gefleht nach dem dritten Band, es wird gedroht und geflirtet und ich bin so müde, das Alles über mich ergehen zu lassen.
Sie, Alexander, sind im Moment mein Lichtblick.

Ihr Magnus Bane.

Written Letters  -Malec-Where stories live. Discover now