2. Dezember oder Nordmann-Tannen

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Ein paar Minuten später stehen wir an einem großen Schild, auf welchem unterschiedliche Tannen mit ihren Preisen abgedruckt sind und in welchem Abschnitt des Waldes man sie finden kann.
"Also dort lang." Freddie zeigt wage nach links.
"Ich dachte du wolltest einen großen, üppigen Baum?"
"Will ich ja auch", beantwortet Freddie Brian's Frage.
"Dann müssen wir aber da lang." Der Gitarrist zeigt in die entgegengesetzte Richtung. Die beiden schauen sich fest in die Augen und es herrscht Totenstille.
"Nein, wir müssen da lang!"
"Da geht es aber zu den Weiß-Tannen!"
"Ich wollte doch auch eine Tanne!" "Du wolltest eine Nordmann-Tanne!" John, Roger und ich schauen den beiden dabei zu, wie sie darüber diskutieren, wer Recht hat.
"Hmm, ich würde sagen, wir müssen da lang", äußert sich Deaky und deutet mit dem Kopf gerade aus. Dort stehen große Tannen und ein weiteres Schild auf welchem in großen Druckbuchstaben 'NORDMANN-TANNE' steht.
"Sieht gut aus", stimme ich John zu und zusammen mit Roger laufen wir zu den Tannen. Diese sehen genauso üppig aus, wie Freddie sie mag. Wir hören die beiden Streithähne immer noch diskutieren und schließlich erbarme ich mich und stoppe dieses ewige Hin und Her.

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Mein Baum ist schnell gefunden. Er ist der Erste, den ich sehe und er ist perfekt. Nicht zu klein, aber auch nicht zu groß und er hat die schönsten Zweige, welche in regelmäßigen Abständen nebeneinander hängen.
Für den der Jungs brauchen wir jedoch Ewigkeiten, was hauptsächlich an Freddie liegt.
Mal ist die Tanne zu groß, dann zu klein, hat zu wenig Äste oder zu viele.  Dann ist die Spitze krumm oder gleich der ganze Baum. Dann verliert er zu viel Harz...
"Der auch nicht. Da beißen sich die Farben der Kugeln mit der des Baumes", erläutert er uns seine Gedanken. Wir seuftzen.
"Wenn du so weiter machst, Fred, stehen wir hier noch an Heiligabend. Jetzt beeil dich mal! Es wird schon dunkel und mir ist kalt." Roger schaut seinen Bandkollegen griesgrämig an. Und er hat Recht. Es ist inzwischen schon merklich dunkler geworden und es fängt wieder an zu schneien. Kleine Eiskristalle fallen sacht vom Himmel und bilden neue Häufchen, auf dem Schnee vom Vortag. Sie sind so filigran und jede ist so einzigartig.
"Das ist er!", brüllt Freddie.
"Na endlich...", kommt es synchron von Brian, John, Roger und mir. Wir schauen uns Freddie's Baum an.
"Der ist genauso wie die anderen davor", stellt Roger fest.
"Ja Fred, was ist an dem jetzt anders als an den Tannen die wir zuvor angeschaut haben?", will John jetzt wissen.
"Darlings, nein! Der hier ist Perfekt! Sein grün passt perfekt zu den Kugeln, seine Äste haben nicht zu viele Nadeln..."
"Schon gut Freddie!" Brian unterbricht Freddie's Schwärmereien für den Baum.

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Ratlos stehen wir mit den zwei großen Tannenbäumen vor dem Auto der Jungs.
"Wie...?", beginnt Brian seine Frage auszusprechen, wird aber sofort von Freddie unterbrochen.
"Ich habe keine Ahnung."
"Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen es einfach probieren." John zuckt etwas hilflos mit den Schultern.
Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wie wir es letzten Endes doch noch geschafft haben, die Bäume auf das Autodach zu hieven und sie darauf festzubinden.
Nun sitzen wir alle gemütlich im Auto, als ich plötzlich in meinem Augenwinkel eine Bewegung wahrnehme. Ich schaue aus dem Fenster und muss schockiert feststellen, dass eine der Tannen vom Dach gefallen ist.
Sofort sage ich den Jungs bescheid und der Wagen hält mit quietschenden Reifen an. Wir springen aus dem Wagen und laufen zu der Tanne.
"Meine arme Tanne!", ruft Freddie kläglich aus.
Der Baum der Jungs liegt schlaff im Schneematsch. Hoffentlich sind keine Zweige abgebrochen, fährt es mir durch den Kopf. Vorsichtig tritt Brian neben den Baum und hebt ihn zaghaft hoch.
"Roger, komm her und hilf mir diesen Baum wieder aufs Auto zu packen!"
Roger verdreht genervt die Augen und geht zu Brian.
Zusammen mit Johns und meiner Hilfe schaffen wir es, den Baum wieder auf dem Autodach festzuschnallen.
Nur Freddie steht neben uns und sieht immer noch traurig aus.

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"Roger, pass doch auf. Ich hab die ganzen Nadeln im Gesicht und das krazt höllisch!" Brian und Roger tragen meinen Baum ins Wohnzimmer, wo sie ihn erschöpft absetzen.
"So, wo willst du den jetzt hin?", erkundigt sich Roger. Ich überlege kurz, bis ich den besten Platz ausgemacht habe.
"Da wo die Stereoanlage steht!" Die Jungs nicken und John hilft mir dabei, die Anlage auf die andere Seite des Fernsehers zu räumen.
"Hast du einen Ständer?"
"Was?" Ich schaue Brian verständnislos an.
"Für den Baum."
"Ach so, sag das doch gleich." Ich mache auf dem Absatz kehrt und hole meinen Baumständer aus dem Schrank, unter der Treppe.
Die Jungs stellen den Baum in den Ständer und ich navigiere sie mit Freddies Hilfe so lange, bis der Baum gerade steht.
"Bombenfest!", lässt Roger sich vernehmen, als er die letzte Schraube des Weihnachtsbaumfußes festgestellt hat.
"Ich danke euch!" Ich strahle die Band an und sie grinsen zurück.
"Ich bin so müde." John entfährt ein Gähnen und auch die anderen sehen ziemlich fertig aus, also beschließen wir, für heute Schluss zu machen und morgen die Bäume zu schmücken.

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Als die Jungs zur Tür hinaus sind, sehe ich mich in meinem Flur um und muss Wohl oder Übel feststellen, dass ich diesen noch aufräumen muss. Also schnappe ich mir die Tüten mit den Kartons und stapel sie feinsäuberlich unter meine Treppe.
Danach falle ich erschöpft in mein Bett und träume von überdimensionalen Nordmann-Tannen und vom Himmel fallenden Weihnachtsbaumständern.

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